Bevölkerung bemerkte Erkrankung nicht

Neue Studie belegt Ischgl-Wahnsinn

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An der bahnbrechenden Untersuchung nahmen 80 Prozent der Bevölkerung teil.

Jetzt gibt es endlich Zahlen zum Corona-Hotspot Ischgl. Zum ersten Mal ist eine extrem betroffene Gemeinde fast gänzlich untersucht worden.

Die Ergebnisse lieferten einen Hammer: 42,4 Prozent der Bevölkerung dürften eine Corona-Infektion durchgemacht haben – sie haben Antikörper im Blut. Aber: Bei den üblichen Coronatests zeigten nur 15 Prozent ein positives Coronatest-Ergebnis an.

Teilgenommen haben an dieser Studie 79 Prozent der Bevölkerung zwischen 21. und 27. April. Das waren 1.473 Probanden (1.259 Erwachsene, 214 Kinder) während der Quarantäne-Phase.

Kitzloch in Ischgl
© APA/JAKOB GRUBER
× Kitzloch in Ischgl
In diesem Lokal nahm alles seinen Anfang.

Durch ein dreistufiges Verfahren soll die Verlässlichkeit der Tests bei 100 Prozent liegen. „Falsche positive Ergebnisse gibt es also nicht“, sagt Studienleiterin Dorothee von Laer. Der Anteil der positiv auf Antikörper gegen Corona getesteten Probanden liege damit sechs Mal höher als die zuvor mittels Coronatest positiv Getesteten. Die Rate der offiziell gemeldeten Fälle liege damit nur bei 15 Prozent.

„85 Prozent machten die Infektion also unbemerkt durch“, erklärt von Laer. „Von diesem Prozentsatz habe etwa die Hälfte Symptome gehabt, aber oft milde, sodass sie als Schnupfen empfunden worden wären.“ Das wirft die Frage auf: Wie ehrlich waren die Probanden? Von Laer geht jedenfalls davon aus, dass das Virus zumindest ab der 2. Februarhälfte in Ischgl kursierte.

Trotz des hohen Anteils an Antikörpern bei den Ischglern dürfe laut der Medizinerin nicht davon ausgegangen werden, dass es eine Herdenimmunität gibt.

Der Ischgl-Report: Bevölkerung merkte nichts von Corona-Infektion

ÖSTERREICH-Reporter Daniel Liebl berichtet direkt aus dem Skiort Ischgl.

Gespenstische Ruhe im mittlerweile berühmtesten Skiort der Welt. Auf den Straßen ist niemand zu sehen, nur einzelne Motorräder mit Kärntner Kennzeichen rattern vorbei. Es ist ein sonniger Tag, oben auf den Bergspitzen liegt noch Schnee. Unten prägen derzeit Baustellen das Ortsbild.

Als Erstes treffen wir den Tourismusdirektor Andreas Steibl. Auch bei ihm wurden Corona-Antikörper im Blut nachgewiesen. „Ich habe damals überhaupt keine Symptome gespürt“, sagt er. Zum Tourismus meint er: „Es muss weitergehen, wir überlegen schon, wie wir den Saisonstart begehen.“

Als Nächstes besuchen wir Thomas Wolf. Er betreibt „Wolf’s Aparts“. Der Hotelier ist einer der 42,4 %, bei denen Corona-Antikörper nachgewiesen wurden (siehe links). Wann er infiziert war, kann er absolut nicht sagen, er merkte es nicht: „Wir haben uns damals nur gedacht, wir werden es überstehen, wenn wir es bekommen.“

Nach einer finanziell verpatzten Saison bleibt ihm nur der Blick nach vorne: „Ich hoffe auf die Sommersaison. Die Buchungen laufen anders als sonst, die Menschen buchen kurzfristig, wir hoffen auf Kurzentschlossene.“

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