Familienrechtsreform

Berger will Beratungspflicht bei Scheidungen

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Die Ehepartner sollen über die juristischen Folgen aufgeklärt werden. Und nach dem Inzestfall Amstetten werden Adoptionen genauer geprüft.

SPÖ-Justizministerin Maria Berger will bei einvernehmlichen Scheidungen eine Beratungspflicht einführen. Beide Parteien sollen über die Folgen der Scheidungsvereinbarung - die häufig die Frauen benachteiligt - informiert werden. Dieses Vorhaben findet sich im dritten Teil der Familienrechtsreform, den Berger jetzt in Begutachtung gegeben hat.

Beschluss noch vor dem Sommer
Nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz und dem Gewaltschutzgesetz legt Berger nun ihre Pläne für das Familienrechts-Änderungsgesetz 2008 vor. Die Reform wurde gemeinsam mit dem Familienministerium erarbeitet. Laut Arbeitsplan der Regierung soll das gesamte Paket vor der Sommerpause in den Ministerrat kommen, so dass es am 1. Jänner 2009 in Kraft treten kann.

Moderner und flexibler
Der dritte Teil enthält Neuerungen in verschiedenen Bereichen: Unterhaltsvorschussverfahren sollen beschleunigt, Stiefeltern in Patchwork-Familien in die Obsorge für die Kinder einbezogen, Diskriminierungen für Lebensgefährten beseitigt und Auslandsadoptionen sicherer gemacht werden. Auch die - angesichts des Falls Josef Fritzl besonders aktuelle - verpflichtende Einholung eines Strafregisterauszuges bei Adoptionen findet sich in dem Entwurf.

Rechtshilfe kostet 50 Euro
Die verpflichtende Beratung bei einvernehmlichen Scheidungen (jährlich rund 17.900) soll verhindern, dass (vor allem) Frauen über den Tisch gezogen werden. Wenn sie sich keinen Rechtsanwalt leisten können, werden sie durch die Scheidungsvereinbarungen oft schwer benachteiligt. Deshalb sollen künftig beide Partner (getrennt oder gemeinsam) von einem Rechtsanwalt, Notar oder Familienberater über die Folgen für die Sozialversicherung, Pensionsansprüche u.ä. aufgeklärt werden. Die Kosten sollen die Parteien selbst tragen; laut Justizministerium machen sie rund 50 Euro aus. Für strittige Verfahren ist die Pflichtberatung nur für den Kläger vorgesehen.

Unterhaltsvorschuss sofort
Auch Probleme mit dem Unterhalt für Kinder nach der Scheidung will Berger mit ihrem Entwurf mildern. Das Unterhaltsvorschussverfahren soll schneller gehen: Sobald ein Unterhaltstitel besteht und der Exekutionsantrag eingebracht ist, sollen die Alleinerzieherinnen das Geld bekommen - ohne wie bisher das oft lange Verfahren abwarten zu müssen. Unterhaltsvorschuss wird vom Bund (vom FLAF) bezahlt, wenn der verpflichtete Elternteil den Unterhalt nicht zahlt, obwohl er leistungsfähig ist. Bei mangelnder Leistungsfähigkeit des Schuldners sind die Länder zuständig. Abhilfe werde hier die "Bedarfsorientierte Mindestsicherung" bringen, wird im Justizministerium betont.

Rechte und Pflichten für Stiefeltern
Für Patchworkfamilien will Berger mehr Rechtssicherheit. Bisher ist das Verhältnis zwischen Stiefeltern und -kindern im ABGB nicht geregelt; Stiefeltern haben keinerlei Pflichten und Rechte. Künftig soll die eheliche Beistandspflicht der Ehegatten auf Unterstützung bei den elterlichen Aufgaben erweitert werden - und Partner, die mit einem Elternteil zusammenwohnen, sollen dem Kind gegenüber eine Beistandspflicht haben. Verheiratete Stiefeltern sollen das Recht bekommen, wenn nötig den leiblichen Elternteil zu vertreten (etwa bei der Zustimmung zu einer Behandlung im Krankenhaus). Bisher war das nur mit einer Vollmacht möglich. Die Rechte des leiblichen Elternteils sollen nicht geschmälert werden.

Adoptionen ausländischer Kinder neu
Ein weiterer Problembereich im Familienrecht sind Auslandsadoptionen - wie jüngst am Fall der vom Wiener Adoptionsverein "familiy for you" vermittelten äthiopischen Kinder zu sehen war, wo sich erst nachträglich herausstellte, dass Alter und Namen gefälscht waren und es sich nicht um Geschwister handelte. Um solche Fälle künftig zu verhindern, sieht Bergers Entwurf ein Anerkennungsverfahren für ausländische Adoptionsentscheidungen vor. Es soll aber nicht zwingend, sondern nur in Problemfällen durchgeführt werden. Wenn z.B. beim Justiz- und Familienministerium akkreditierte Vermittler involviert waren, wird davon ausgegangen, dass die Frage des Kindeswohls mit der gebotenen Sorgfalt beurteilt wurde.

Konsequenz aus Inzestfall
Ob die Adoption dem Wohl des minderjährigen Kindes entspricht, muss das Gericht auch bei inländischen Adoptionen ermitteln. Dafür muss künftig auch eine Strafregister-Auskunft für die potenziellen Adoptiveltern eingeholt werden - auch bei Adoptionen innerhalb der Familie, also z.B. durch die Großeltern.

Neue Rechte für Homo-Paare
Für heterosexuelle Lebenspartner wird es zwar keine eingetragene Partnerschaft geben - das Lebenspartnerschaftsgesetz bezieht sich nur auf Homosexuelle -, aber Diskriminierungen will Berger abbauen. So soll es Übertragungsrechte im Mietrecht und das Recht, sich in Zivilprozessen der Zeugenaussage zu entschlagen, geben.

Schließlich werden überholte Regelungen zum Ehepakt im ABGB beseitigt: Heiratsgut, Morgengabe oder Witwengehalt werden aus dem Gesetz gestrichen.

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