"Beihilfen koppeln"

Deutschkurs oder "Aus" für Kindergeld

Teilen

ÖaaB-Chef Michael Spindelegger präsentiert in ÖSTERREICH erstmals sein neues Bildungskonzept. Und löst damit wilde Debatten aus.

Vergangene Woche war Michael Spindelegger als VP-Außenminister auf Tour im Nahen Osten. Diese Woche setzt er nun als ÖAAB-Chef - als Obmann des schwarzen Arbeitnehmerflügels - einen Paukenschlag. Im ÖSTERREICH-Interview stellt er nun erstmals sein neues Bildungskonzept vor, das wohl der Aufreger der Woche werden wird.

Denn der schwarze Spitzenpolitiker mit Bestwerten in allen Umfragen möchte jetzt "verpflichtende Deutschkurse" für alle Kinder einführen.

ÖVP plant neue Deutschkurse & Strafen
Spindelegger beruft sich auf eine neue Studie, nach der jedes dritte Kind mit Migrationshintergrund Lesemängel habe. Das sei ein "ernstes Problem". Und daher will der VP-Minister nun Sanktionen einführen: Sollten die Familien die angebotenen Deutschkurse für ihre Kinder nicht in Anspruch nehmen, sollen sie die Sozialleistungen verlieren.

Konkret würden das Kindergeld und die Familienbeihilfen gestoppt werden. Und das soll nicht nur Kinder im Vorschulalter, sondern auch ältere Kinder mit Deutschmängeln betreffen. Diese Pläne will Spindelegger mit Koalitionspartner SPÖ diskutieren. VP-Obmann Josef Pröll unterstützt seinen Minister naturgemäß.

Die SPÖ wird hingegen weniger Freude mit den verpflichtenden Deutschkursen für alle haben. Dafür kommt Spindelegger SP-Bildungsministerin Claudia Schmied bei einem anderen Thema nun entgegen: Er "unterstütze Schmieds Pläne einer Ganztagsschule", sagt der VP-Arbeitnehmerchef.

Bei der Regierungsklausur am kommenden Montag in Graz will die Koalition jedenfalls einen erneuten Anlauf für die neue Schule startenÖaaB-Chef Michael Spindelegger präsentiert in ÖSTERREICH erstmals sein neues Bildungskonzept. Und löst damit wilde debatten aus.

ÖSTERREICH: Sie erarbeiten als ÖAAB-Obmann ein neues Bildungskonzept. Sie sollen einige Neuerungen vorhaben. Sie haben neue Vorschläge im Bereich Schule und Integration, oder?
Michael Spindelegger: Ja. Eine der Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, ist die Integration der Zuwanderer, der "neuen Österreicher". Da gibt es gerade im Bildungsbereich Handlungsbedarf.
ÖSTERREICH: Zum Beispiel?
Michael Spindelegger: Uns liegt eine Studie vor, wonach zwölf Prozent unserer Schüler ein Problem mit Sinn erfassendem Lesen haben. Bei den Kindern mit Migrationshintergrund sind es 36 Prozent. Das heißt, jedes dritte Kind nicht deutscher Muttersprache kann nicht richtig lesen. Das ist besorgniserregend. Denn diese Probleme ziehen sich dann von der Schule über die Ausbildung hin zum Beruf. Wir müssen diese Schwierigkeiten, die eine Herausforderung für unsere Gesellschaft darstellen, an der Wurzel anpacken.
ÖSTERREICH: Was wollen Sie gegen diese Leseprobleme von Kindern mit Migrationshintergrund machen?
Spindelegger: Wir brauchen verpflichtende Deutschkurse für Vorschulkinder.
ÖSTERREICH: Aber diese Deutschkurse gibt es schon...
Spindelegger: Ja, aber bislang nur auf freiwilliger Basis. Das Angebot wurde von Migrantenfamilien, deren Kinder diese Kurse am meisten benötigen würden, nicht ausreichend aufgegriffen. Daher brauchen wir jetzt eine Verpflichtung, um diese Sprachprobleme zu vermeiden. Zugleich müssen wir auch das Kursangebot verbessern.
ÖSTERREICH: Was passiert, wenn die Familien mit Migrationshintergrund diese Deutschkurse für ihre Kinder nicht in Anspruch nehmen? Soll es dann Sanktionen geben? Und betrifft das nur Vorschulkinder?
Spindelegger: Wenn die Deutschkurse auf freiwilliger Basis nicht greifen, müssen sie verpflichtend sein. Einerseits für Kinder im Vorschulalter. Andererseits muss das auch für Kinder gelten, die zu einem späteren Zeitpunkt ins Schulsystem eintreten und damit noch größere Sprachprobleme haben. In diesem Fall muss es eine Nachmittagsbetreuung mit Deutschunterricht geben. Diese verpflichtenden Deutschkurse sollte man an Sozialleistungen koppeln.
ÖSTERREICH: Das heißt, wenn sie nicht angenommen werden,verlieren die Familien die Beihilfen?
Spindelegger: Das muss gekoppelt sein, ja.

Interview: Isabelle Daniel

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.