Messerstecherei

Handy-Krieg endet vor Gericht

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Wegen zu lautem Telefonierens flogen Fäuste. Dann wurde zugestochen.

Mit einer Messerstecherei im Generali Center auf der Mariahilfer Straße hatte sich am Mittwoch Richterin Minou Aigner im Straflandesgericht auseinanderzusetzen. Ein 68-jähriger Pensionist und ein um zehn Jahre jüngerer Mann waren aufeinander losgegangen, als sie einander wieder erkannten. Die beiden hatten sich ein halbes Jahr zuvor in der Nationalbibliothek eine Auseinandersetzung geliefert.

Telefon
Die Männer frequentieren regelmäßig die Nationalbibliothek. Der Ältere, um dort "zu lesen, zu forschen, zu schreiben", der Jüngere, um Einblicke in die Börse-Kurse zu gewinnen, wie sie im Grauen Haus kundtaten, wo beide nun als Angeklagte Platz nehmen mussten. Am 29. Dezember 2013 soll der 68-Jährige lautstark im Lesesaal telefoniert haben, was den Unmut des 58-Jährigen erregte.

 "Ich wollte ihn darauf aufmerksam machen, dass es hier ein Telefonverbot gibt. Da ist er mir mit den Finger ins Gesicht gefahren. Eine Demütigungsgeste!", echauffierte sich der 58-Jährige. Sein Kontrahent behauptete demgegenüber, der andere wäre handgreiflich geworden. Weil er telefonierte, habe ihm dieser wortlos "zwei Ohrfeigen, ganz brutale" versetzt: "Ich habe laut aufgeschrien. Die Security ist gekommen."

Wieder-Aufeinandertreffen
Beide Streithähne wurden aus der Nationalbibliothek gewiesen. Wie es der Zufall wollte, liefen sie sich am 21. Mai im General Center wieder über den Weg. Der Ältere setzte sich zu dem 58-Jährigen, der auf einer Bank vor einem Geschäft Platz genommen hatte, und sprach diesen an. Offenbar ein Fehler. "Er hat mich gleich beschimpft. Gleich darauf hat er begonnen, mich mehrfach zu schlagen", schilderte der 68-Jährige. Der andere Mann habe plötzlich auch ein Stanley-Messer in der Hand gehabt und ihm dieses in den Oberarm gestochen. Da habe er sein "Überlebensmesser" aus einem Plastiksackerl gezogen und dieses dem Gegenüber in den Oberschenkel gestoßen, was der 68-Jährige "eine unabsichtliche Handlung aufgrund einer Paniksituation" nannte.

Der 58-Jährige behauptete demgegenüber, der Ältere habe ihn zunächst "nicht einmal schief angelächelt", dann jedoch eine Drohung ("Heut' bist du dran!") ausgestoßen. Das habe er "als Morddrohung verstanden". Ihm sei "bewusst geworden, dass ich in Lebensgefahr bin. Alle Voraussetzungen für Notwehr waren gegeben." Damit rechtfertigte der 58-Jährige die Schläge, die er seinem Gegner versetzte. Dieser erlitt einen Kieferbruch, eine Fraktur des Jochbeins und der linken Augenhöhle.

Zeuge
Ein unbeteiligter Zeuge erklärte im Anschluss, der 68-Jährige habe erst zu seiner Waffe gegriffen, nachdem er bereits verletzt worden war und der 58-Jährige Anstalten machte, diesem auch noch Fußtritte zu versetzen. Die Richterin schloss sich daher Marcus Januschke, dem Rechtsbeistand des 68-Jährigen, an, der eine Notwehr-Situation geltend gemacht hatte. Der 68-Jährige wurde freigesprochen. Die Anklage gegen den 58-Jährigen wurde demgegenüber auf absichtliche schwere Körperverletzung ausgedehnt. Sein Verfahren wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.

 

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