BND-Spionage in Österreich

Deutsche Regierung zu Abhör-Skandal: "Das geht gar nicht"

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Erste Reaktion von deutscher Seite - Regierungssprecher bemüht berühmtes Merkel-Zitat.

Die deutsche Bundesregierung hat sich von den kolportierten umfassenden Spionageaktionen des Bundesnachrichtendienstes (BND) distanziert. Die Absage von Kanzlerin Angela Merkel an gegenseitige Spionage unter befreundeten Staaten gelte weiter, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Merkel hatte im Oktober 2013 betont: "Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht."

Seibert betonte die Freundschaft Deutschlands zu Österreich. "Österreich ist ein guter Freund unseres Landes, und wir sind hoffentlich auch gute Freunde der Österreicher", sagte er. Im Übrigen gehörte Wirtschaftsspionage weder in der Vergangenheit noch gehöre es heute zu den Aufgabengebieten des BND.

Zu aktuellen Vorwürfen keine Stellung genommen

Zu den aktuellen Vorwürfen gegen den BND wollte er keine Stellung nehmen. Prinzipiell gebe die Regierung entsprechende Auskünfte nur den dafür vorgesehenen Gremien wie dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags. Dieses hatte bereits am Wochenende angekündigt, sich mit den neuen Vorwürfen befassen zu wollen. Kommende Woche könnte dazu auch eine Sondersitzung des Ausschusses stattfinden, sagte PKG-Vorsitzender Armin Schuster den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
 
Der BND soll Medienberichten zufolge zwischen 1999 und 2006 systematisch die Telekommunikation zentraler Einrichtungen in Österreich überwacht haben. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatten am Samstag in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz "volle Aufklärung" von Deutschland verlangt, die Staatsanwaltschaft Wien kündigte ein Rechtshilfeersuchen an Deutschland an. Laut Kurz blieben vor vier Jahren erste Ermittlungen in der Causa ohne Erfolg, weil die deutsche Justiz nicht kooperiert habe.

Kurz: "Haben auch eine Erwartungshaltung"

"Wir sind guter Dinge, dass Deutschland bereit sein wird, diese Vorwürfe aufzuklären und Transparenz zu schaffen", sagte Kurz. Dies sei "auch eine Erwartungshaltung". Van der Bellen wollte auf Frage der APA nicht über mögliche diplomatische Maßnahmen gegen Deutschland spekulieren, äußerte sich aber scharf über die Spionageaktivitäten, die "unerwünscht" und "inakzeptabel" seien und "auf Dauer das Vertrauen zwischen den Staaten infrage stellen" würden.
 
Der Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling, sagte, die Berichte über die BND-Aktivitäten seien "nicht neu". Nach Aufdecken der NSA-Affäre durch Edward Snowden seien die Aktionen bekannt geworden. "Die Regierung hat das auch gewusst", sagte Gridling am Montag im Ö1-Morgenjournal. Strafanzeige sei erstattet worden.
 
Neu sei allerdings im Vergleich zum Informationsstand 2013/2014, dass nun 2.000 konkrete Ausspähziele bekannt geworden seien. Es seien nicht nur österreichische Ziele betroffen, sondern auch europäische Institutionen und Bürger, sagte Gridling.
 
Die Ermittlungen damals nach dem Bekanntwerden der Affäre hätten "sehr lange gedauert", mangels Unterstützung durch die Deutschen hätten sie aber nicht abgeschlossen werden können. Es gab zahlreiche Kontakte dazu, berichtete Gridling, auch mit dem BND-Präsidenten. Den Ermittlern wurde demnach gesagt, dass es eine politische Entscheidung gewesen sei, die durch das deutsche Kanzleramt getroffen wurde.
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