Urteil widerrufen

Ärztin begutachtete eigenen Patienten

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Höchstgericht ortete "Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit".

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat eine im vergangenen Februar vom Landesgericht Innsbruck verfügte Einweisung eines Zillertalers in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aufgehoben. Begründung: Die psychiatrische Sachverständige, auf deren Gutachten der Unterbringungsantrag der Staatsanwaltschaft und die Entscheidung des Gerichts beruhten, hatte den Mann zuvor monatelang als Ärztin und Therapeutin stationär behandelt.

Zweifel an Unvoreingenommenheit
Dieser Umstand "lässt bei einem objektiven Beobachter Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit als Sachverständige entstehen", hält der OGH in der Enscheidung 15 Os65/09 fest. Nun muss ein neuer Schöffensenat über die Unterbringung des psychisch Kranken - er leidet an einer schizoaffektiven Störung in Verbindung mit einem organischen Psychosyndrom - entscheiden, wobei der OGH explizit die Beiziehung eines unbefangenen Sachverständigen einfordert.

Die Psychiaterin war über Monate hinweg in die Behandlung des Mannes im Krankenhaus Hall eingebunden gewesen. Dessen ungeachtet ließ sie sich zur Gutachterin bestellen, als ihr Patient vor Gericht gestellt wurde, nachdem er am 1. Juli 2008 mit mehreren Messern auf Polizisten losgehen wollte und sie mit dem Umbringen bedrohte, um sie an einer Amtshandlung zu hindern. Die Uniformierten hatten den Mann aufgesucht, weil gegen ihn eine Anzeige wegen häuslicher Gewalt eingegangen war.

Verstoße gegen Verfahrungsgrundsätze
Die Vernehmung der Psychiaterin als Sachverständige in dem Prozess, in dem der Zillertaler als zurechnungsunfähig eingestuft und unbefristet in eine Anstalt eingewiesen wurde, wertete der OGH als "einen Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden fairen Verfahrens geboten war".

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