"Egoist"

Bergrettung kritisiert Lawinenopfer

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"Egoistisches Verhalten": Jetzt hagelt's Kritik am gerettetem Extremsportler.

Heftige Kritik hat der Geschäftsführer der Tiroler Bergrettung, Peter Veider, am Verhalten jenes Lawinenopfers geübt, das am Sonntag trotz Warnstufe "3" und ohne Lawinenausrüstung mit den Tourenskiern unterwegs gewesen war. "Das ist unverantwortungsvolles, total egoistisches Verhalten, das überhaupt kein Nachahmungspotenzial hat", meinte Veider. Der 28-jährige Extremsportler Stefan Widauer lag 70 Minuten 1,40 Meter unter den Schneemassen und überlebte stark unterkühlt.

Notfallaustrüstung
"Einem Extremsportler muss ich zumuten können, dass er die Standardnotfallausrüstung (Lawinenpieps, Schaufel, Sonde, Anm.) und ein Handy dabei hat", meinte der Bergrettungschef. Sein Verhalten sei besonders auch unverantwortlich seinen Kameraden und den Bergrettern gegenüber. "Solche Leute gefährden das Leben der Retter", kritisierte der 53-jährige Experte. Immerhin seien bei ähnlichen Lawinenunfällen in dieser Wintersaison im Trentino bereits vier Bergretter und in der Schweiz ebenfalls mehrere Einsatzkräfte gestorben.

Der nach 70 Minuten unter den Schneemassen überlebende Widauer solle sich nicht als "Held" fühlen und dürfe nicht als ein solcher angesehen werden, sondern müsse sich schämen, sagte Veider. Ein derartiges Benehmen sei "idiotisch". Die Überlebenschance liege nach 15 Minuten unter den Schneemassen bei 93 Prozent, sollte das Lawinenopfer nicht sofort getötet und sich eine Atemhöhle geschaffen haben. Danach gehe es "steil bergab".

Demnach sei auch die Kameradenrettung am wichtigsten. "Nur die Begleiter können innerhalb der 15 Minuten an Überlebenschance das Leben des Opfers retten, nicht die Bergrettung", appellierte Veider. Deshalb sei jeder im Gebirge aufgefordert, adäquat mit der Standardnotfallausrüstung als Grundausrüstung ausgestattet zu sein, um jedem helfen zu können - nicht nur, dass einem selbst geholfen werde. Ein Ego-Denken sei am Berg nicht angebracht, meinte der seit 23 Jahren aktive Bergretter.

Grundsätzlich solle bei einer wie am Wochenende herrschenden Lawinenwarnstufe "3" nicht mehr ins Gebirge gegangen werden. "Gerade wenn es geschneit hat und in Kombination mit Wind herrscht akute Lawinengefahr. Ich brauche kein Experte zu sein, um das zu wissen", sagte Veider. Vor dem Tourenstart sollten ohnehin Wetterbericht sowie Lawinenwarndienst abgeklärt werden.

Der Extremsportler Widauer war am Sonntagvormittag mit einem Kollegen von Auffach in der Wildschönau (Bezirk Kufstein) über den Schatzberg in Richtung Lämpersberg gegangen. Gegen 11.50 Uhr wurde der 28-Jährige beim Abfahren über einen 40 Grad steilen Hang von einem rund 35 Meter breiten Schneebrett erfasst, bis zu 80 Meter mitgerissen und verschüttet. Weder der Verschüttete noch sein Begleiter hatten die Notfallausrüstung dabei. Mit dem Mobiltelefon setzte der Kollege einen Notruf ab und begann mit zwei durch Hilferufe alarmierten Skitourengeher die Suche nach dem Lawinenopfer. Die Bergrettung Auffach konnte den Verschütteten laut Polizeiangaben schließlich nach rund 70 Minuten 140 Zentimeter unter den Schneemassen ausgraben und bergen. Er hatte sich eine Atemhöhle geschaffen, war bei Bewusstsein und wurde mit einer starker Unterkühlung in die Klinik Innsbruck geflogen.

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