Wien

Sex-Affäre in Justizanstalt Josefstadt

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Frau ließ sexuelle Handlungen über sich ergehen.

Im Prozess gegen einen Justizwachebeamten der Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt, der unter Ausnützung seiner Stellung zwei weibliche Häftlinge sexuell bedrängt und mit einer der beiden im Gefängnis sogar einen vaginalen Geschlechtsverkehr vollzogen haben soll, hat Einzelrichter Andreas Böhm am Freitag im Landesgericht ein Unzuständigkeitsurteil gefällt. Er begründete das mit der Indizien-Lage.

Sex-Affäre in Justizanstalt Josefstadt
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(c) APA

Für ihn sei es "zwingend" erforderlich, dass ein Schöffensenat die Vorwürfe gegen den 41-Jährigen prüft, sagte Böhm. Während die Staatsanwaltschaft dem Beamten lediglich den Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses ankreidete, gelangte der Richter nach der zeugenschaftlichen Befragung einer betroffenen Frau zu einer anderen Ansicht: "Wenn diese Vorfälle so wie von den Insassinnen beschrieben stattgefunden haben, ist der Tatbestand der Vergewaltigung erfüllt."

Damit geht es für den vom Dienst suspendierten Beamten, der sich vehement "nicht schuldig" bekannt hatte ("Ich habe nichts gemacht, Herr Rat"), in dem Verfahren nicht mehr um maximal drei Jahre Haft. Das Strafgesetzbuch (StGB) sieht für Vergewaltigung Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren vor.

Ex-Insassin schilderte Übergriffe
Der Justizwachebeamte - er wird am kommenden Montag 41 Jahre alt - soll zwischen Dezember 2011 und Dezember 2012 zwei weibliche Häftlinge wiederholt bedrängt und unter Ausnützung seiner Stellung zu geschlechtlichen Handlungen herangezogen haben.

Mit einer der beiden soll es dem Strafantrag zufolge zu vaginalem Geschlechtsverkehr gekommen sein, nachdem er sich bei einem vorangegangenen Vorfall von der Frau bereits oral befriedigen hatte lassen. Diese Frau schilderte als Zeugin offen und im Detail, was sie erlebt hatte. Im Sommer 2012 hätte der Beamte ihr den Putzmantel - sie war im Gefängnis als Reinigungskraft tätig - aufgeknöpft, mit ihrer Brust gespielt, ihre Hand an seinen Penis geführt und sie schließlich mit den Schultern nach unten gedrückt, um sich befriedigen zu lassen. Zuvor habe er die Tür des Kammerls, in das er sie hineinzog, abgesperrt.

Auf die Frage, ob sie sich gewehrt habe, meinte die Frau, die insgesamt vier Monate in der JA Josefstadt verbracht hatte, bis sie die Fußfessel genehmigt bekam und damit in den elektronisch überwachten Hausarrest wechseln konnte: "Ich hab' schon versucht stehen zu bleiben, weil ich das nicht wollte." Der Beamte habe aber den Druck auf ihre Schultern verstärkt. Zusätzlich merkte sie noch an: "Als Insasse hat man eigentlich keine Wahl." Sie habe auch ihre Arbeit im Gefängnis nicht verlieren wollen.

Wenige Wochen später - im August 2012 - wurde die Frau an einem Wochenende aufgefordert, sich die Arbeitskleidung anzuziehen. Der betreffende Beamte habe sie abgeholt und im dritten Stock putzen lassen. Dass weibliche Häftlinge nach Gutdünken des Wachpersonals dazu herangezogen werden, im Männertrakt Herrentoiletten zu säubern, ist in der JA Josefstadt offenbar üblich. Sie habe "gewusst, dass etwas sein wird", beschrieb die Zeugin ihre damalige Gefühlslage. Der Beamte habe sie in einen Aufenthaltsraum beordert, wieder die Tür abgesperrt, sie zu küssen begonnen und aufgefordert, sich ein wenig "locker" zu machen. Dann habe er sie und sich selbst ausgezogen. Auf einem Sofa sei es zum Geschlechtsverkehr gekommen.

"Es gibt keinen Ort, an dem man einer Autoritätsperson mehr ausgeliefert ist als im Gefängnis", gab Bettina Caspar-Bures, die Rechtsvertreterin der ehemaligen Insassin zu bedenken. Was in der JA passiert sei, sei "menschenverachtend und einer demokratischen Gesellschaft nicht würdig". Ihre Mandantin habe das ihr Widerfahrene bis heute nicht zur Gänze aufgearbeitet und bedürfe nach wie vor psychotherapeutischer Behandlung.

Eine zweite Insassin soll der Wachebeamte seit Dezember 2011 belästigt und gegen ihren Willen betastet und geküsst haben. Mehrfach soll er ihre Hand zu seinem erigierten Geschlechtsteil geführt haben. Im Dezember 2012 soll er diese Gefangene laut Strafantrag am Gesäß erfasst, in ein Putzkammerl befördert und ihr dort einen Zungenkuss gegeben haben, was - wie Richter Andreas Böhm anmerkte - den Tatbestand der geschlechtlichen Nötigung erfüllen würde und damit ebenfalls vor einem Schöffensenat zu verhandeln ist. Diese Frau kam ihrer Zeugenladung am heutigen Verhandlungstag nicht nach.

"Keiner dieser Vorwürfe ist wahr. Im Gefängnis wird viel geredet, und dieses Gerede hat zu diesem Verfahren geführt", meinte Verteidiger Michael Vallender.
 

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