Parlamentsübertragung

ATV sieht sich von ORF geschnitten

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Privatsender behauptet, dass ORF nach 20 Minuten das Signal gekappt hat.

Die TV-Aufzeichnung der Budgetrede von Finanzminister Josef Pröll (V) vor dem Nationalrat hat am Dienstag zu einem Disput zwischen ATV und ORF geführt. "Nach rund 20 Minuten wurde ATV das Signal gekappt", beklagte der Privatsender. Der ORF wiederum betonte, dass die Privatsender die gesamte Rede zur Verfügung gestellt bekommen.

Missverständnisse
Die Vorgeschichte: Am Montag hatten Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz vereinbart, dass der ORF die Budgetrede "einmalig, kostenfrei und ohne Präjudiz" auch den Privatsendern zur Verfügung stellen werde. Wie die Umsetzung dieses Vorhabens auszusehen hatte, führte jedoch offenbar zu Missverständnissen auf beiden Seiten.

Protest
ATV protestierte zunächst in einer Stellungnahme gegenüber der APA, dass ORF-Mitarbeiter im Parlament verkündet hätten, dem Privatsender werde lediglich "ein zehnminütiges Sendeband mit vom ORF ausgesuchten Szenen zur Verfügung gestellt". Auf diese Weise entscheide "letztendlich der öffentlich-rechtliche Rundfunk, was von der Budgetrede bei den Privatfernsehanbietern auf Sendung gehen kann und was nicht".

Im ORF bestritt man ein solches Ansinnen: Via Aussendung bekräftigte der öffentlich-rechtliche Rundfunk, dass die Entscheidung, "welche Ausschnitte in welchem Ausmaß von den Privatsendern genutzt werden, selbstverständlich ausschließlich in der Verantwortung jener Sender liegt, die von diesem kostenlosen Angebot Gebrauch machen". Das gesamte Aufzeichnungsmaterial der Budgetrede stehe "interessierten Privatsendern für die eigene Berichterstattung zur Verfügung".

Live-Sendesignal
Den Vorwurf, das Signal sei abgedreht worden, kann man im öffentlich-rechtlichen Rundfunk außerdem nicht nachvollziehen. Die Privatsender seien schließlich nicht an einer Liveübertragung aus dem Parlament interessiert gewesen und hätten daher auch kein Live-Sendesignal erhalten. Auch ORF-TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher bekräftigte auf APA-Anfrage, dass die Privatsender "vom ORF selbstverständlich die ganze Budget-Rede zur Verfügung gestellt bekommen". "Rechtefrei", wie er betonte.

Politiker kritisieren
Scharfe Kritik am ORF übte nichtsdestotrotz ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf, der einen "schweren Affront und Verstoß" ortete. Der ORF habe seine Machtposition missbraucht. "Das ist ungeheuerlich". Er sehe sich durch diesen Vorfall darin bestätigt, dass neue Regeln aufgestellt werden müssten, um eine Gleichbehandlung aller Medien zu gewährleisten. Alle hätten ein Recht darauf, zu gleichen Bedingungen aus dem Parlament zu berichten. In Österreich gebe es eine duale Fernsehlandschaft, auch wenn das manche nicht wahrhaben wollen, so Kopf in Richtung SPÖ.

Kopf plädiert dafür, die TV-Aufnahmen im Plenarsaal durch eine Privatfirma herstellen zu lassen und das Sendesignal allen Fernsehanbietern zu überlassen.

BZÖ-Mediensprecher Stefan Petzner sieht ebenfalls "die Ungleichbehandlung zwischen dem ORF und den Privatsendern" fortgesetzt. Er erneuerte seine Forderung, dass umgehend an einer vernünftigen und kostengünstigen Lösung für alle TV-Anbieter gearbeitet werde. "Das Hohe Haus muss für alle offen sein. Auch für die Privatsender", so Petzner.

"Offener Brief"
ATV hatte am Montag in einem "Offenen Brief" den Protest gegen die Benachteiligung von Privatsendern bei Übertragungen aus dem Parlament bekräftigt, weil diese im Gegensatz zum ORF nicht im Nationalrats-Plenarsaal filmen dürfen. Für die heutige Budgetrede hatten Parlamentspräsidentin und ORF-General daher eine Sonderregelung ausgehandelt.

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