Bildungsministerium

Auch am Protesttag Aufsichtspflicht

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Das Unterrichtsministerium hat wissen lassen, dass die Lehrer auch am Streiktag Aufsichtspflichten haben. Schüler müssen trotz Abwesenheit der Lehrer erscheinen. Die Pädagogen sehen das anders.

In einem Schreiben an die Landesschulräte hat das Unterrichtsministerium im Zusammenhang mit dem für kommenden Donnerstag (23. April) angekündigten Lehrer-Protesttag über die Aufsichtspflicht informiert.

Lehrer müssen betreuen
Demnach haben die Lehrer nicht nur eine Unterrichts- sondern sehr wohl auch eine Aufsichtspflicht. Und die Schüler sind auch an einem Streiktag der Lehrer zum Besuch der Schule verpflichtet.

Schüler müssen erscheinen
Jene Schüler, die demonstrieren, haben mit unentschuldigten Fehlstunden zu rechnen, da es kein Streikrecht für Schüler gibt. Schüler sind schließlich keine Arbeitnehmer, außerdem gilt für sie die Schulpflicht. Auswirkungen auf die Noten hat das nicht, allerdings sind Fehlstunden ein Faktor für die Betragensnote.

Im Folgenden das Schreiben, und somit die Sicht des Ministeriums, im Wortlaut:

"Neben den ihnen obliegenden unterrichtlichen, erzieherischen und administrativen Aufgaben haben Lehrkräfte unter anderem auch Aufsichtspflichten. Gemäß Paragraph 51 Absatz 3 Schulunterrichtsgesetz hat die Lehrkraft nach der jeweiligen Diensteinteilung die Schülerinnen und Schüler in der Schule zu beaufsichtigen. Schulpflichtige Schülerinnen und Schüler sind verpflichtet, die Schule während der vorgeschriebenen Schulzeit regelmäßig und pünktlich zu besuchen. Alle Tage des Unterrichtsjahres, die nicht nach den schulzeitrechtlichen Bestimmungen schulfrei sind (Feiertage, schulautonome Tage, Unbenützbarkeit des Schulgebäudes etc.), sind Schultage. Ein Fernbleiben ist nur im Falle gerechtfertigter Verhinderung zulässig. Über die schulautonomen Tage hinaus sind nur die Schulbehörden berechtigt, einzelne Tage schulfrei zu erklären. Daraus folgt, dass Schülerinnen und Schüler auch an einem Tag, an dem gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen stattfinden, verpflichtet sind, die Schule zu besuchen. Eine Mitteilung an die Eltern, dass kein Unterricht stattfindet, ist demnach rechtswidrig. Schülerinnen und Schüler, die sich trotz einer solchen Mitteilung während der Schulzeit im Schulgebäude einfinden, sind zu beaufsichtigen.

Falls keine Lehrkräfte in der Schule anwesend sind, kann die Beaufsichtigung auch durch andere Personen erfolgen, wenn dies erforderlich und zweckmäßig ist. Diese Personen werden funktionell als Bundesorgane tätig. Die Verantwortung zur Sicherstellung der Aufsichtspflicht liegt jedenfalls bei der Schulleitung. Dieser hat Lehrkräfte oder sonstige geeignete Personen mit der Aufsicht zu beauftragen, wobei ihn im zweiten Fall ein Auswahlverschulden treffen kann. Es ist grundsätzlich für die Beaufsichtigung der Schülerinnen und Schüler bis zum stundenplanmäßig vorgesehenen Unterrichtsende zu sorgen, soweit eine Gefährdung der Schülerinnen und Schüler durch ein vorzeitiges Unterrichtsende zu befürchten ist. Eine Beaufsichtigung kann nur für Schülerinnen und Schüler ab der 9. Schulstufe entfallen. Auf durch Verletzung der Aufsichtspflicht resultierende Haftungsfolgen wird hingewiesen."

Lehrer sind anderer Meinung
Die Lehrergewerkschafter sehen die Sache naturgemäß anders: Für die Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft, Eva Scholik, besteht keine Aufsichtspflicht. Die Protestveranstaltung ist vom ÖGB-Bundespräsidium genehmigt, "damit ist es quasi eine Streikmaßnahme und damit fällt das Weisungsrecht des Dienstgebers weg", meint Scholik. Der Streik sei ein "Menschenrecht", daher könne man den Pädagogen dienstrechtlich auch nichts anhaben.

Auch der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft für BMHS, Jürgen Rainer, betont, dass ein Streik "ein Grundrecht" sei. Außerdem besteht seiner Ansicht nach für Beamte kein Streikverbot.

Verfassungsrechtler skeptisch
Aus der Sicht von Staats- und Verwaltungsrechtler Bernd-Christian Funk drohen allerdings sehr wohl Konsequenzen wegen Verletzung der Aufsichtspflicht: Sollte einem Schüler in der Schule während des Protests etwas zustoßen, seien neben disziplinarrechtlichen auch schadenersatzrechtliche und strafrechtliche Sanktionen möglich.

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