EuGH-Urteil

Agrarförderungen wieder geheim

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Der Europäische Gerichtshof bemängelt den fehlenden Datenschutz.

Die EU-Förderungen für österreichische Bauern werden vorerst nicht mehr im Internet veröffentlicht und sind damit wieder geheim. Das Landwirtschaftsministerium sperrte wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am Nachmittag die Datenbank auf www.transparenzdatenbank.at. Die Richter hatten in ihrem Urteil den fehlenden Datenschutz bemängelt. Nicht beanstandet wurde die Veröffentlichung von Förderungen für landwirtschaftliche Betriebe. Der Bauernbund begrüßte das Urteil. SPÖ, FPÖ und Grüne kritisierten die Entscheidung.

Die Europäische Kommission wird sich am 16. November im Ausschuss für die Agrarfonds mit dem EuGH-Urteil befassen, hieß es aus dem Landwirtschaftministerium. Der Ball liege bei der EU-Kommission.

Klage aus Deutschland bringt Veröffentlichung zu Fall
Zwei Bauern hatten in Deutschland aus Datenschutzgründen gegen die Veröffentlichung ihrer Agrarförderungen geklagt. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg erklärte in einem Urteil zwei Verordnungen für die Veröffentlichung der Agrarförderungen als "teilweise ungültig". Es müsse zwischen Datenschutz und öffentlichen Interesse abgewogen werden, so der EuGH. Dies hätten aber der Rat und die Kommission der EU nicht getan, kritisierten die Richter. Es sei nicht überlegt worden, ob tatsächlich immer die Namen mit genannt werden müssen. Laut dem EuGH-Urteil gewinnt das öffentliche Interesse gegenüber dem Datenschutz ein umso höheres Gewicht, je höher die Beihilfen sind und je häufiger sie ausgezahlt werden.

Berlakovits ortet "Hetzjagd auf einzelne Bauern"
Die Gesellschaft soll über die Leistungen der Bauern informiert werden, so Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (ÖVP) am Dienstag. "Aber die personenbezogene Veröffentlichung führte in der Vergangenheit vielfach zu negativen Auswüchsen", sagte der Landwirtschaftsminister. "Leider wurde sie von manchen dazu missbraucht, Neid zu schüren und regelrechte Hetzjagden auf einzelne Bauern zu veranstalten".

Bauernbund begrüßt Urteil
Bauernbund-Chef Fritz Grillitsch (ÖVP) zeigte sich erfreut über das EuGH-Urteil: "Der Tag, an dem die Agrarförderungen nicht mehr der vollen Offenlegungspflicht unterliegen, bringt eine große Entlastung für die heimischen Bäuerinnen und Bauern mit sich." Es sei nicht einzusehen, dass die Leistungsabgeltungen für die Bauern im Internet veröffentlicht werden, Wirtschaftsförderungen oder Sozialtransfers aber nicht.

Scharfe Kritik vno SPÖ, FPÖ und Grünen

Die Entscheidung des EuGH wurde von SPÖ, FPÖ und Grünen zum Teil scharf kritisiert:  Die Veröffentlichung der Agrarbeihilfen habe dazu beigetragen, dass Ungerechtigkeiten sichtbar wurden, so der österreichische EU-Parlamentsabgeordneten Jörg Leichtfried (SPÖ). Die Veröffentlichung habe dazu beigetragen, den Menschen aufzuzeigen, dass ein Großteil der Mittel für die Agrarpolitik großen Industrieunternehmen wie beispielsweise Nestle zugutekommt.

Jannach (FPÖ): "EuGH in die Knie gegangen"

"Die Richter des EuGH sind vor den großen europäischen Agrargeld-Profiteuren aus der Verarbeitungsindustrie, dem Handel und adeligen Großgrundbesitzern in die Knie gegangen", kritisierte FPÖ-Agrarsprecher Harald Jannach. Die Transparenzdatenbank habe aufgezeigt, dass vor allem große Industrie- und Handelsfirmen, sowie öffentliche Körperschaften wie Landesregierungen, Landwirtschaftskammern oder die AMA in den letzten Jahren die großen Abkassierer der Agrargelder waren.

Grüne fordern Korrekturen in der Agrarpolitik
Die österreichische Transparenzdatenbank habe den kleinen bäuerlichen Betrieben nicht geschadet, sondern im Gegenteil dazu geführt, dass die Öffentlichkeit sich über die Ungerechtigkeiten und Auswüchse des Agrarförderdschungels ein Bild machen können, so der Landwirtschaftssprecher der Grünen, Wolfgang Pirklhuber:  "Leider hat diese Transparenz bisher nicht zu den längst fälligen Korrekturen in der Agrarpolitik geführt".

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