Blockade gegen SPÖ

Die Stichel-Koalition

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Offiziell mimt man Harmonie. Hinter den Kulissen setzt es Nadelstiche für die SPÖ.

Nein, er sei nicht der „heimliche“ Regierungschef, sagt VP-Vizekanzler Josef Pröll dieser Tage gerne. Und es ist auch sicher reiner Zufall, dass er am Dienstag bei der gemeinsamen Ministerrats-Pressekonferenz mit SP-Bundeskanzler Werner Faymann mal gelangweilt nach links, dann wieder nach oben geschaut hat.

Nein, die ÖVP will die derzeit angeschlagene SPÖ nach dem roten Wahldebakel in Oberösterreich „ganz sicher nicht provoziere“, beteuern alle Schwarzen.

Wirklich nicht?
Hinter den Kulissen werden freilich ganz andere Pläne ausgeheckt. Da will die ÖVP vielmehr in den kommenden Wochen nur allzu deutlich zeigen, dass „wir die wichtigen Ressorts in der Regierung haben“, wie VP-Generalsekretär Fritz Kal­tenegger es nennt.

Schwarze Politik der kleinen Nadelstiche
Die ÖVP will die SPÖ zwar nicht mit Kinnhaken, dafür aber mit einer Politik der kleinen Nadelstiche malträtieren:

  • Eigentlich sollten sich SPÖ und ÖVP noch dieses Jahr auf ein gemeinsames ORF-Gesetz einigen. Doch die ÖVP beharrt nun wieder auf ein Werbeverbot für den ORF in der Primetime, wie VP-Klubchef Karlheinz Kopf in ÖSTERREICH erklärte.
  • Die ÖVP weiß, dass die SPÖ dringend einen Erfolg bei der Bildungsreform braucht. Doch ein VP-Mann kündigt an: „Mit ihrem neuen Lehrer-Dienstrecht wird Claudia Schmied auf Granit beißen.“
  • VP-Finanzminister Josef Pröll sitzt zudem in Sachen Sparpaket und Budgetaufteilung am längeren Ast: Er kann bei der SPÖ-Klientel sparen und SP-Ressorts beschneiden.
  • Und natürlich bestimmt ja auch noch die ÖVP den nächsten EU-Kommissar und besteht derzeit wieder auf den für die SPÖ äußerst unangenehmen Ex-VP-Chef Wilhelm Molterer.

Die ÖVP plant zudem einen äußerst schmerzhaften Coup für die SPÖ: Sie will sich ab jetzt verstärkt um die Arbeitnehmer kümmern. Ab Ende November starten die Schwarzen ihre Debatten zum neuen VP-Grundsatzprogramm – und das bedeutet weitere Nadelstiche.

1. Ministerrat nach dem Debakel: Keine Beschlüsse, aber eine – laut Kanzler – geschlossene SPÖ.

Ganze fünf Tagesordnungspunkte umfasst das Ministerrats-Kommuniqué vom Dienstag. Einige Doppelbesteuerungsabkommen und eine Neubesetzung im Umweltsenat – nach 45 Minuten ist Schluss, gut gelaunte VP-Minister gehen ab. „Wir haben eine umfangreiche Tagesordnung abgearbeitet“, scherzt ÖVP-Wirtschaftsminister Mitterlehner.

Die schmale Tagesordnung dürfte auch Kanzler Faymann peinlich sein. „Es ist ganz klar, dass es jetzt ein gewisses Loch gibt nach der inhaltlich dichten Regierungsklausur", soll er entschuldigend gesagt haben, berichten Sitzungsteilnehmer.

Danach beschwört Faymann die „gute Arbeit der Regierung“ und versichert, dass es kein Problem gebe, solange die SP geschlossen sei: „Wenn ich geschlossen meine, dann über 80 %.“ Er verteidigt auch den Verbleib von OÖ-SP-Chef Haider.

Ronny Hollenstein, Kommunikationsexperte von ic2 concepts & trainings analysiert für ÖSTERREICH die Fotos des Ministerrates: „Pröll macht den Eindruck, als denke er an etwas anderes, während Faymann bemüht ist, durch klare Gesten (geschlossene Finger, dominante Daumenhaltung) einen Inhalt zu kommunizieren.“

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