Faymann:

"Lehrerdienstrecht geht in Begutachtung"

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Bundeskanzler geht im ÖSTERREICH-Interview in die Offensive.

Die SPÖ ist mit ihrer Geduld am Ende: „Bei der Bildung darf es keine Blockade geben“, sagt Kanzler Werner Faymann (SPÖ) zu ÖSTERREICH. Der Gesetzesentwurf wird jetzt in Begutachtung geschickt – mit oder ohne ­Zustimmung der Lehrer. „Ich würde gerne bis Ende der kommenden Woche mit dem Herrn Vizekanzler einen Konsens erzielen, dass wir das neue Lehrer-Dienstrecht noch vor der Wahl in die Begutachtung schicken.“ Und der ist gar nicht abgeneigt. ÖVP-Chef Michael Spindelegger will den Entwurf ebenfalls in Begutachtung schicken. Man müsse „den nächsten Schritt setzen“.

ÖSTERREICH: Herr Bundeskanzler, die ÖVP wirft Ihnen vor, dass Sie mit Ihren Forderungen nach Bankenabgabe und Reichensteuer den Wirtschaftsstandort Österreich gefährden.
Werner Faymann: Davon kann gar keine Rede sein – das Gegenteil ist der Fall. Wir haben in der Krise mit Konjunkturpaketen gut dagegengehalten, wir haben die geringste Arbeitslosigkeit in der EU und ein exzellentes Wirtschaftsklima im Land. Die Firmen, bei denen die ÖVP schwarzmalt, dass sie Österreich verlassen wollen – wie Nespresso – weisen das zurück. Im Gegenteil, erst kürzlich hat die Firma Baxter bekannt gegeben, dass sie künftig in Österreich mehr investieren möchte, weil unser Wirtschaftsklima so gut ist. Ich appelliere dringend an die ÖVP, dieses Land im Wahlkampf nicht schlechtzureden. Mit dem Ansehen Österreichs spielt man nicht! In 50 Tagen ist der Wahlkampf vorbei – aber ein Imageschaden, der bleibt lange. Wer unser Image zerstört, so wie derzeit manche in der ÖVP das tun, der fügt Österreich schweren Schaden zu.

ÖSTERREICH: Bremsen Sie mit Ihren Steuer-Ideen nicht die Wirtschaft?
Faymann: Ganz sicher nicht. Die Bankenabgabe trifft nur die Banken. Wir haben sie in dieser Regierung gemeinsam eingeführt – ich bin jetzt dafür, sie zu verlängern. Die Finanztransaktionssteuer trifft nur die Spekulanten. Und auch eine Erbschaftssteuer, die es ja in Deutschland schon gibt und die erst ab 1 Million Euro gelten würde, nimmt ja die Unternehmen eindeutig aus. Mein Kampf für eine Millionärsabgabe ist ja dafür da, die unteren und mittleren Einkommen zu entlasten und damit die Kaufkraft zu steigern. Und das ist ja genau das, was die Wirtschaft will. Das verbessert den Wirtschaftsstandort Österreich.

ÖSTERREICH: Ist diese Vermögenssteuer für Sie eine fixe Bedingung für eine nächste Koali­tion?
Faymann:
Besonders wichtig sind für mich drei Punkte: Erstens die Verlängerung der Bankenabgabe für die ganzen nächsten fünf Jahre. Zweitens Einführung der Finanztransaktionssteuer mit den anderen europäischen Staaten. Und drittens die verstärkte Bekämpfung des Steuerbetrugs.

ÖSTERREICH: Ist es richtig, dass Sie das Lehrerdienstrecht ohne Zustimmung der Lehrergewerkschaft in Begutachtung schicken wollen?
Faymann: Die kommende Woche soll ganz im Zeichen der Bildungsreform stehen. Und da ist das neue Lehrerdienstrecht, das ja die moderne Ganztagsschule ermöglichen soll, ein ganz wichtiger Punkt. Ich würde gerne bis Ende der kommenden Woche mit dem Herrn Vizekanzler einen Konsens erzielen, dass wir das neue Lehrerdienstrecht noch vor der Wahl in die Begutachtung schicken. Wir können ja mit der Bildungsreform nicht warten, bis endlich auch der Herr Neugebauer dafür ist – da warten wir noch weitere 20 Jahre! Niemand, auch ein Herr Neugebauer nicht, darf bei der Bildung ein Stoppschild aufstellen.

ÖSTERREICH: Geht das Lehrerdienstrecht auch ohne Zustimmung der Lehrer in Begutachtung?
Faymann: Es soll vor der Wahl in Begutachtung gehen. Bei der Bildung darf es keine Blockade geben. Auch der Herr Neugebauer darf die Bildungsreform, die Millionen Eltern haben wollen, nicht aufhalten.

Begutachtung noch im August

Abschluss. Die Regierung arbeitet gerade mit Hochdruck an einem neuen Gesetzestext zum neuen Lehrer-Dienstrecht. „Wir wollen noch im August einen Text in Begutachtung schicken, das kann mit oder ohne Ministerratsbeschluss passieren“, so Ministerin Heinisch-Hosek. Davor soll noch eine weitere Verhandlungsrunde mit den Lehrern stattfinden.

Interview: Wolfgang Fellner

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