Brandermittlungsgruppe

Wien: Bereits 16 Brandtote im Jahr 2017

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18 Mitarbeiter bearbeiten jährlich 1.000 bis 1.500 Fälle.

16 Menschen sind heuer bereits bei Bränden in Wien gestorben. In solchen Fällen wird die zentrale Brandermittlungsgruppe im Landeskriminalamt tätig. Seit drei Jahren besteht die Einheit, sie umfasst 17 Männer und eine Frau, die jährlich 1.000 bis 1.500 Fälle zu bearbeiten haben. "Wir übernehmen jedes Brandgeschehen mit Ausnahme kleinerer Vandalismusdelikte", sagte Gruppenleiter Armin Ortner.

"Bei uns fängt jede Geschichte mit Dreck an", schilderte der Chefinspektor am Mittwoch. Der 58-Jährige kommt dann, wenn die Feuerwehr mit ihrer Arbeit fertig ist. Dann beginnt die Spurensuche, "die findet im Dreck statt". Zunächst gilt es herauszufinden, wie ein Feuer entstanden ist, und wenn strafrechtlich relevantes Verhalten dafür verantwortlich ist, den oder die Täter auszuforschen. "Dafür brauchen wir häufig auch noch Atemschutzmasken", sagte Ortner.

15 bis 20 Brandtote jährlich

Im Schnitt sterben in Wien jedes Jahr 15 bis 20 Menschen bei Bränden. "Wir gehen zunächst immer von Fremdverschulden aus. Auch wird jedes Brandopfer obduziert", erzählte Ortner. Denn: "Ein Brand eignet sich super, um Spuren zu vernichten". Die klassische Ursache von Bränden mit Toten: "Die Kombination Alkohol mit Zigaretten, gefolgt von Alkohol mit Kochen". Die zweitgenannten Fälle umfassen jene Brandtoten, die in der Nacht alkoholisiert nach Hause kommen, Hunger haben, zu kochen beginnen und dann einschlafen. Diese beiden Alkohol-Verbindungen machen "drei Viertel der Brandtoten aus".

"Von 15 Brandtoten sterben zehn an Rauchgasen", sagte Ortner. Deswegen sei es besonders wichtig, beim Verlassen einer brennenden Wohnung die Tür zu verschließen, damit das Stiegenhaus möglichst lange unverraucht bleibt. "Rauch ist sehr tückisch, bereits nach wenigen Atemzügen wird man bewusstlos", erklärte Ortner. Der 58-Jährige erinnerte sich in diesem Zusammenhang an die "sinnlosesten Toten" in seiner Karriere. Vor zehn Jahren starben bei einem Brand in der Donaustadt eine 32-jährige Mutter eines sieben Monate alten Babys und der 37-jährige Onkel, Vater und Baby konnten reanimiert werden. Der Brand war in einer Wohnung im zweiten Stock ausgebrochen. Die Familie befand sich im siebenten Stock, sie versuchte, durch das Stiegenhaus zu flüchten. Die Rauchentwicklung im Stiegenhaus war zu diesem Zeitpunkt aber schon zu stark.

Zahl der Brandtoten in Kärnten rückläufig

In Kärnten müssen seit 2013 in allen Wohnräumen - mit Ausnahme der Küche - Rauchwarnmelder montiert sein. Die Zahl der Brandtoten ist seither rückläufig. Diese Verpflichtung wäre auch im Rest Österreichs "eine sehr sinnvolle Geschichte". Ortner selbst hat in seinen Wohnräumen selbstverständlich Rauchwarnmelder installiert. Der Experte warnte auch vor "billigen Mehrfachsteckdosen aus chinesischer Produktion". Verschmutzen diese, kommt es zu Kontakterwärmungen, "das ist eine vorprogrammierte Brandursache, davon kann jeder betroffen sein, denn wer hat keine Verteiler daheim?", fragte Ortner.

In Summe sei "Brandermittlung ein komplexes Thema, dafür ist eine gute Ausbildung und Erfahrung nötig", sagte Ortner. Brandstiftung, vom Chefinspektor als "thermische Sanierung" bezeichnet, machen rund zwei Drittel der Ermittlungsfälle aus. Der Rest verteilt sich auf Fahrlässigkeit und auch technische Ursachen. Die Motive der Täter seien vielfältig, "von Zündlern über Betrüger und Racheakte ist alles möglich". Zu ihrer Ausforschung steht den Brandermittlern das "ganze polizeiliche Spektrum zur Verfügung, etwa auch Observation oder Telefonüberwachung", schilderte Ortner.

Kuriose Fälle

Immer wieder müssen Ortner und seine Mitarbeiter auch kuriose Fälle bearbeiten. Im November klärten sie die Brandstiftung in der Marx-Halle in Landstraße. Das Feuer war am 10. September ausgebrochen, weil zwei 19-Jährige nach Cannabiskonsum in dem Veranstaltungszentrum zum Geisterbeschwören Fackeln entzündet hatten. Eine dieser Gartenfackeln fiel auf ein Sofa, was einen Großbrand auslöste und einen Schaden im Millionenbereich verursachte. "Diese Auswirkung ist für eine Blödheit gravierend", konstatierte Ortner.

Seit 1991 war Ortner bei jedem Großfeuer in Wien dabei. Das "vielseitige Geschäft der Brandermittlung" begeistert ihn nach wie vor. "Es ist weder von der Klientel noch von der Materie her fad", sagte der 58-Jährige. Natürlich werde man in dem Job auch "ein bisschen paranoid". So hat Ortner beispielsweise keine Kerzen mehr am Christbaum, sondern eine Lichterkette.

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