Krach in Regierung

Fischer rettet die Koalition

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Bundespräsident Fischer hat hinter den Kulissen eine Aktion zur Rettung der Koalition gestartet – mit Verbündeten aus SPÖ und ÖVP.

Es ist ein letzter Rettungsversuch unter allerhöchster Regie, der gestern gestartet wurde: Seit Montag versucht Bundespräsident Heinz Fischer in zahllosen Telefonaten, den Streit in der Koalition zu schlichten – und Neuwahlen zu verhindern.

Ein hochrangiger SPÖ-Politiker verrät: "Der Bundespräsident hat die Idee für ­einen Kompromiss ins Spiel gebracht. Der Gedanke ist, nur einen Teil der Steuerreform vorzuziehen.“

Kanzler Gusenbauer berät sich seit gestern mit den wichtigsten SPÖ-Politikern, ob er einem Kompromiss zustimmen soll – oder dann wieder als "Umfaller“ gilt.

Klar für den Kompromiss sind in der Umgebung des Kanzlers die Minister Faymann, Bures und Buchinger.

Eine Schlüsselrolle spielt die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, die gestern – offenbar nach einem Telefonat mit Fischer – der ÖVP bereits in ersten Gesprächen signalisierte: „Bewegung ist möglich!“ In einem Interview mit den SN sagte Burgstaller erstmals: "Man soll rasch Arbeitsgruppen für die Steuerreform einsetzen. Es ist dann unerheblich, ob die Reform schon am 1.1.2009 in Kraft tritt. Vielleicht ist es ja möglich, in Etappen vorzugehen.“

Reform in Etappen
Genau das ist der Plan des Bundespräsidenten: Die Steuerreform für die SPÖ-Klientel (Lohnsteuer und geringe Einkommen) soll schon 2009 kommen – die wirklich große Steuerreform (für Spitzenverdiener, Vermögen, Wirtschaft) erst 2010.

Von Bürgermeister Häupl hat der Bundespräsident für diesen Plan schon die Zustimmung. Der wichtigste SPÖ-Grande ist damit schon auf Kompromiss- und nicht auf Konfrontationskurs.

Auf ÖVP-Seite basteln die Minister Josef Pröll und Andrea Kdolsky an möglichen Kompromissen und werden dabei vom mächtigen Wirtschaftsflügel unterstützt: Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl begrüßte den Burgstaller-Vorstoß gestern ausdrücklich als "hilfreich“.

Wer gibt nach?
Jetzt muss nur noch Kanzler Gusenbauer überredet werden. Ein ÖVP-Minister: "Der sitzt trotzig in seinem Kanzlerzimmer und beharrt auf dem Konfrontationsszenario.“

Auch von der ÖVP-Spitze – also Schüssel und Molterer – gibt es noch keine Kompromiss-Signale. Hier wird die Wahl in Niederösterreich am 9. März abgewartet. Danach ist von ÖVP-Seite alles denkbar: Mit einer schnellen Neuwahl-Ansage nach dem VP-Wahlsieg in Niederösterreich würde die SPÖ – sagen schwarze Insider – überrumpelt: "Die SPÖ hat weder Geld noch Plan. Die können sich eine Neuwahl garnicht leisten.“

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Teurer Koalitionsstreit: Vorgezogene Neuwahlen noch in diesem Jahr würden den Steuerzahler mindestens 25 Millionen Euro kosten.

Angesichts der aktuellen Eiszeit in der Großen Koalition sind vorgezogene Neuwahlen durchaus möglich. Den Steuerzahler würde das neben Nerven auch ein hübsches Sümmchen kosten. In Summe rund 25 Millionen Euro, die sich allein aus den Abwicklungskosten und der Wahlkampfkosten-Rückerstattung für die Parteien ergeben.

Teure Stimmzettel
Allein 12 Millionen Euro verschlingt das Wählen an sich, wie ÖSTERREICH aus dem Innenministerium mitgeteilt wurde. Darunter fallen die Kosten für das Drucken von Stimmzetteln sowie eine Aufwandsentschädigung für Städte und Gemeinden.

Rekord
Laut einer aktuellen Schätzung von Ministeriums-Experte Robert Stein gäbe es bei einer Nationalratswahl 2008 rund 6,3 Millionen Wahlberechtigte. So viele wie nie zuvor, weil die Österreicher erstmals schon ab einem Alter von 16 Jahren ihren Favoriten küren dürfen. Daher wäre die nächste Wahl auch um rund zwei Millionen Euro teurer als jene im Oktober 2006.

Körberlgeld für Parteien
Zusätzlich müsste erneut Wahlkampfkosten-Rückerstattung an alle Parteien ausgeschüttet werden. Laut dem Politologen Hubert Sickinger würde diese Subvention nach einer Neuwahl 2008 rund 13 Millionen Euro ausmachen. Eine Summe, die je nach Stärke auf die Fraktionen aufgeteilt würde.

Den Rest der Wahlkampfkosten – Sickinger schätzt sie auf insgesamt 50 Millionen Euro – müssten die Parteien mit Spenden und aus anderen öffentlichen Quellen finanzieren. Darunter fallen etwa Teile der Klubförderung oder der Parteienförderung, die aber auch abseits von Neuwahlen ausgeschüttet werden.

Nebenkosten
Noch nicht beziffert werden können die anderen „Kollateralschäden“ von außertourlichen Wahlen: beispielsweise Reformen, die eingestellt oder verzögert werden sowie Personalrochaden: Bei einem Regierungswechsel würden zahlreiche, erst kürzlich erfolgte Umfärbungen in staatsnahen Betrieben rückgängig gemacht – was natürlich millionenschwere Abfertigungen für die Betroffenen provozieren würde.

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