Justiz-Streik

Ab sofort wird nicht mehr verhandelt

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Das Justizpersonal protestiert damit gegen die Unterbesetzung. Es fehlen 187 Richter, 43 Staatsanwälte und zumindest 200 Verwaltungsbeamte.

Die Richter und Staatsanwälte setzen ihren Protest fort und halten - bereits zum zweiten Mal - ab Montag verhandlungsfrei. Verhandelt wird wieder nur bei unaufschiebbaren Fällen. Laut einer vom Justizministerium durchgeführten "Personalanforderungsrechnung" fehlen der Justiz 187 Richter, 43 Staatsanwälte und zumindest 200 Verwaltungsbeamte.

"Größenordnung nimmt einem die Luft"
Während in Wien in der Vorwoche im Handelsgericht (HG) 204 Tagsatzungen über die Bühne gegangen sind, wird in der verhandlungsfreien Woche eine einzige stattfinden. "Wir tragen dem Beschluss der Richtervereinigung Rechnung. Es wird nur aus unaufschiebbaren Gründen verhandelt", so Gerichtspräsident Peter Hadler. Er persönlich wird in der kommenden Woche Urteile diktieren: "Zu tun ist genug. Vom Arbeitsaufwand her halten wir bei einer Größenordnung, die einem die Luft nimmt."

Am HG sind nicht weniger als 2.500 Anlegerverfahren und sechs Sammelklagen anhängig, die sich auf 25 für Zivilsachen zuständige Richter verteilen. "Wir bemühen und sehr, aber das ist mit den derzeitigen Kapazitäten in einer angemessenen Zeit fast nicht zu schaffen", betont Hadler. Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien hat 1.469 Anlegerverfahren und fünf Sammelklagen zu bewältigen. An beiden Gerichten sind derzeit exakt 12.080 Ansprüche offen.

Am Wiener Straflandesgericht werden in der Karwoche 45 Prozesse und damit nur ein Fünftel des sonst üblichen Verhandlungsprogramms stattfinden. "Wir tragen den Beschluss der Standesvertretung voll mit, aber wenn es um Haftsachen geht, können Verhandlungen nicht einfach entfallen. Da sind Fristen einzuhalten", erläutert Gerichtssprecher Christian Gneist. Darüber hinaus wurden Prozesse auch dann nicht abberaumt, "wenn dies wirtschaftlich nicht vertretbar wäre, weil etwa Zeugen aus dem Ausland anreisen".

Auch an Niederösterreichs vier Landesgerichten ist der Betrieb in der verhandlungsfreien Woche weitgehend eingeschränkt. So sind in Korneuburg keine strafrechtlichen Prozesse angesetzt, "ganz wenige dringende Termine" wie etwa drei Haftprüfungen werden aber durchgezogen, sagte Vizepräsidentin Christa Zemanek. Inklusive zivilrechtlicher Fälle sei die Zahl mit 17 Terminen aber ganz niedrig für das Haus.

In Krems sind zwei Schöffensenate angesetzt. Damit fallen keine geplanten Verhandlungen aus, sagte Staatsanwalt Friedrich Kutschera. Man klinke sich nicht aus der Protestmaßnahme aus, die Termine würden aber aufrecht bleiben, weil Zeugen, Verteidiger etc. bereits geladen waren. Am Landesgericht St. Pölten finden in der Protestwoche nur drei Verhandlungen (zwei straf- und eine zivilrechtliche) und allfällige Haftakte statt. Im Normalfall sind es durchschnittlich rund 70 Prozesse pro Woche, davon etwa 20 bis 25 Strafverfahren.

Pause im Tierschützer-Prozess
In Wiener Neustadt macht zwar der am 2. März gestartete Tierschützer-Prozess Pause, aber nicht alle Verfahren können warten. "Es gibt Verhandlungen, die man aus gewissen Gründen nicht abberaumen kann", so Gerichtssprecher Hans Barwitzius. Darunter würden etwa Haftakte oder bereits geladene Zeugen und Sachverständige fallen. Inklusive Haftverhandlungen, kontradiktorischen Einvernahmen, straf-und zivilrechtlicher Sachen finden 32 Termine statt. Im Vergleich zu einer normalen Woche mit 150 Verhandlungen Minimum ist das aber wenig.

Auch am Landesgericht Eisenstadt ist die Woche nahezu verhandlungsfrei. Mit Ausnahme von dringenden Fällen werde es keine Verhandlungstermine geben, hieß es. Insgesamt gibt es in der Karwoche fünf Termine, davon betreffen drei Haftsachen. In der Woche vom 22. bis 26. März waren in Eisenstadt vergleichsweise hingegen 180 Termine in allen Bereichen - vom Strafsachen übers Zivilrecht bis zu Insolvenzen - angesetzt.

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