BAWAG-Berufung

"Justizopfer" Elsner kämpft um Freilassung

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Rundumschlag Elsners: "Kriminalfall Flöttl, Krakow, Bandion-Ortner"

Das Rechtsmittelverfahren im BAWAG-Prozess vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) wurde heute Mittwoch von einem Schlussplädoyer des Hauptangeklagten Helmut Elsners geprägt. Der frühere BAWAG-Chef zeigte sich auch nach fast vier Jahren in Untersuchungshaft kämpferisch und verschonte in seinem Rundumschlag weder die frühere BAWAG-Richterin und nunmehrige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, ihren jetzigen Kabinettschef und früheren BAWAG-Staatsanwalt Georg Krakow noch den Spekulanten Wolfgang Flöttl.

Am Donnerstag um 9 Uhr wird der fünfköpfige Senat unter Leitung von Richter Rudolf Lässig die Urteile über Elsner, Johann Zwettler und Peter Nakowitz verkünden.

OGH-Entscheidung: Was ist am Donnerstag zu erwarten ?

Verhandlungsstart im Elsner-Prozess

Heute beginnen die Verhandlungen...

...in der Causa um Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner (75).

Elsner-Schlussplädoyer
In einem knapp eineinhalbstündigem Schlussplädoyer hat der Hauptangeklagte Helmut Elsner wieder einmal schwere Vorwürfe erhoben. "Das ist ein Megaskandal, ein Kriminalfall Flöttl, Krakow, Bandion-Ortner", rief er. Nur einmal während Elsners Rede warnte der Senatsvorsitzende, Richter Rudolf Lässig, den Angeklagten, als Elsner sagt: "Ich kann nachweisen, dass Frau Bandion-Ortner lügt wie gedruckt, wenn sie den Mund aufmacht". Lässig zu Elsner: "Ich lasse Sie gerne reden, aber vielleicht wollen Ihnen Ihre Verteidiger sagen, dass Sie sich nicht zu weit hinauslehnen". Elsner klärte den Richter auf: "Ich lehne mich gerne hinaus". Seine Verteidiger äußerten kein Wort während Elsners Redeschwall.

"Sie ist wahrscheinlich korrupt"
Elsner kreidet der früheren BAWAG-Richterin besonders an, dass sie abgestritten habe mit seinem früheren Anwalt Wolfgang Schubert über eine Enthaftung gegen Kaution gesprochen zu haben. Während Schubert von einer Kontaktaufnahme durch die Richterin kurz vor ihrem Amtsantritt als Ministerin berichtete, bestreitet diese, mit dem Anwalt über die Möglichkeit einer Kaution gesprochen zu haben. "Sie ist wahrscheinlich korrupt, das kann ich nachweisen, das ist protokolliert", sagte Elsner. Er habe Bandion-Ortner und Krakow wegen Amtsmissbrauch angezeigt, der Fall wurde ans Gericht in Leoben verwiesen und dort von der Staatsanwaltschaft eingestellt, dagegen hat Elsner wiederum Rechtsmittel erhoben. Krakow und Bandion-Ortner beschuldigt Elsner der "Vertuschung".

Breitseite gegen Flöttl
Der heute 75-Jährige sitzt seit fast vier Jahren als einziger der BAWAG-Angeklagten hinter Gittern, zahlreiche Enthaftungsanträge wurden abgelehnt. "Dass Flöttl frei herumlauft ist ein Skandal", sagte er. "Bandion-Ortner und Krakow haben mit Sicherheit Amtsmissbrauch begangen, wenn man die Kriterien wie bei mir anlegt müssten sie in Haft sein". Er wolle als einziger die Dinge aufklären. Lobende Worte fand Elsner für seine Frau Ruth, die bei seinem Versuch der Aufklärung mithelfe. Der rechts neben ihm sitzende Mitangeklagte Peter Nakowitz, früher als BAWAG-Generalsekretär seine rechte Hand, wurde von Elsner gleich ganz exkulpiert: "Das ist ein Witz, dass er da sitzt", Nakowitz sei zur fraglichen Zeit gar nicht Vorstand gewesen.

