ÖSTERREICH-Vorab

Nazi-Kunsträuber ist Österreicher

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1.500 Bilder im Wert von 1 Milliarde Euro im Besitz von  Cornelius Gurlitt - mit Austro-Pass.

Paukenschlag im Bilder-Krimi: Wie ÖSTERREICH erfuhr, ist jener 80-Jährige, in dessen Wohnung im Münchener Nobel-Viertel Schwabing 1.500 Bilder im Wert von ca. 1 Milliarde Euro entdeckt wurden, österreichischer Staatsbürger.  Cornelius Gurlitt besitzt neben dem Austro-Pass zudem auch ein Haus in Österreich, das inzwischen von Fotografen aus aller Welt belagert wird.

Alle weiteren Infos zu diesem spektakulären Kriminalfall lesen Sie in der morgigen ÖSTERREICH-Ausgabe.

Die Ermittler wollen sich nun erstmals zun dem Fall öffentlich äußern. Am Dienstag ist dafür eine Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Augsburg anberaumt. Dabei sollen auch nähere Angaben zu den gefundenen Kunstwerken und zum jetzigen Besitzer, dem Österreicher Cornelius Gurlitt, gemacht werden.

Verwandte in Österreich
Die Stadt Linz wiederum sieht keinen Zusammenhang mit den in der Wohnung von Gurlitt entdeckten etwa 1.500 bisher verschollenen Gemälden von Meistern der klassischen Moderne, die der Nazi-Raubkunst zugeordnet werden. Der Vater von  Cornelius Gurlitt, ein deutscher Kunsthändler, ist nämlich mit dem Gründer der Linzer Neuen Galerie (heute Lentos, Anm.) verwandt. Mit ihm habe aber keine Geschäftsbeziehung bestanden, stellte der Linzer Kulturdirektor Julius Stieber am Montag fest - "nach heutigem Wissensstand", schränkte er ein.

Bei den von den deutschen Zollfahndern beschlagnahmten Bildern handelt es sich unter anderem Werke von Pablo Picasso, Henri Matisse, Marc Chagall, Emil Nolde, Franz Marc, Max Beckmann oder Max Liebermann. Die Nationalsozialisten sollen sie von jüdischen Sammlern geraubt oder als "entartete" Kunst konfisziert haben. Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" habe der Vater des 80-Jährigen, der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, die Gemälde in den 30er- und 40er-Jahren aufgekauft und später erklärt, sie seien im Bombenhagel während des Krieges zerstört worden.

Die Verbindung nach Oberösterreich

Der Cousin des Kunsthändlers ist Wolfgang Gurlitt (1888-1965), der in Linz nach dem Krieg mit seiner teils in der NS-Zeit zusammengetragenen Sammlung die Neue Galerie der Stadt gründete. Laut Stieber hat der Fund in Deutschland für Linz "aller Voraussicht nach keine große Relevanz". Denn es habe nur eine verwandtschaftliche, aber keine Geschäftsbeziehung bestanden. Die Sammlung von Wolfgang Gurlitt sei 1953 angekauft worden. Manche Bilder seien aus späterer Sicht von zweifelhafter Herkunft gewesen, deshalb habe man seit längerem Nachforschungen betrieben und auch einige Bilder an ihre rechtmäßigen Eigentümer restituiert. Die Provenienzforschung im Lentos sei inzwischen abgeschlossen. Aktuell seien noch drei Bilder bei der Kunstrückgabekommission.

Auch in die andere Richtung sieht Stieber keinen Zusammenhang mit München. Denn der Bestand Wolfgang Gurlitt sei komplett vorhanden, es würden keine Bilder fehlen. Er glaubt auch nicht, dass sich die drei Klimt- und Schiele-Bilder, die 1951 von einer Leihgeberin an das Museum übergeben wurden und verschwunden sind, unter den in München sichergestellten Werken befinden. Trotzdem werde Linz eine Eingabe bei den zuständigen Stellen in Deutschland mit dem Ersuchen um Überprüfung machen. Die Erben der Leihgeberin haben für zwei Bilder eine Forderung in Millionenhöhe eingeklagt. Der Oberste Gerichtshof gab ihnen inhaltlich recht, ein Gutachter muss noch den Wert bestimmen. Für ein viertes Bild wurden bereits früher 100.000 Euro zugesprochen.

"Entartete Kunst"
Nach Informationen des "focus" sollen die Nationalsozialisten die Werke im Wert von rund einer Milliarde Euro von jüdischen Sammlern geraubt oder als "entartete" Kunst konfisziert haben. Die Kunstwerke sollen in den 30er- und 40er Jahren vom bayerischen Kunsthändler Hildebrand Gurlitt "aufgekauft" worden sein. Dessen Sohn Cornelius hortete den Schatz bis heute in seinem Appartement  - zwischen Müll.

Gegen Cornelius Gurlitt wird wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt, weil er immer wieder Gemälde verkauft haben soll. Bei einem dieser Geschäfte im Jahr 2010 wurde er kontrolliert - im Zug aus der Schweiz Richtung München. 9.000 Euro hatte er damals bei sich, in 500er Scheinen. Die Fahnder wurden misstrauisch und hefteten sich an seine Fersen. Ein halbes Jahr später ließ die Staatsanwaltschaft Augsburg seine Wohnung durchsuchen und eröffente das Steuer-Verfahren. Erst jetzt gelangte diese schier unglaubliche Geschichte an die Öffentlichkeit.

Berlin wusste Bescheid
Die deutsche Bundesregierung hingegen wusste bereits seit längerer Zeit über den Fund von etwa 1.500 bisher verschollenen Werken aus der Zeit der klassischen Moderne in München Bescheid. "Die Bundesregierung ist seit mehreren Monaten über den Fall unterrichtet", sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Durch die Vermittlung von Experten, die sich mit "Entarteter Kunst" und von den Nationalsozialisten geraubter Kunst auskennen, würden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg auch unterstützt.

Hier wurden der Mega-Kunstschatz entdeckt

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