ÖVP-Neuwahlpapier

Aktenklau wird schwarze Blamage

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Der prominente Wiener Wirtschaftsanwalt Georg Zanger zerpflückt die Affäre um das angeblich von der SPÖ entwendete ÖVP-Neuwahlpapier.

Die Affäre sorgte vor zwei Wochen am Höhepunkt der Koalitionskrise für Wirbel: Gerichtlich wollte die ÖVP klären lassen, wie ihr Strategie-Papier „Wahltag 1. Juni“ veröffentlicht wurde. In einer Sachverhaltsdarstellung behauptete der Kabinettschef von Vizekanzler Wilhelm Molterer, dass ihm das Dokument im Parlament aus seiner Aktentasche gestohlen wurde. Der schwarze Verdacht: Ein Mitarbeiter von SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer habe das brisante Dokument entwendet und später an die Medien weitergespielt – was die SPÖ dementiert.

Schlappe abzusehen
Das vermeintliche Mini-Watergate dürfte jedenfalls mit einer Bauchlandung enden. „Strafrechtlich ist die ganze Affäre sicher nicht relevant. Und auch sonst höchstens eine Lachnummer“, analysiert der prominente Wirtschaftsanwalt Georg Zanger gegenüber ÖSTERREICH. Da das Neuwahlpapier keinen echten materiellen Wert habe, sei sicher kein Diebstahl gegeben. Auch die von der ÖVP eingeschaltete Wiener Staatsanwaltschaft hält diesen Punkt für entscheidend: „Wir prüfen noch, inwiefern dieses Strategiepapier eine werthaltige beziehungsweise diebstahlsfähige Sache ist“, so Staatsanwalt Jarosch.

Privatklage unsinnig
Falls die Causa strafrechtlich belanglos ist – was wahrscheinlich ist – müsste die ÖVP eine Zivilklage gegen den ihrer Meinung nach diebstahlsverdächtigen SPÖ-Mitarbeiter starten – etwa wegen Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses. Laut Topanwalt Zanger ginge aber auch das ins Leere. Der potenzielle Verdächtige habe das Papier laut ÖVP-Lesart zwar aus der Aktentasche entfernt, sei aber kein Geheimnisträger.

Ohne Ausweg
Auch die Berufung auf eine Verletzung geistigen ÖVP-Eigentums sei chancenlos, meint der Wirtschaftsanwalt. Hier sei nicht das Nehmen das Problem, sondern das Verwerten. Und die von der ÖVP geplante Wahlstrategie sei ja von keiner anderen Partei umgesetzt worden. „Die ÖVP könnte höchstens eine Besitzstörungsklage einbringen, da die Tasche des Kabinettchefs angeblich unrechtmäßig geöffnet wurde. Aber das wäre wohl schon ein Treppenwitz“, meint Zanger.

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