Elsner will hereingelegt worden sein
In der Sache selber wiederholte Elsner seine Argumentation der vergangenen Jahre. Er sei von Wolfgang Flöttl hineingelegt worden. Zunächst habe er dem Sohn seines Vorgängers aber vertraut, weil er eine gute Ausbildung hatte, aus einer "ÖGB-treuen" Familie gekommen sei und der BAWAG durch seine Geschäfte in den Jahren von 1989 bis 1994 mehr als 4 Milliarden Schilling zum Gewinn zugeführt hatte. Daher habe er auch als Generaldirektor die Geschäfte mit Wolfgang Flöttl wieder aufgenommen und vom Aufsichtsrat die Zustimmung erhalten. Flöttl habe aber die Verträge mit der BAWAG verletzt, nur so habe es zum Totalverlust der Gelder kommen können. Außerdem seien von der Aufwertung des Yen, die 1998 zum ersten großen Flöttl-Verlust geführt habe, viele betroffen gewesen.

"Flöttl hat uns bestohlen"
Ein Sachverständiger habe nachgewiesen, dass Flöttl die Verluste mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" gar nicht machen hatte können, sagte Elsner: "Er hat gestohlen, Flöttl hat uns bestohlen!" Der OGH solle diese neuen Beweise würdigen, ersuchte er. Ein Dokument im Akt, wo es um Flöttls Bermuda-Grundstück ging, sei erst jetzt entdeckt worden, so Elsner. Ein Fax an die Staatsanwaltschaft Wien vom 3. April 2006, wonach die Bermuda-Finanzbehörde mitteile, dass Flöttl versuche 21 Mio. Dollar aus Bermuda abzuziehen, weil er die Liegenschaft verkauft habe. "Warum war das nicht im Akt, warum hat das vorher niemand gesehen?" empörte sich Flöttl.

"Angezunden von der Politik"
Auch die öffentliche Stimmung sei gegen ihn gerichtet gewesen, beklagte Elsner. So sei in Leserbriefen bedauert worden, dass es die Todesstrafe nicht gebe. Einer habe gefordert, er solle gevierteilt werden. Die "unglaubliche Vorverurteilung" durch die Medien habe ihm massiv geschadet. Die "perfide Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft", ihn in Frankreich verhaften zu lassen, obwohl er keine Fluchthandlung gesetzt habe, empörte ihn ebenfalls. Und auch die Politik ließ Elsner nicht ungeschoren: "Die ganze Geschichte war angezunden von der Politik", man habe einen Schuldigen gebraucht und ihn gefunden.

Kurze Schlussworte von Nakowitz und Zwettler
Wesentlich kürzer als die Schlussworte von Helmut Elsner fielen die abschließenden Bemerkungen von Johann Zwettler und Peter Nakowitz aus. Zwettler verwies darauf, immer das Wohl der BAWAG im Auge gehabt und 40 Jahre lang "kollegialer Begleiter der Bank" gewesen zu sein. Als die von Wolfgang Flöttl verursachten Verluste bekanntwurden, "war ich zu schwach, um rechtzeitig die Stopptaste zu drücken".

"Die Verluste tun mir persönlich leid", sagte im Anschluss Peter Nakowitz, Elsners ehemalige "rechte Hand", der allerdings erst 2003 in den BAWAG-Vorstand berufen wurde und damit "kein Entscheidungsträger im für das Verfahren maßgeblichen Zeitraum" war, wie er betonte. Während Elsners Zeit als Generaldirektor sei "nie jemand auf die Idee gekommen, mich um meine Meinung zu fragen".
 

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15:40 Uhr: Unmittelbar nach dem Schlusswort von Peter Nakovits zog sich der Senat zur Beratung über die Rechtsmittel zurück. Wie der Vorsitzende Rudolf Lässig ankündigte, wird die Verhandlung am Donnerstag um 9.00 Uhr fortgesetzt.

15:35 Uhr: Zwettler verwies darauf, immer das Wohl der BAWAG im Auge gehabt und 40 Jahre lang "kollegialer Begleiter der Bank" gewesen zu sein. Als die von Wolfgang Flöttl verursachten Verluste bekanntwurden, "war ich zu schwach, um rechtzeitig die Stopptaste zu drücken".

15:20 Uhr: Elsner hatte sich in seinem Schlusswort auch auf Wolfgang Flöttl eingeschossen: Für diesen habe sich die Richterin nicht interessiert. "Flöttl ist ein Verbrecher und Amtsmissbrauch ist auch ein Verbrechen", sagte Elsner heute. Flöttl habe ein Lügengebäude aufgebaut. Schon im Prozess habe er gesagt, er vermute, dass Flöttl gestohlen habe.

