Rede in der Hofburg

Faymanns 57-Minuten-Show

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Harmonie-Rede: Nur HC Strache klatschte nicht.

Wiener Hofburg, Mittwoch 10 Uhr: Der Festsaal ist brechend voll. 1.600 Gäste sind gekommen - Bundespräsident, Kardinal, fast die gesamte Regierung (mit Ausnahme des demonstrativ urlaubenden Josef Pröll), die gesamte Polit-,Sozialpartner- und Wirtschafts-Spitze des Landes. Mittendrin: 200 Schüler.

Die gesamte Rede des Kanzlers:

Faymann startet überraschend: „Alle sieben Minuten kommt in Österreich ein Kind zur Welt.“ Und: "Seit diese Regierung amtiert, wurden 75.000 Kinder geboren.“ Der "besseren Zukunft dieser Kinder“ widmet Faymann seine Rede.

5 Punkte für Jobs, Bildung, Gerechtigkeit – aber kein Obama
Schon am Beginn seines staatsmännischen Auftritts stellt Faymann Harmonie und Konsens in den Mittelpunkt und nennt als sein Motto: "Weniger streiten – mehr erreichen“. Demonstrativ lobt er sein Team. Seitenhiebe auf ÖVP und Pröll gibt es nur einmal, als er sich über Prölls "Superpraktikanten“ lustig macht.

Die erste Viertelstunde seiner Rede widmete er dem bisher „Geleisteten“, um sich dann auffallend pro-europäisch zu zeigen: Die EU sei nicht nur "ein Friedensprojekt“, die Maßnahmen gegen die Krise hätten gezeigt, wie „wichtig“ die EU für Österreich sei.

An dieser Stelle erhält der Kanzler zum ersten Mal lauten Applaus. Wirklich frenetischer Applaus brandet erst nach einer halben Stunde auf, als Faymann die Frage stellt: „Wo ist das Ende der Gemeinsamkeit? Dort, wo Politik mit Hetze gegen Minderheiten, Ausländer gemacht wird. Aufhetzen kommt nicht infrage!“

Kardinal Schönborn, Bundespräsident Fischer, sämtliche Regierungsmitglieder, viele Künstler klatschen minutenlang. Nur der FPÖ-Chef HC Strache saß wie versteinert.

Er klatscht nie – und nennt Faymanns Auftritt eine „Wald-und-Wiesen-Rede“.

In der zweiten halben Stunde nennt Faymann fünf Regierungs-Schwerpunkte für die Zukunft:

  • Ein drittes Konjunktur-Paket für eine Job-Offensive.
  • Eine Spekulationssteuer gegen „Börsen-Haie“ und ein Ende der Steuervorteile bei Managergagen über 500.000 Euro.
  • Eine Bildungs-Offensive mit 200.000 Ganztags-Plätzen an Schulen (statt bisher 4.000)
  • Ein „Generationen-Vertrag“ für 50.000 Pflege-Arbeitsplätze.
  • Eine Prämie für alle Forschungs-Ausgaben.

Die ÖVP-Minister klatschen bei diesen Punkten demonstrativ nicht. Innenministerin Fekter notierte penibel Punkt für Punkt auf Zetteln, Wirtschaftsminister Mitterlehner grollte: „So war das nicht ausgemacht.“

Beim Small Talk nach der Rede (Faymann blieb noch über eine Stunde) war aber wieder Harmonie angesagt. Nur Oscar-Regisseur Ruzowitzky wagte Widerspruch: „Gänsehaut wie bei Obama habe ich keine bekommen!“

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