ÖVP-Parteifreunde

Berlakovich unzufrieden mit Mitterlehner

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Der Grund ist der Aktionsplan für erneuerbare Energien. Der Umweltminister hält den Plan des Wirtschaftsministers für zu wenig ambitioniert.

ÖVP-Umweltminister Nikolaus Berlakovich hält den "Nationalen Aktionsplan" seines Parteikollegen, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, für "nur wenig ambitioniert und mutlos". Der NAP für erneuerbare Energien ist am Donnerstag der EU-Kommission übermittelt worden. Vor allem versteht Berlakovich nicht, "warum der Biomasse nicht die Kraft zuerkannt wird, die in ihr steckt".

Die Ökoenergiebranche hält den Plan für "inakzeptabel" und informiert die EU-Kommission über das "tatsächliche" Ökoenergie-Potenzial Österreichs, Unterstützung bekommen sie von den Grünen. Industrie und Wirtschaft hingegen freuen sich über den NAP und loben ebenso wie die E-Wirtschaft dessen Realismus. Die E-Control warnte vor allzu ehrgeizigen - weil teuren - Zielen.

Biomasse sichert meiste Jobs
Berlakovich bekennt sich eindeutig zu Wasserkraft, allerdings komme es auf den Energiemix an. Für die österreichische Energiepolitik sei für ihn nach wie vor die Energiestrategie ausschlaggebend, so der Umweltminister. Wie Berlakovich findet es auch Heinz Kopetz, Vorsitzender des Biomasse-Verbandes, "unverständlich, dass ausgerechnet jener Sparte der erneuerbaren Energieerzeugung, die die meisten Arbeitsplätze sichert und in der die heimische Technologie weltweit an der Spitze steht, eine Statistenrolle zugeschoben wird."

Die Papierindustrie vermisst vor dem Hintergrund der zunehmenden Holzimporte Österreichs im Bereich Biomasse ein "fundiertes Strategiekonzept zur Holzversorgung" , so Austropapier-Geschäftsführer Oliver Dworak. Dabei müsse der künftige Holzbedarf für die stoffliche und die energetische Verwertung berücksichtigt werden.

"Skandalös niedrige" Zahlen
Aus Sicht der Ökoenergieverbände und des oberösterreichischen Umweltlandesrats Rudi Anschober (Grüne) könnte der Alternativenergie-Anteil am Gesamtenergiemix bis 2020 statt auf 34 % auf 50 % erhöht werden. "Das Ziel, den Ausbau erneuerbarer Energie von 4,4 % in drei Jahren (so geschehen von 2005 bis 2008) auf 5,4 % in zehn Jahren (bis 2020) zu verlangsamen, ist für die Verbände in keinerlei Hinsicht begründbar", so der Verband Austria Solar. Die Übermittlung der "unrealistischen" NAP-Zahlen nach Brüssel untergrabe die Glaubwürdigkeit Österreichs als führendes Umwelttechnologieland, weswegen die Branche der EU-Kommission einen eigenen Bericht schicken will, damit sie die Regierungspläne besser beurteilen könne. Laut Anschober sind die NAP-Zahlen nicht nur "skandalös niedrig", sondern führen auch zu einer "radikalen Verlangsamung des Umstiegstempos weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energieträgern".

Industrie ortet "Kraftakt"
Anders sieht das freilich die Industrie, aus deren Sicht bereits das 34-Prozent-Ziel sowie die Vorgabe, die Treibhausgase um 16 Prozent zu reduzieren, einen "politischen und gesellschaftlichen Kraftakt bis zum Jahr 2020" darstellen. Österreich habe eine lange Tradition in der Nennung ambitionierter Klima- und Energieziele, die zu hohen volkswirtschaftlichen Kosten führten, verwies auch Veit Sorger, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), auf das Kyoto-Ziel. "Wir tun gut daran, uns nicht aufgrund leicht durchschaubarer Motive einzelner Branchen das nächste unerreichbare Ziel einzutreten." Das nun vorliegende Dokument sei aber "bei weitem kein Papier der Industrie", betonte Sorger jedoch. Dennoch werde es von der IV akzeptiert. Man würdige sowohl die "zugrundeliegende fachliche Umsetzung der Energiestrategie als auch die wiederholte Einbindung alle Stakeholder".

Auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl begrüßt das "Augenmaß und den Realismus" des NAP. Nun müsse die im März vorgelegte Energiestrategie Schritt für Schritt umgesetzt werden. Erneut sprach sich der WKÖ-Chef für das rasche Vorantreiben der thermischen Sanierung aus. "Die Forcierung von erneuerbaren Energien muss Hand in Hand gehen mit zusätzlichen Impulsen, die den Aufschwung unterstützen." Bei der bereits vor Monaten angekündigten Neuauflage der thermischen Sanierung dürfe nicht weiter aufgeschoben werden.

Aus Sicht der E-Wirtschaft ist das Bekenntnis zur Wasserkraft im NAP naturgemäß "besonders erfreulich", so Wolfgang Anzengruber, Präsident von Oesterreichs Energie. Ebenso lobte der Spitzenvertreter der Strombranche die "realistischen Ansätze" des Pflichtberichts. Die heute präsentierten Ziele seien erreichbar und im Bereich Wasserkraft durch Projekte abgesichert. Weiter gehende Forderungen nach einer Übererfüllung der EU-Vorgaben müssten nicht nur mit Potenzialen, sondern auch mit entsprechenden Fördergeldern hinterlegt werden.

Österreichs Energie-Regulator sieht die Schwerpunkte im NAP richtig gewählt. Die Senkung bzw. Stabilisierung des Energieverbrauchs sei die größte Herausforderung für Österreich, so E-Control-Chef Walter Boltz, der in diesem Zusammenhang erneut die Vorzüge der intelligenten Stromzähler (Smart Meters) pries. Ambitionierteren Zielen als von der EU vorgegeben erteilte Boltz eine Absage. Ein Erneuerbarer-Anteil von 50 Prozent bis 2020 wäre nicht finanzierbar und jetzt in der Krise eine falsche Schwerpunktsetzung. Viele dieser "unrealistischen Hochrechnungen" gingen auch von stark steigenden Rohstoff- und Strompreisen aus, die dann zu geringerem Subventionsbedarf für Erneuerbare führen würden. "Die letzten Jahre haben aber gezeigt, dass Rohstoffpreise und damit Strompreise auch wieder stark fallen können, und dann würde der Subventionsbedarf nochmals massiv ansteigen."

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