Bundeskongress

Glawischnig mit 97,4 Prozent neue Grünen-Chefin

Teilen

Die Grünen haben ihre neue Spitzenfrau nach Van der Bellen gekürt: Eva Glawischnig vereinte 97,4 Prozent der Stimmen auf sich.

Nach sechseinhalb Jahren in der zweiten Reihe hat es Eva Glawischnig nun endgültig an die Grüne Front geschafft - und das mit einem sensationellen Ergebnis. Seit März 2002 bekleidete die gebürtige Kärntnerin die Funktion der Stellvertreterin von Bundessprecher Alexander Van der Bellen, beim Bundeskongress in Klagenfurt ist sie mit 97,4 Prozent der Delegiertenstimmen offiziell ins Amt als neue Parteichefin gehievt worden. Dabei hatte sie bereits als designierte Bundessprecherin mit ihrem Standpunkt zur EU für Unmut unter manchen Funktionären gesorgt.

Schwieriger Start
In einem Interview hatte Glawischnig gesagt, der Vertrag von Lissabon sei tot - was dem grünen Europa-Abgeordneten Johannes Voggenhuber zu einem Aufschrei veranlasste: "Das ist nicht grüne Position." Kurz darauf ruderte sie wieder zurück, eine Wiederbelebung sei möglich. Es wird nicht der einzige Stolperstein in Glawischnigs noch kurzer Amtszeit als Bundessprecherin sein. Der Partei steht nach der Niederlage bei der Nationalratswahlen ein Facelifting bevor. Was nicht leicht sein wird angesichts der basisdemokratischen Struktur.

Gerade eben die Niederlage der Grünen bei der Nationalratswahl verschaffte der 39-Jährigen ihren bisherigen Karrierehöhepunkt. Glawischnig folgt Van der Bellen, der nach elf Jahren die Parteispitze räumt. Während es unter Van der Bellen in den vergangenen Jahren kontinuierlich - wenn auch langsam - bergauf gegangen ist, verloren die Grünen bei der Nationalratswahl vergangenen Sonntag zum ersten Mal unter dem langjährigen Parteichef Stimmen. Man rutschte vom dritten auf den fünften Platz ab, das Ziel von 15 Prozent wurde klar verfehlt.

Ehemalige Hitparaden-Stürmerin
Ins Rampenlicht hat es die gebürtige Kärntnerin Glawischnig schon früh gezogen: Schon mit 18 Jahren war sie als Keyboarderin der "Gerald Gaugeler Band" mit dem Song "Gelati" in den Top 10 der Austro-Hitparade. Schon damals sei sie "sehr intelligent und selbstbewusst" gewesen, erzählte Gaugeler vor Jahren in einem Zeitungs-Interview - das "Ökologisch-Politische" sei allerdings erst später gekommen.

Erste politische Sporen verdiente sich Glawischnig nach ihrem Jus-Studium in den 90er Jahren im Einsatz gegen die sogenannte "Ennsnahe Trasse" in der Steiermark. Aus der gemeinsamen Zeit bei der Umweltorganisation "Global 2000" stammt auch die langjährige Freundschaft mit der Wiener Umweltstadträtin Uli Sima von der SPÖ. Glawischnigs Start in die Parteipolitik über die Wiener Grünen begann dagegen mit einem Fehlstart: Bei den Landtagswahlen 1996 verfehlte sie den Einzug in den Landtag und arbeitete ohne Mandat als Umweltsprecherin der Wiener Grünen.

Von Wien aus ins Parlament
Drei Jahre später schaffte Glawischnig als Spitzenkandidatin der Wiener Grünen den Sprung in den Nationalrat. Dort konnte sie sich als Umweltsprecherin rasch etablieren und rückte 2002 zur stellvertretenden Parteichefin auf. Im selben Jahr dann ein Rückschlag für die ehrgeizige Kärntnerin: Bei den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP war sie schon als Umweltministerin einer schwarz-grünen Regierung gehandelt worden. Doch die Gespräche scheiterten. Und während ÖVP-Nationalratspräsident Andreas Khol seine Verhandlungspartnerin als "wunderschön, aber eine Marxistin" bezeichnete, hatte Glawischnig, die sich bei einer Verhandlungsrunde mit Kreuz um den Hals präsentierte, bei den Medien damit den Ruf einer "Bürgerlichen" weg.

Zwei Jahre später dann der bisher größte politische Erfolg Glawischnigs: Bei der Kärntner Landtagswahl 2004 konnte sie den letzten weißen Fleck von der Landkarte ihrer Partei tilgen und führte die Grünen in ihrem Heimatbundesland dank eines intensiven Wahlkampfeinsatzes (gemeinsam mit Spitzenkandidat Rolf Holub) erstmals zum Einzug ins Landesparlament - und das trotz des damals noch äußerst minderheitenfeindlichen Kärntner Wahlrechts. Seither sind die Grünen in allen neun Landtagen vertreten. Nach der Nationalratswahl im Oktober 2006 folgte dann ein weiterer Karriere-Höhepunkt: Glawischnig zog als erste Grün-Politikerin ins Nationalratspräsidium ein.

Society-Lady
Kritik und Häme brachte Glawischnig ihre Nähe zu den Society-Seiten des Landes ein: Ihre Hochzeit mit dem TV-Moderator Volker Piesczek im Jahr 2005 wurde ebenso öffentlichkeitswirksam vermarktet wie ihre anschließende Schwangerschaft. Hochglanz-Fotos der Grünen Frontfrau schmückten die Titelseiten: Im bauchfreien Hochzeitsgewand, mit nach unten gerutschtem Träger beim Blutspenden und auch zuletzt noch mit kurzem Rock auf einem Sofa posierend.

Bei der teils puritanischen Grünen Basis kam das nicht immer gut an, auch unter Klubkollegen sorgten derartige Auftritte mitunter für Kopfschütteln. Immer wieder drohte Glawischnig Medien mit Klage - etwa als die "Krone" ein zu freizügiges Foto wieder von ihrer Titelseite entfernen musste und das Nachrichtenmagazin "Format" daraufhin höhnisch textete: "Der Einblick, den Grünen-Model Glawischnig bot, war wohl zu tief." Wirklich geschadet haben dürften Glawischnigs Ausflüge in die Seitenblicke-Gesellschaft der Grünen Frontfrau allerdings nicht, sie wurde stets als Favoritin für die Nachfolge Van der Bellens gehandelt und hat es jetzt auch formal geschafft.

Ihr Engagement für die Grünen wurde der begeisterten Hobbyläuferin Glawischnig übrigens nicht gerade in die Wiege gelegt: Geboren wurde sie am 28. Februar 1969 in Seeboden, einer freiheitlichen Hochburg im heute orangen Kernland Kärnten. Die Schulbank drückte sie unter anderem mit dem heutigen FP-Generalsekretär Herbert Kickl.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.