Vizekanzler Kogler im Interview

Eurofighter: Ermittlungen werden zur Staatsaffäre

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Am Samstag wurden Einstellungspläne zu den Eurofighter-Ermittlungen bekannt.

Wien. Die Justizministerin müsse zusehen, dass die Ermittlungen in der Causa Eurofighter nicht eingestellt werden, schaltete sich Vizekanzler Werner Kogler im ÖSTERREICH-Gespräch (siehe rechts) jetzt in die Eurofighter-Causa ein. Am Samstag wurde bekannt, dass die Ermittlungen wegen der vom früheren Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) eingebrachten Betrugsanzeige offenbar eingestellt werden sollten. Laut Profil hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bereits Ende 2019 einen entsprechenden „Vorhabensbericht“ an das Justizministerium geschickt.
 
Dort wollte man die Einstellungspläne am Sonntag weder bestätigen noch dementieren. Der Bericht aus dem Jahr 2019 sei ohnehin „vorerst überholt“, habe die WKStA doch kürzlich ein Rechtshilfeansuchen an die USA geschickt. Dort hatte Airbus ja gestanden, im Zuge des Eurofighter-Verkaufs an Österreich politische Zuwendungen in Höhe von 55 Millionen Euro genehmigt zu haben (siehe unten).
 

Tanner: "Dranbleiben und aufklären statt einstellen"

Eurofighter: Ermittlungen werden zur Staatsaffäre
© Fotomontage
× Eurofighter: Ermittlungen werden zur Staatsaffäre
 
Wellen schlagen die kolportierten Einstellungspläne dennoch: „Fassungslos“ zeigte sich am Sonntag Doskozil. Jetzt müsse die türkis-grüne Regierung „endlich beweisen, ob ihr wirklich etwas an Aufklärung liegt, oder ob es nur bei Lippenbekenntnissen bleibt“.
 
Kritik kam auch von Heeresministerin Klaudia Tanner (VP): „Gerade jetzt sollte man dranbleiben und aufklären statt einstellen.“ Das wiederum regt die FPÖ auf: Tanner signalisiere Härte, „auf der anderen Seite haben die schwarzen Netzwerke in der Justiz hinter den Kulissen offenbar schon vor über einem Jahr die Einstellung der Verfahren betrieben“.
 

Kogler: "Verfahren nicht vorschnell einstellen"

Vizekanzler im Interview mit ÖSTERREICH.
 
Kogler Regina Petrik
© APA/ROBERT JAEGER
× Kogler Regina Petrik
 
ÖSTERREICH: Das Eurofighter-Verfahren wegen der Doskozil-Anzeige sollte wohl eingestellt werden. Was sagen Sie dazu?
 
Werner Kogler: Das ist vom Tisch, davon gehe ich zumindest aus. Die neuen Erkenntnisse aus den USA werden meiner Ansicht nach dazu führen, dass man die Ermittlungen nicht einstellt. Und wie bewerte ich das? Sehr seltsam ist das Ganze. Was die Justizministerin jetzt ­machen sollte, ist, danach zu trachten, dass die Verfahren nicht vorschnell eingestellt werden. Das Zweite ist, dass sie sich berichten lässt über Hergang, Ablauf und Stand der Ermittlungen. Das braucht es. Denn, wenn hier zügiger gearbeitet würde, würde sich die Republik leichter tun mit einem etwaigen Vertragsausstieg.
 
ÖSTERREICH: Der Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag liegt für die Heeresministerin als Option auf dem Tisch. Sind Sie dafür?
 
Kogler: Ich bin dafür, dass maximaler Steuerzahlerschutz gewährleistet ist. Für dieses Ziel gibt es mehrere Varianten – das kann auch der Vertragsausstieg sein. Wenn sich Airbus-Eurofighter weiter so überheblich benimmt, ist ohnehin die Frage, ob man sich nicht allein aus politischen Gründen von einem derart aggressiven Konzern mit unsauberen Geschäftspraktiken trennt. Und damit vom gesamten Eurofighter-System. Wenn das Verhältnis zwischen dem Konzern und der Republik so bleibt, ist es schwer vorstellbar, dass man da eine Geschäftsbeziehung weiterführt.
 
ÖSTERREICH: Wie wollen Sie denn das Match gegen Airbus, das die Regierung diese Woche ausgerufen hat, gewinnen?
 
Kogler: Ich glaube, dass anhaltender öffentlicher Druck Airbus-Eurofighter dazu bringen wird, mehrere hundert Millionen Euro Abschlag zu zahlen. Und was ich sicher angehen werde, ist, mit anderen europäischen Ländern Kontakt aufzunehmen und zu informieren, welche dubiose und ablehnenswerte Geschäftspraktiken den österreichischen Eurofighter-Kauf samt allen Manipulationen begleitet haben. Das kann dem Konzern nicht egal sein und wird entsprechenden Druck erzeugen. Jedenfalls mehr Druck als das vergangene Herumwerkeln eines einzelnen Staatsanwalts.
 
ÖSTERREICH: Wie soll die Zukunft der Luftraumüberwachung in Österreich ausschauen?
 
Kogler: Die kostengünstigste Lösung soll es werden. Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf verständigt, dass weiterhin eine aktive Luftraumüberwachung betrieben wird. Mir sind dabei drei Dinge wichtig: alle Varianten auf mindestens 20 Jahre vorausrechnen – also auch die Betriebskosten einbeziehen. Hätten wir das damals schon gemacht, hätten wir diese Eurofighter nie gekauft. Das ist ja ein Grund für die Budgetkrise beim Heer, diese Flieger fressen uns die Haare vom Kopf. Zweitens muss es unbedingt ein Geschäft ohne Lobbyisten und Zwischenhändler, also die üblichen Geldkofferträger, sein. Und was das Produkt betrifft: Da deutet einiges darauf hin, dass uns ein Einflottensystem billiger kommen könnte.
 
ÖSTERREICH: Ihr Wehrsprecher hat da etwa den „Leonardo“ vorgeschlagen, einen Unterschallflieger. Reicht Ihnen das?
 
Kogler: Ich halte vieles für möglich und würde das unbedingt in die Diskussion einbeziehen. Das war ja damals schon der Punkt: Wozu brauchten wir einen Luft-Ferrari mit schweren Kinderkrankheiten, wenn es ein solider Kleinwagen auch getan hätte.(fis)
 

Dieser Waffen-Lobbyist ist einer der 14 Geldempfänger

Eurofighter: Ermittlungen werden zur Staatsaffäre
© fritz schimke abc
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Airbus hat Österreichs Behörden eine Liste mit 14 Personen und Organisationen ausgehändigt.
 
Wien. An sie sollen jene 55 Mio. Euro „politische Zahlungen“ im Zuge des Jetverkaufs, die Airbus kürzlich vor US-Behörden zugegeben hat, geflossen sein. Öffentlich genannt werden die Namen zwar nicht, doch ÖSTERREICH liegt seit ­einigen Jahren ein Papier aus deutschen Ermittlungsakten vor, das 14 Empfänger auflistet – allerdings geht es hier sogar um Zahlungen von 183,4 Mio. Euro. Informierte Kreise gehen davon aus, dass sich die Namen nicht wesentlich von jenen unterscheiden, die Airbus gestern verriet.
 
In dem Geheimpapier findet sich unter den 14 Namen auch Waffenlobbyist Erhard Steininger. Als ÖSTERREICH ihn 2007 mit den Zahlungen konfrontierte, die er für EADS im Zuge des Eurofighter-Verkaufs verteilt haben soll, zeigte er dem Fotografen seinen nackten Hintern.
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