Urteil erst 2020?

Grasser: So wird der Prozess der Rekorde

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Eine Rekordzahl an Zeugen und zwei Lkws mit Dokumenten – das wird der Buwog-Prozess.

Es wird der Prozess des Jahrzehnts, wenn nach acht Jahren Ermittlungen in der Buwog-Causa die Gerichtsverhandlung gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 Mit­angeklagte eröffnet wird.

  • Wann beginnt Prozess? Noch ist das nicht geklärt. Insider befürchten, dass der angepeilte Termin im Spätherbst nicht hält und der Prozess erst Anfang 2018 starten kann. Zwei Lkws voll mit Dokumenten wurden nach der Entscheidung des Wiener Oberlandesgerichts, das Verfahren zuzulassen, ins Straflandesgericht transportiert. Kommende Woche wird die Richterin festgelegt. Sie muss sich erst in diese zwei Wagenladungen und in die 825 Seiten dicke Anklageschrift einlesen.
  • Wie lange dauert er? 165 Zeugen sind vorgesehen – das ist Rekord. Beim ersten großen Bawag-Prozess, der im Juli 2007 gestartet wurde, waren 50 Zeugen geladen – bis zum Urteil hatte es ein knappes Jahr gedauert. Eine Dauer von weit über einem Jahr ist beim Grasser-Prozess wahrscheinlich. Inklusive Berufung wird es das endgültige Urteil voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahrzehnt geben.
  • Welche Chance hat Grasser? Verhandelt werden zwei Causen: die Anmietung des Linzer Terminal Towers durch die Finanz und der Verkauf der Buwog-Bundeswohnungen. In Causa zwei wirft die Staatsanwaltschaft Grasser vor, gemeinsam mit seinem Trauzeugen Walter Meischberger und dem Lobbyisten Peter Hochegger illegal am Verkauf verdient zu haben.

Konkret soll Grasser den beiden entscheidendes Insiderwissen weitergegeben haben. Dazu hätte es laut Staatsanwalt einen ausgetüftelten Tatplan gegeben. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

  • Muss er ins Gefängnis? Glauben die Richterin und die beiden Schöffen der Anklage, drohen Grasser bis zu zehn ­Jahre Haft. Er selbst geht von einem Freispruch aus. Im ÖSTERREICH-Interview hatte er betont, die Anklageschrift lese sich wie ein guter Krimi – nur sei nichts daran wahr.

Seine Hoffnung: In der Anklage gibt es viele belastende Indizien, aber keinen echten Beweis.

Das spricht für und das spricht gegen Grasser

ÖSTERREICH hat sich angesegen, worüber KHG im Verfahren stolpern könnte.

Das Konto: Die Staatsanwaltschaft findet, Grasser habe für Barbehebungen seines Trauzeugen Meischberger in Liechtenstein und Einzahlungen auf ein Konto in Wien durch Grasser selbst keine hinreichenden Erklärungen. Sie vermutet, dass so Provisionen über 2,5 Mio. Euro verschleiert wurden.
➜ Die Schwiegermutter: Grasser behauptet, das Geld nach Wien gebracht zu haben, um es für Schwiegermutter Marina Giori-Lhota zu veranlagen. Der Treuhandvertrag soll  aber gefälscht sein und KHG die gefälschte Signatur im Nachhinein geübt haben.
➜ Die Sitzungen: 2009 sollen, nach ersten Medienberichten zu Provisionen, Sitzungen stattgefunden haben, in denen Verträge umdatiert worden sein, um Spuren zu verwischen. An einer nahm auch der heutige Justizminister Brandstetter teil.
➜ Kein rauchender Colt: Anders als bei Meischberger und Hochegger, fehlen bei Grasser klare Beweise. Es gilt die Unschuldsvermutung.
➜ Geld: Dass die 2,5 Mio. bei Grasser gelandet sind, kann nicht bewiesen werden.
➜ Tipp: Auch, dass Grasser den entscheidenden Tipp in Sachen Buwog gab, kommt nur raus, wenn sein „Meischi“ im Prozess „singt“.

Gabriela Moser
© APA/ROBERT JAEGER

Grünen Abgeordnete Gabriela Moser deckte Buwog-Affäre 2009 auf. Quelle: APA/ROBERT JAEGER

Grüne Moser: "Na endlich kommt es zum Prozess"

Gabriela Moser hat die Buwog-Affäre 2009 aufgedeckt und Grasser angezeigt.

ÖSTERREICH: Was war Ihr erster Gedanke, als Sie erfahren haben, dass die Anklage rechtskräftig ist – also Karl-Heinz Grasser doch noch vor Gericht muss.

Gabriela MOSER: Ich habe mir gedacht: Na endlich. Aber nicht, weil ich Schadenfreude hege. Es war im Oktober 2009, als ich meine Sachverhaltsdarstellung zur Staatsanwaltschaft geschickt habe – als Ausfluss mehrerer Rechnungshofberichte. Und das ist doch schon eine Zeit her.

ÖSTERREICH: Warum dauerte es so lange?

MOSER: Es war für die Justiz wirklich sehr schwierig, ­internationale Zahlungsflüsse nachzuverfolgen.

ÖSTERREICH: Haben nicht auch die Beschuldigten alle juristischen Register gezogen und Ermittlungsschritte immer beeinsprucht?

MOSER: Ja, aber die Rechtslage ist eben so, das ist zu akzeptieren.

ÖSTERREICH: Rechnen Sie mit einer Verurteilung?

MOSER: Ich will dem Gericht nicht vorgreifen. Aber ich halte die Argumentation der Staatsanwaltschaft schon für sehr stringent.

Interview: G. Schröder

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