Budget

EU-Finanzgipfel vor dem Scheitern

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Skepsis von Faymann und Merkel über Einigung - Cameron schweigsam.

Der erste Anlauf für die EU-Finanzplanung von 2014 bis 2020 im Umfang von rund einer Billion Euro bei einem Sondergipfel in Brüssel steht vor dem Scheitern. Der britische Regierungschef David Cameron bezeichnete den Kompromissvorschlag von Van Rompuy am Freitag als ungenügend. Auch Bundeskanzler Werner Faymann (S) sagte in Brüssel, es gebe noch keinerlei Anzeichen für eine Einigung.

Scheitern erwartet
Es gebe keine Garantie dafür, dass der Gipfel mit einem Ergebnis endet, sagte Faymann. "Es wäre schon eine riesige Unterstützung, wenn endlich gesagt wird: Wir wollen ein Ergebnis, und zwar nicht ein jährliches, sondern eines mit einer gewissen Verlässlichkeit für sieben Jahre." Faymann forderte mehr Kompromissbereitschaft und kritisierte Vetodrohungen. "Ich hoffe, dass diese Diskussion heute dazu führt dass die Keulenschwinger die Keule wieder einpacken."

"Es ist wahrscheinlich, dass es heute zu keiner endgültigen Beschlussfassung kommt", sagte der dienstälteste Regierungschef der EU, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker.

Stolpersteine
Bereits in der Nacht hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Zweifel über einen Erfolg des EU-Finanzgipfels geäußert. Der Gipfel, der am Donnerstag in Brüssel begann, werde "wahrscheinlich kein Ergebnis" bringen. Vielmehr dürfte es eine "zweite Etappe" geben, sagte sie. Auch Frankreichs Staatschef Francois Hollande sagte, es sei "am wahrscheinlichsten", dass es keine Einigung geben werde.

Der Ausgabenrahmen innerhalb des EU-Finanzrahmens bleibt nahezu unverändert gegenüber dem vorherigen Kompromisstext Van Rompuys bei 972 Milliarden Euro in Verpflichtungsermächtigungen, das sind 1,01 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung. Inklusive aller Programme, die auch außerhalb des Finanzrahmens budgetiert sind, liegt das Volumen der Verpflichtungsermächtigungen bei rund 1,01 Billionen Euro.

   Die Kürzungen gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission blieben damit stabil bei insgesamt 80,7 Milliarden Euro. Real läge der Finanzrahmen damit um gut 20 Milliarden Euro unter dem derzeitigen für die Periode 2007 bis 2013. Dies geht laut Diplomaten neben Großbritannien auch Deutschland, den Niederlanden und Schweden nicht weit genug.

Umschichtungen
Van Rompuys aktueller Vorschlag sieht Umschichtungen vor, die Kürzungen bei den Agrarhilfen und Strukturgeldern wurden gegenüber seinem vorherigen Entwurf auf Kosten der Forschung, Infrastruktur, Verkehr und anderen Wachstums-fördernden Bereichen geringer ausfallen. Spezielle Zuweisungen würden demnach auch für die ländliche Entwicklung fixiert werden. Bundeskanzler Faymann sagte, statt einer Kürzung von 4,1 auf 2,9 Milliarden Euro bei der ländlichen Entwicklung seien dann "700 Millionen Euro zusätzlich für Österreich vorgesehen".

   Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (V) erklärte, die heimischen Bauern seien weiter bedroht, auch mit den 700 Mio. Euro fehle eine halbe Milliarde Euro. "Wir wollen noch mehr Geld und auch die 700 Mio. Euro sind noch abzusichern", sagte er der APA.

   Faymann erklärte, er habe die Forderung nach einem Beitragsrabatt für Österreich bekräftigt. "Zu sagen, der Rabatt bleibt für alle außer Österreich, das akzeptieren wir nicht." FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz Christian Strache forderte den Bundeskanzler in einer Aussendung auf, sich jetzt dafür einzusetzen, dass die Finanztransaktionssteuer in allen 27 EU-Staaten schon 2014 eingeführt wird.

   Aus dem Umfeld Van Rompuys hieß es, der Ratspräsident habe nach seinem jüngsten Vorschlag vergangene Nacht keinen weiteren Entwurf unterbreitet. Von der Beratung der Gipfelrunde hänge es nunmehr ab, ob Van Rompuy noch einen weiteren Vorschlag machen werde, weitere "Beichtstuhlgespräche" führe werde oder der Gipfel ohne Ergebnis endet. Faymann sagte, ein neuer Anlauf könnte bei einem Gipfel im Jänner oder Februar erfolgen.

 

 

SP-Kanzler über seine Forderungen am EU-Gipfel
ÖSTERREICH: Sie hatten vor Start des Gipfels Ihr Vier-Augen-Gespräch mit Ratspräsident Rompuy. Was waren Ihre Forderungen?
Werner Faymann:
Ich hatte ihn ja bereits vergangene Woche in Wien getroffen. Ihm aber gestern noch einmal klar meine zwei Prioritäten genannt. Einerseits geht es um den Rabatt, andererseits um die Förderungen für den ländlichen Raum. Man kann nicht glauben, dass man uns einerseits die Rabatte streicht, andererseits die Förderungen kippt.

ÖSTERREICH: Gleichzeitig haben Sie aber die Vetodrohung als schädlich bezeichnet.
Faymann:
Wenn man starke Argumente und Positionen hat, braucht man keine Drohgebärden. Davon halte ich nichts.

ÖSTERREICH: Was passiert, wenn der Gipfel scheitert?
Faymann:
Grundsätzlich haben wir für die Diskussionen ja bis Februar Zeit. Diese Zeit sollten wir dann für sinnvolle Debatten nutzen und uns nicht gegenseitige Drohungen ausrichten. Es ist bekannt, dass jedes Land ein Vetorecht hat.

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