14:40 Uhr: Johann Zwettler beginnt seine Schlussworte - er hält sich kurz. Schon wenig später ist Peter Nakovits am Wort.

14:37 Uhr: Die Schlussrede von Helmut Elsner ist zu Ende. Seine Schlussworte sind: "Das Ganze ist Skandal. Es ist ein Kriminalfall Flöttl, Bandion-Ortner und Krakow."

14:30 Uhr: Elsner fordert vor dem OGH: "Bandion-Ortner und Krakow gehören in U-Haft".

14:22 Uhr: Elsner sagt, dass Bandion-Ortner lügt wie gedruckt. Daraufhin unterbricht der Vorsitzende des OGH-Senats Elsner: „Herr Elsner, es ist ihr gutes Recht hier zu sprechen, aber vielleicht sollten ihre Anwälte sie darauf hinweisen, dass sie sich hier nicht zu weit raus lehnen." Elsner kontert: „Ich kann es beweisen, dass sie lügt.“

14:17 Uhr: Dann verteidigt Elsner seinen Mitangeklagten Nakovits. "Das ist ein Witz, dass Nakovits auf der Anklagebank sitzt."

14:06 Uhr: Elsner behauptet vor dem OGH, dass Flöttl ein Verbrecher ist. Dieser habe das Geld gestohlen.

13:59 Uhr: Elsner beschuldigt auch vor dem OGH seine Ex-Richterin Claudia Bandion-Ortner und  seinen Ex-Staatsanwalt Georg Krakow des Amtsmissbrauchs.

13:52 Uhr:  Dann erzählt Elsner wie die Geschäfte entstanden sind und warum die Bank nie ins "Casino" gegangen ist, wie der Staatsanwalt beim Prozess behauptet hat.

Verhandlungsstart im Elsner-Prozess

Heute beginnen die Verhandlungen...

...in der Causa um Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner (75).

13:42 Uhr: Elsner bedankt sich für den Einsatz seiner Frau, die dafür kämpft, dass seine Reputation wieder hergestellt wird.

13:40 Uhr: In seiner Rede entschuldigt sich Elsner dafür, dass er im Trainingsanzug vor den OGH tritt. Aber er habe in der Haft 22 Kilo zugenommen und ihm passe nun kein Anzug mehr. Es sei kein Zeichen des Protests, obwohl er sehr wohl gegen seine lange U-Haft protestiere.

13:20 Uhr: Helmut Elsner bekommt vom Höchstrichter das Schlusswort erteilt.

12:27 Uhr: Der Vertreter der Generalprokuratur erhält das Wort.

12:25 Uhr: Dr. Michael Brand, Anwalt der Gambit Privatstiftung (Elsner Stiftung), hält seine Rede.

12:22 Uhr: Die Verhandlung geht weiter. Johann Zwettler und Peter Nakovits sitzen schon auf ihren Plätzen. Sie warten auf Helmut Elsner. Elsner  wird aus dem Nebenzimmer zu seinem Platz geführt. Ruth Elsner nimmt in der dritten Reihe Platz.

11:52 Uhr: Die Verhandlung ist bis 12:15 Uhr unterbrochen. Helmut Elsner wird in eine Nebenzimmer geführt und darf dort kurz seine Frau treffen.

11:51 Uhr: Die Tochter von Helmut Elsner verlässt die Verhandlung, weil sie ihre Kinder von der Schule abholen muss.

11:45 Uhr: Der Nakovits Anwalt hält eine sehr emotionale Rede. Er stellt die Frage in den Raum, wie man bei den drei Angeklagten vom Schädigungsvorsatz ausgehen kann, wenn sie die Geschäfte und Kredite mit dem gesamten Flöttl-Vermögen absichern haben lassen.

11:39 Uhr: Der Anwalt bedankt sich zuerst bei der Generalprokuratur für die ausgezeichnete Arbeit, die Mängel im Bawag-Urteil aufzuzeigen.

11:33 Uhr: Der Verteidiger vom 3. Angeklagten Peter Nakovits beginnt seine Gründe für die Nichtigkeitsbeschwerde vorzutragen.

11:24 Uhr: Ruth Elsner erklärte vor der Verhandlung, ihr Mann wolle unbedingt heute ein Schlusswort sprechen obwohl er gesundheitlich schwer angeschlagen sei. Er sei "weiterhin kämpferisch".

11:05 Uhr: Auch Elsners Tochter Marie-Therese ist heute anwesend. Vor der Verhandlung gab es für die Tochter einen schnellen Kuss.

