Prozess in Graz

Steirer soll Ehefrau umgebracht haben

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37-Jähriger ließ Mord laut Anklage wie Selbstmord aussehen.

Ein 37-jähriger Steirer hat sich am Dienstag im Grazer Straflandesgericht wegen des Verdachts des Mordes an seiner Ehefrau verantworten müssen. Der Mann soll sie erstickt und danach einen Selbstmord vorgetäuscht haben. Eine Obduktion ergab keine Strangulationsmale. Vor Gericht blieb der Beschuldigte bei der Selbstmord-Version und bestritt den Mord.

Die Staatsanwältin ist überzeugt, dass es kein Selbstmord war. Die 30-jährige Oststeirerin war am Valentinstag nach einem Kinobesuch mit ihrer Schwester nach 23.00 Uhr nach Hause gekommen. Die beiden Töchter des Ehepaares im Alter von sechs und acht Jahren schliefen die Nacht bei der Großmutter. Kurz nach der Frau soll laut der Anklägerin auch der 37-Jährige von der Arbeit nach Hause gekommen sein. Im Zuge eines Streits soll er seine Frau erstickt haben, denn sie wollte die Scheidung von ihm. Sie hatte wenige Monate davor eine neue Liebe gefunden und wollte mit den Kindern in eine eigene Wohnung ziehen, schilderte die Staatsanwältin. Die Umzugkartons standen schon bereit.

"Die Geschichte mit dem Erhängen kann nicht stimmen"

An dem Abend schrieb die 30-Jährige noch ihrem Geliebten, dass sie daheim angekommen, aber lieber in seinen Armen sei. Danach soll der Beschuldigte nach Hause gekommen sein. Im Zuge eines Streit soll er das Opfer massiv am Kopf verletzt und sie letztlich erstickt haben, heißt es in der Anklage. Um den Mord zu vertuschen, "knüpfte er ein Elektrokabel zu einer Schlinge", band ein Ende an ein Rohr im Heizraum und legte seine tote Frau mit dem abgeschnittenen Ende in der Nähe ab. Dann rief er laut Staatsanwaltschaft die Rettung und ließ es wie einen Selbstmord durch Erhängen aussehen.

"Fast hätte die Täuschung geklappt, denn die Polizei schrieb zuerst einen Selbstmord nieder", sagte die Anklägerin. Doch ihr seien damals als diensthabender Staatsanwältin Zweifel gekommen, denn das Opfer hatte keinen Grund, sich zu erhängen: "Sie war glücklich und wollte einen neuen Lebensabschnitt beginnen." Das gerichtsmedizinische Gutachten unterstrich den Verdacht, denn der Hals wies keine Besonderheiten in Form von Strangulationsmalen auf: "Die Geschichte mit dem Erhängen kann nicht stimmen."

Beschuldigter präsentierte andere Variante

Der Beschuldigte habe dann bei der Polizei eine andere Variante präsentiert, nämlich dass ein Fremder sie ermordet haben und hingehängt haben muss. Denn er habe sie hängend im Heizraum gefunden. Doch auch das passte nicht zusammen, denn dann hätte man eine Strangulation am Hals finden müssen und außerdem gibt es in dem Haus Hunde, die gebellt hätten. Zudem, meinte die Staatsanwältin, hätte ein Fremder kein Motiv. Der Beschuldigte dagegen schon, denn er habe vom Geliebten seiner Frau erfahren und wäre mit den Alimenten und Unterhaltszahlungen in finanzielle Schwierigkeiten gekommen.

Der 37-Jährige stritt die Vorwürfe ab: Er sei damals heimgekommen, habe zwar das Auto seiner Frau, sie selbst aber nicht im Haus gesehen. Er habe gedacht, sie sei von ihrer Schwester abgeholt worden. Darum sei er ins Bett, etwas später aber wieder aufgewacht und in den Heizraum rauchen gegangen. Da habe er sie entdeckt und sofort heruntergeschnitten.

"Sie hat sich um nichts mehr gekümmert"

Der Angeklagte schilderte dem Geschworenengericht unter Vorsitz von Richter Martin Wolf die neun Jahre lange Beziehung, drei Jahre davon waren sie verheiratet, mit mehreren Ehekrisen. Anfang Sommer 2016 habe sich die Situation massiv verschlechtert: "Sie hat sich um nichts mehr gekümmert, war fast nicht zu Hause und hat sich gehen lassen", sagte er. Daher habe er ihr rund um den Jahreswechsel den Ehering hingelegt und wollte auch eine Scheidung. Ein Auszug sei geklärt gewesen. Dennoch hätte das Paar zwei Tage vor dem Tod der Frau noch Sex gehabt und der 37-Jährige habe ihr Pralinen in einer herzförmigen Schachtel neben das Bett gelegt - ebenso wie den beiden Kindern.

Richter Wolf empfand das als weltfremd, wenn man in Scheidung lebt: "Das schaut eher so aus, als ob sie schon noch um die Frau kämpfen wollten." Der Beschuldigte beteuerte, dass er nichts vom Geliebten wusste, ihn es aber gestört hätte. Laut der Mutter des Opfers dürfte der 37-Jährige aber von der Affäre gewusst haben, denn die Tochter hatte ihm von einem Telefonat erzählt, in dem die Frau einen anderen Mann als "Schatzi" bezeichnet hatte.

Weitere Ungereimtheiten

Der Verteidiger des Angeklagten brachte plötzlich auch eine neue Liebe des Angeklagten ins Spiel. Diese habe der Oststeirer ebenfalls wenige Monate davor kennengelernt. Daher falle das Motiv Eifersucht weg, schilderte der Anwalt. Finanzielle Probleme hätte der Mann auch keine nach der Scheidung gehabt, da er sich als Hundezüchter gutes Geld dazuverdienen könne.

Ungereimtheiten entdeckte Richter Wolf auch im Zusammenhang mit dem anfangs verschwundenen Mobiltelefon des Opfers. Der Beschuldigte hatte es am Tag nach dem Tod seiner Frau angeblich in der Ofen-Asche im Heizraum gefunden. Sie soll es selbst hineingeworfen haben. Doch weder den Sanitätern noch der Polizei war ein Gestank aufgefallen: "Das ist aber ein bestialischer Geruch, den man zwei Tage lang noch riecht", erklärte Wolf.

Der 37-Jährige blieb bei seiner Version, wonach sich seine Frau selbst umgebracht hat. Er schilderte seine Rettungsmaßnahmen, wirkte dabei aber die ganze Verhandlung hindurch kühl und als ob es ihm gleichgültig wäre.

DNA-Untersuchungen belastend

Belastend waren auch die Ergebnisse der DNA-Untersuchungen: Die Gutachterin stellte an den Abstrichen von den Fingerspitzen des Opfers nur Spuren vom Angeklagten fest - keine vom Liebhaber, mit dem sie vor dem Kinobesuch mit der Schwester noch Geschlechtsverkehr hatte. Die Mutter der Frau sagte, dass für sie ein Selbstmord der Tochter undenkbar sei: "Sie freute sich auf den Auszug." Außerdem sei sie in den Monaten davor, als sie sich neu verliebt hatte, fröhlicher und lebenslustiger gewesen. "Sie hätte das allein schon wegen der Kinder nie gemacht", zeigte sich die Mutter überzeugt.

Die Verhandlung wird am Nachmittag mit weiteren Zeugen und Gutachtern fortgesetzt. Ein Urteil war für den Abend geplant.

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