Interview

Erster Landeschef für vorgezogene Neuwahlen

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Der Salzburger Landeshauptmann sieht Probleme auf die Regierung zukommen.

Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) spricht sich für eine Vorverlegung der Nationalratswahl von Herbst 2018 auf Herbst 2017 aus. "Das hat nicht den Grund, dass ich empfinden würde, es geht nicht mehr, weil sich SPÖ und ÖVP überhaupt nicht mehr vertragen, sondern ist eine reine Sachlichkeitsüberlegung", sagte Haslauer im Interview mit der APA.

Die Frage sei nämlich, "ist es technisch möglich ist, den EU-Vorsitz zu führen, den Brexit endzuverhandeln, möglicherweise den nächsten EU-Finanzrahmen federführend auszugestalten, und die diversen Krisen mit einem Wahlkampf und die daran knüpfenden Koalitionsverhandlungen zu kombinieren". Letztlich gehe es darum, "mit welchem Selbstanspruch man in diesen EU-Vorsitz geht. Das muss die Bundesregierung selbst entscheiden", so der Salzburger Landeshauptmann.

Herbst 2017

Sinnvollster Termin für eine vorverlegte Nationalratswahl wäre laut Hauslauer der Herbst 2017. "Denn im Frühjahr 2018 sind vier Landtagswahlen und ich halte nichts davon, dass man Bundesthemen mit Landesthemen vermengt und vermischt." Die Salzburger Landtagswahl findet Ende April, Anfang Mai 2018 statt. Mit dem Koalitionsklima auf Landesebene - Haslauers ÖVP arbeitet mit den Grünen zusammen - ist der Landeshauptmann zufrieden. "Läuft gut. Wir diskutieren die Sachthemen intern aus und gehen mit Vorschlägen nicht unabgestimmt in die Öffentlichkeit. Dieses Spiel, einen Vorschlag über die Medien zu lancieren, von dem man weiß, da kann der andere nicht mit, dieses Spiel spielen wir nicht."

Um über eine mögliche Fortsetzung der Koalition mit den Grünen zu reden, sei es aber "viel zu früh", erklärte Haslauer. "Wir haben uns schlicht und einfach ausgemacht, wir machen in diesem Jahr keinen Wahlkampf. Wahlkampf gibt es nächstes Jahr, da ist Zeit genug." Bis dahin arbeite man Vorhaben wie ein neues Raumordnungsgesetz oder ein Kinderbetreuungsgesetz ab. Anders als etwa Erwin Pröll oder Josef Pühringer will der 60-jährige Haslauer, der seit Juni 2013 an der Spitze Salzburgs steht, jedenfalls noch einige Zeit als Landeshauptmann weitermachen. "Ich habe erst Lunte gerochen."

Vom Bund fordert Haslauer verstärkte Bemühungen um Deregulierung und Entbürokratisierung. "Ich halte das für einen zentralen Punkt, um unsere Wirtschaft wieder in eine stärkere Wachstumsschiene zu bekommen." Die Vielzahl an Verwaltungsvorschriften und Normen, ein teilweise überschießender Arbeitnehmer- und Konsumentenschutz würden vor allem vielen kleinen und mittleren Unternehmen die Lust am Unternehmertum vertun. "Die sind momentan in einer sehr gereizten Stimmung und schmeißen schlicht und einfach das Handtuch." In Salzburg habe man deshalb gerade neben einem Investitions- auch ein Deregulierungspaket geschnürt, mit dem rund 200 Gesetze, Verwaltungsabläufe, und Vorschriften vereinfacht oder gleich abgeschafft wurden.

Gegen Wahlkampfauftritte von türkischen Politikern

Im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen Österreich und der Türkei spricht sich auch Haslauer gegen Wahlkampfauftritte türkischer Politiker aus. "Wenn Sicherheitsbedenken bestehen, dann muss man das verbieten. Ich will nicht, dass die innenpolitischen Spannungen der Türkei nach Österreich getragen werden." Der Landeshauptmann sieht hinter den aktuellen Entwicklungen gezieltes polit-strategisches Kalkül des türkischen Staatspräsidenten Erdogan. "Ich würde sagen, auf beiden Seiten wäre ein bisschen Abrüstung der Worte und der gegenseitigen Vorwürfe hilfreich."

Die im Vorjahr getroffenen Maßnahmen wie die Obergrenze für Flüchtlinge würden "für den Moment" gut funktionieren und ausreichen, "aber man weiß natürlich nicht, wie sich die Situation in der Türkei weiterentwickelt und wie sich die Flüchtlingsrouten weiterentwickeln", so Haslauer. "Das Schwergewicht unserer Tätigkeiten hat sich in Richtung Integration verlagert." In Salzburg gebe es für angehende Asylberechtigte etwa eine Art Integrationsjahr, wie es die Regierung nun ähnlich auf Bundesebene plant.

Probleme bereitet laut Haslauer die türkische Parallelgesellschaft. In der kleinen Stadt Mittersill mit rund 6.000 Einwohnern gebe es etwa Kindergartengruppen mit mehr fremdsprachigen als deutschsprachigen Kindern. "Das Problem sind nicht die Flüchtlingskinder, weil da wollen die Eltern, dass die Kinder deutsch lernen. Probleme gibt es zum Teil mit türkischen Kindern, die in dritter Generation hier leben, weil zu Hause nur türkisch gesprochen wird." Ein hoher Prozentsatz der jungen Türken würden denn auch nach neun Jahren Pflichtschule ihre Ausbildung beenden, darunter extrem viele Mädchen. "Da haben wir sehr viel versäumt in den letzten Jahren."

Kein Fan der Großen Koalition

Ein Fan der Großen Koalition wird Haslauer wohl nicht mehr. Er selbst hat auf Landesebene "nicht wirklich" gute Erfahrungen mit dieser Regierungsform gemacht. "Wenn zwei gleich starke Parteien, von denen jede den Führungsanspruch stellt, miteinander koalieren, ist das natürlich schwierig. Es ist ein anderer Stil der Politik. Es geht sehr viel mehr Energie in die Auseinandersetzung mit dem eigenen Koalitionspartner. Ich glaube, dass sich die Bevölkerung wünscht, dass die Themen angegangen werden, dass miteinander nicht gestritten wird, dass man sich nicht in diesen Endlosschleifen aneinander wetzt."

Dass Innenminister Wolfang Sobotka (ÖVP) dabei besonders im Fokus steht, gehört für Haslauer zum politischen Spiel. "Der Innenminister macht einen guten Job. Er ist natürlich pointiert in seinen Forderungen, spricht Dinge sehr offen an, polarisiert auch, gar keine Frage, aber seine Aufgabe ist es, für Sicherheit zu sorgen, und die Sicherheitslage hat sich geändert. Das Unsicherheitsgefühl und das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung sind ausgeprägt, daher bedarf es in einer solchen Situation auch kräftiger Maßnahmen." Vorstellbar sei ja auch, dass man einige der derzeit notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen später, wenn sich die Situation ändert, wieder rückgängig macht. "Bürgerliche Freiheiten sind ein sehr kostbares Gut. Die soll es auch weiterhin geben, und man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten", so der Landeshauptmann.

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