Geübter Tourengeher

Lawinenopfer ohne schlechtes Gewissen

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Der 28-jährige Tiroler war ohne Piepser, Handy und Notfallausrüstung unterwegs.

Kein schlechtes Gewissen hat jenes Tiroler Lawinenopfer, das am Sonntag ohne Lawinenausrüstung mit den Tourenskiern unter die Schneemassen geraten und 50 Minuten später stark unterkühlt geborgen worden war. "Mein Verhalten hat nichts mit Leichtsinn zu tun. Diese Trainingsroute gehe ich bis zu viermal pro Woche, oft auch alleine", sagte der 28-jährige "Amateursportler" im Krankenbett am Montag. Am Unfalltag habe er die Lawinenwarnstufe "nicht gewusst", wolle aber in Zukunft "immer ein LVS-Gerät" dabeihaben.

"Ich bin gut unfallversichert"
"Nehmt immer ein LVS-Gerät (Lawinenverschüttetensuchgerät) mit und die weitere Notfallausrüstung und geht in der Gruppe", appellierte Stefan Widauer an andere Wintersportler. Auf die Frage, ob er nicht selbst eine Vorbildfunktion habe, wusste er keine Antwort. Er selbst wolle in Zukunft "die Situation besser einschätzen lernen" und deshalb "viele Skitouren" gehen, meinte Widauer. Er gehe die Route nahezu täglich, weshalb er keinen Lawinenpieps dabeigehabt habe. Bezüglich der Bezahlung des Rettungseinsatzes mache sich der aus dem Bezirk Kufstein stammende Mann keine Sorgen: "Ich bin gut unfallversichert."

"Lebendig begraben"
Als er gegen Mittag als erster in den Hang reingefahren sei, habe er bereits die schlechte Schneebindung gespürt, dabei aber "nichts Böses vermutet". "Dann kam der Druck vom Berg runter. Ich war eineinhalb Meter unter dem Schnee wie einbetoniert, hatte kein Zeitgefühl und wusste, dass es knapp wird", schildert der 28-Jährige. Es sei "ein scheiß Gefühl, so lange lebendig begraben zu sein, den Tod vor Augen zu haben". Panik habe er aber keine gehabt. Er habe in der Situation realisiert, dass er Ruhe bewahren müsse, um so wenig wie möglich Energie zu verbrauchen.

Vor der seiner Ansicht nach "Rettung in letzter Sekunde" habe er keine Außengeräusche mitbekommen, plötzlich aber eine Sonde an seinem Bein verspürt. Anschließend habe es nochmals rund zehn Minuten gedauert. An mehr könne er sich nicht mehr erinnern. "Mir fehlt nichts, es geht mir ausgezeichnet", bestätigte der nach Eigendefinition "selbstständige Amateursportler". Bereits am Freitag wolle er wieder am Start stehen. Von einem zweiten Geburtstag sprach nicht nur Widauer selbst, sondern auch dessen Eltern.

Lunge hat gelitten
"Ein Durchschnittsmensch hätte das unter diesen Umständen nicht überlebt", meinte die geschäftsführende Oberärztin der Chirurgie der Innsbrucker Klinik, Renate Larndorfer. Sein guter Trainingszustand, die Dosierung der Atmung unter der Lawine und damit die Einteilung des Sauerstoffes seien Gründe dafür, weshalb Widauer das Lawinenunglück so gut überstanden habe. "Die Lunge ist in Mitleidenschaft gezogen worden, eine Atemtherapie ist noch ausständig", sagte sie über die Behandlung des 28-Jährigen.

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