Porträt

Alexander Van der Bellen

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Der Wiener Wirtschaftswissenschaftler mit russischen Wurzeln stand jahrelang an der Spitze der österreichischen Grünen.

Fast elf Jahre lang hat sich Alexander Van der Bellen (64) an der Spitze der Grünen gehalten - durchaus beeindruckend, wenn man bedenkt, dass die notorisch zerstrittene Öko-Partei ihre Parteichefs zuvor im Zweijahrestakt verbraucht hatte. Doch auch wenn Van der Bellen die Partei konsolidieren und zwischenzeitlich zur drittstärksten Kraft machen konnte, blieb das Ziel einer grünen Regierungsbeteiligung unerfüllt. Nach der Wahlniederlage vom Sonntag ist der Vizekanzlertraum wohl endgültig ausgeträumt.

Abgang schien unausweichlich
Schon am Wahlabend schien Van der Bellens Abgang unausweichlich: Das Wahlziel von 15 Prozent klar verfehlt, die Regierungsbeteiligung außer Reichweite und vom dritten Platz in der Wählergunst hinter das BZÖ auf Rang fünf zurückgefallen, da wurde allgemein mit einem Grünen Generationenwechsel gerechnet. Dass der Rücktritt nun letztlich doch viele überraschte, dafür hatte Van der Bellen selbst gesorgt: Er hatte noch am Dienstag "große Lust" zum Weitermachen bekundet und mit Spekulationen über eine rot-schwarz-grüne Koalition aufhorchen lassen.

Doch mit Aussagen wie "das war mein bisher bester Wahlkampf" sorgte der bis dato erfolgsverwöhnte Van der Bellen medial und parteiintern für Kopfschütteln und die "Kenia-Koalition" mit SPÖ und ÖVP, die den Rechtsparteien FPÖ und BZÖ ein Oppositionsmonopol beschert hätte, wurde nicht nur von den umworbenen Großparteien abgelehnt, sondern stieß auch parteiintern auf offene Ablehnung. Die unmittelbar einsetzende offene Personaldebatte machte wohl auch Van der Bellen selbst klar, dass seine Zeit gekommen war.

Hohe Sympathiewerte
Dabei hat es nicht an den Sympathiewerten des Spitzenkandidaten gelegen, dass die Grünen bei der Wahl am Sonntag wieder einmal unter ihren Erwartungen lagen. Van der Bellen mag man und das seit Jahren. Selbst FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache meinte zuletzt, wenn er mit einem seiner Gegner auf eine einsame Insel müsste, wäre das Van der Bellen. In Stimmen ummünzen konnten der Bundessprecher diese persönliche Popularität allerdings nicht.

Schon bei der Stimmabgabe am Sonntag hatte Van der Bellen konzediert, dass es mit dem Erreichen der Wahlziele Platz drei und 15 Prozent nichts werden dürfte. Dass er beim Einwerfen des Stimmzettels gefilmt wurde, fand er albern - Zeichen für eine gewisse Verdrießlichkeit, die dem 64-Jährigen schon seit einiger Zeit nachgesagt wird. Intern umstritten war zuletzt auch sein ständiges Liebäugeln mit einer schwarz-grünen Koalition, die bei der eigenen Basis nur wenige begeistert hätte.

Einte zerstrittene Bewegung
Van der Bellen war es in den vergangenen elf Jahren, in denen er an der Spitze der Partei stand, an sich gelungen, die früher teils stark zerstrittene Bewegung zu einen. Waren die Grünen zu Beginn ihrer politischen Aktionen noch als Chaoten verschrien, schaffte es der Wirtschaftsprofessor, die gespaltene Gruppe zu einer politisch anerkannten Kraft zu führen. Einer Kraft freilich, die schön langsam zu überaltern begann wie ihr Spitzenmann selbst.

Am Anfang der Ära standen aber Wahlerfolge: Seit Van der Bellen 1997 an die Spitze kam, ging es bergauf, wenn auch in gemächlichem Tempo. Stand die Partei zu Beginn gerade einmal bei 4,8 Prozent, konnte 1999 der Stimmenanteil auf 7,4 Prozent gesteigert werden. 2002 erreichten die Van der Bellen-Grünen 9,5 Prozent. 2006 kamen sie auf 11,1 Prozent, überholten die FPÖ und wurden drittstärkste Kraft im Land. Es dürfte Van der Bellens größter Erfolg bleiben, seine vielleicht größte Niederlage war das Platzen der schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen 2002.

Unumstritten
Innerparteilich war der humorige Wirtschaftsprofessor lange Zeit zumindest nach außen unumstritten. Schärfere Kritik musste er sich lediglich in regelmäßigem Abstand vom EU-Abgeordneten Johannes Voggenhuber gefallen lassen. Dieser warf dem Grünen-Chef wiederholt vor, sich einen "geheimen Hofstaat mit geheimen Machtzirkeln" geschaffen zu haben, und setzte sich auch nun wieder an die Spitze der Kritiker.

1944 geboren
Van der Bellen wurde am 18. Jänner 1944 in Wien als Sohn einer estnischen Mutter und eines russischen Vaters geboren und ist im Tiroler Kaunertal aufgewachsen. Das Volkswirtschaftsstudium absolvierte er in Innsbruck. Als Wirtschaftsprofessor unterrichtete Van der Bellen sowohl in der Tiroler Hauptstadt als auch in Wien.

Was Van der Bellen auszeichnet ist sein - für Politiker eher ungewöhnlich - offener, überlegter Stil. Seine längeren Nachdenkpausen bei Interviews sind fast schon legendär. Populär machte ihn seine Gabe, auch Andersdenkenden ernsthaft zuhören zu können und sein Humor mit Anflug von Ironie. Auch scheut sich Van der Bellen nicht, seinem Laster in der Öffentlichkeit zu frönen: Ohne Zigarette trifft man den Fußball- und Burgenland-Fan kaum einmal an.

Seine politische Karriere startete Van der Bellen recht spät. Entdeckt wurde der Volkswirtschaftsprofessor vom grünen Urgestein Peter Pilz. 1992 kandidierte er für die Grünen für das Amt des Rechnungshofpräsidenten, 1994 wurde er Nationalratsabgeordneter. Sein Amt als Parteichef trat er 1997 mit dem Ziel an, "die Partei endlich einmal von dieser existenzbedrohenden Vier-, Fünf-Prozent Marke wegzubekommen". Das ist Van der Bellen gelungen. Doch auch ein zweite Ankündigung von damals scheint aus heutiger Sicht fast prophetisch: "Unsere Rolle ist die einer Oppositionspartei. Als solche werden wir wahrgenommen, eine solche sollen wir weiter bleiben."

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