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Ergebnisse der Kommission

Ischgl-Bericht: "Folgenschwere Fehleinschätzungen"

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Skibetrieb in Ischgl hätte vor 12. März geschlossen werden müssen - Kein Druck auf Platter und Land: Handelte aus eigenem Entschluss.

Ischgl/Innsbruck. Die Expertenkommission zur Untersuchung des Corona-Krisenmanagements Tirols in Sachen Ischgl und Co. hat einerseits mit Kritik und andererseits mit Entlastung der Verantwortlichen im Bezirk Landeck und Land Tirol aufgewartet. So sei das Zuwarten mit der Verordnung zur Beendigung des Skibetriebes in Ischgl bis zum 12. März aus "epidemiologischer Sicht" falsch gewesen, sagte der Vorsitzende der Kommission, Ronald Rohrer, am Montag bei der Vorstellung des Berichts in Innsbruck.

Entlastet wurde das Land Tirol bzw. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in anderer Hinsicht: Sämtliche Entscheidungen der Verantwortlichen der zuständigen Bezirkshauptmannschaften und die jeweilige zeitliche Abfolge sowie die Vorgangsweise des Landeshauptmannes sei "aus eigenem Entschluss und ohne Druckausübung von dritter Seite erfolgt".

"Folgenschwere Fehleinschätzungen"

In der Zusammenfassung des Berichtes heißt es, dass es zu "folgenschweren Fehleinschätzungen" der lokalen Behörden gekommen sei. Das betreffe die Einschätzung zur Schließung der Aprés-Ski-Lokale in Ischgl und das Versäumnis, "zielführende Maßnahmen" zu setzen. Außerdem sei auch die Verdachtslage und die Testergebnisse aus der Bar Kitzloch "falsch" eingeschätzt worden.

Allerdings sei die Ankündigung des Landeshauptmanns Günther Platter (ÖVP), die Skisaison vorzeitig zu beenden, "richtig und angemessen" gewesen.
 
Die Verordnung zur Schließung der Seilbahnen bei den Silvretta-Seilbahnen kam am 12. März an. Der Ischgler Bürgermeister Werner Kurz händigte sie aber erst am 14. März aus. Er hätte dies laut Gesetz aber unverzüglich machen müssen. Der Bürgermeister habe dadurch auch die Arbeit der BH Landeck verzögert.

Kommunikationsprobleme zwischen Bund und Land wegen Ausreise

Die Expertenkommission zur Untersuchung des Corona-Krisenmanagements Tirols in Sachen Ischgl und Co. hat bezüglich der chaotischen Ausreise aus dem Paznauntal am 13. März Kommunikationsprobleme zwischen Bund und Land geortet. Die Ankündigung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dass das Paznauntal und St. Anton isoliert werden in einer Pressekonferenz um 14.00 Uhr, sei "überraschend und ohne Vorbereitung" erfolgt.
 
Kurz habe Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Vormittag zwar darüber informiert, der Landeshauptmann habe dabei aber darauf verwiesen, dass den Stäben noch viel Arbeit bevor stünde, weil noch nicht alle Details klar seien, schilderte der Kommissionsvorsitzende Ronald Rohrer. Kurz selbst habe dann in seiner Befragung jedoch angegeben, dass er davon ausgegangen sei, dass die Stäbe die notwendigen Vorbereitungen getroffen hätten. Die Verantwortlichen der BH Landeck hätten aber sofort mitteilten müssen, dass die Ausreise der ausländischen Gäste über das gesamte Wochenende kontrolliert erfolgen könne.

Überarbeiteter Pandemieplan offenbar nicht veröffentlicht

Zudem kritisierte Rohrer das Gesundheitsministerium. Dieses habe trotz frühem Wissen über die Ansteckungsgefahr den überarbeiteten Pandemieplan nicht veröffentlicht. Zudem wurde das veraltete Epidemiegesetz 1950 weder auf seine Anwendbarkeit in Tourismusgebieten geprüft, noch wurden rechtzeitig Schritte eingeleitet, das Gesetz den Gegebenheiten der heutigen Mobilität anzupassen.
 
Die auch medial viel diskutierten Presseaussendungen des Landes, in denen einerseits erklärt wurde, dass sich die isländischen Gäste im Flugzeug angesteckt hätten und, dass eine Übertragung des Virus auf die Gäste eher unwahrscheinlich sei, waren "unwahr und schlecht", sagte Rohrer. Zumindest eine davon hätte auf einer Vermutung von einer isländischen Reisebetreuerin basiert. Es habe dadurch aber "keinen feststellbaren Einfluss auf die Arbeit der Behörden gegeben", die Aussendungen seien von den Gästen und den Betrieben aber ernst genommen worden.

Platter sah Fehleinschätzungen, aber auch viel Gutes

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat einigermaßen erleichtert auf die Präsentation des Berichts der Expertenkommission zum Corona-Krisenmanagement des Landes reagiert. Aus heutiger Sicht seien zwar - "insbesondere am Beginn der Pandemie" - auch fachliche Fehleinschätzungen getroffen worden, aber der Bericht zeige auch auf, dass "viele Dinge gut gelaufen sind", erklärte Platter gegenüber der APA nach der "Manöverkritik" über das Pandemie-Management.
 
Es seien "mutige und richtige Entscheidungen" getroffen worden - wie etwa die Beendigung der Wintersaison, womit ein Gästewechsel verhindert habe werden können. Die Behörden hätten bei einer "noch nie da gewesenen Krisensituation ein enormes Arbeitspensum" bewältigt - dies zeige der Bericht gut auf, meinte Platter. "Ich habe immer gesagt, dass bei einer weltweiten Pandemie niemand von sich behaupten kann, alles richtig gemacht zu haben", betonte der Landeshauptmann. Die fachlichen Fehleinschätzungen, die der Landeshauptmann nicht näher benannte, würde man heute anders treffen, so Platter.
 
Platter strich zudem hervor, dass der Bericht zutage gefördert habe, dass "alle Entscheidungen ohne Druck von außen passiert sind". "Niemand hat bewusst eine fachliche Fehleinschätzung getroffen. Es ging bei allen Entscheidungen immer nur um die Gesundheit der Bevölkerung und der Gäste", erklärte der Landeschef.
 
Man werde aus den "Empfehlungen" die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen, kündigte Platter an. Die schwarz-grüne Landesregierung werde in ihrer Sitzung am Dienstag den Bericht und die Empfehlungen der Kommission diskutieren und "einen Grundsatzbeschluss fassen, dass die zuständigen Abteilungen unverzüglich mit der Umsetzung der Empfehlungen beginnen".
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