10:47 Uhr: Jetzt beginnt der Anwalt von Johann Zwettler mit seinem Plädoyer.

10:43 Uhr:  Mertens erklärt, dass eine solange U-Haft, sonst nur bei Kriegsverbrechern vorkommt. Die lange U-Haft muss insgesamt strafmindernd wirken.

10:38 Uhr: Anwalt Jörg Stefan Mertens spricht jetzt darüber, warum das Strafmaß für Helmut Elsner zu hoch ist.

10:34 Uhr: Nach zwei Minuten bittet der Anwalt um eine kurze Pause, weil ihm schwindelig ist. Er isst einen Traubenzucker und setzt sein Plädoyer fort.

10:30 Uhr: Der 3. Elsner Anwalt, Jörg Stefan Mertens, beginnt sein Plädoyer.

© Reuters
Das erste Foto von Elsner am Verhandlungstag. Hier mit seiner Frau Ruth. (c) Reuters

10:19 Uhr: Elsner trägt einen grauen Sweater, einen hellblauen Pulli, dunkelblaue Trainingshosen und dunkelblaue Hausschuhe.

10:12 Uhr: Der zweite Elsner Anwalt Prof. Peter Lewisch beginnt sein Plädoyer. Er führt aus, warum die Untreue-Punkte fallen sollen.

10:01 Uhr: Im Vorfeld war es zu einem Vorsitzwechsel im Senat des OGH gekommen, um einen Anschein von Befangenheit zu vermeiden: Senatspräsident Thomas Philipp wurde wegen möglichen Zweifels an seiner Unparteilichkeit vom Verfahren ausgeschlossen.

09:47 Uhr: Der erste Anwalt Elsners, Andreas Stranzinger, beginnt die Nichtigkeitsbeschwerde vor den Höchstrichtern vorzutragen.

09:45 Uhr: Rund 100 Menschen befinden sich im Gerichtssaal, ein paar Plätze in den hinteren Reihen bleiben frei.

09:40 Uhr: Die Ehefrau von Helmut Elsner, Ruth Elsner, zeigte sich vor Verhandlungsbeginn zuversichtlich, dass der OGH "ein weises Urteil" sprechen werde.

09:33 Uhr: Noch fasst die Berichterstatterin zusammen "was bisher geschah".

09:28 Uhr: Das Medieninteresse ist gewaltig. Der Justizpalast wird von Journalisten belagert.

09:15 Uhr: Die anderen zwei Angeklagten, Zwettler und Nakowitz, erscheinen im Anzug vor Gericht.

09:10 Uhr: Der Ex-Bawag-Boss trägt Pullover und eine Trainingsjacke.

09:07 Uhr: Elsner nimmt im Verhandlungssaal sofort am Tisch für den Angeklagten Platz.

09:05 Uhr: "Kein Interview", ruft einer der Wachleute zu den Journalisten.

09:03 Uhr: Vier Sicherheitskräfte versuchten den 75-jährigen vom Blitzlichtgewitter abzuschirmen.

09:00 Uhr: Helmut Elsner wird  von Sicherheitsbeamten in den Verhandlungssaal beim OGH geführt.

Ablauf Das Protokoll liest sich wie ein pompöser Staatsakt. Um 8.50 Uhr werden die Angeklagten Helmut Elsner (in Begleitung von Justizwachebeamten), sein Nachfolger Johann Zwettler und Ex-Vorstand Peter Nakovits den Saal betreten. Um 9.00 Uhr folgt der sogenannte "Aufruf der Sache". Anschließend fasst der "Berichterstatter" das bisherige Geschehen zusammen. Dann wird es zum ersten Mal spannend. Die Rechtsanwälte bringen die Einwände dar, danach redet die Generalprokurator. Anschließend dürfen die Angeklagten das Schlussplädoyer vor den fünf Höchstrichtern halten.

Rede Höhepunkt ist heute der Auftritt von Helmut Elsner. Er plant eine Brandrede für seine Freiheit. Im einfachen Pulli und mit legerer Hose wird er vor die Höchstrichter treten, weil ihm seine Anzüge nicht mehr passen. Danach ziehen sich die Höchstrichter zurück. Am Donnerstag, einen Tag vor Weihnachten, um 9.00 Uhr wird das Urteil der OGH verkündet. Danach könnte Elsner frei gehen. Und was macht dann Bandion-Ortner?

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