"Mahü"

Grünen warnen vor "autogerechten" Stadt

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"Wenn das Projekt scheitert, dann scheitert die Verkehrsberuhigung".

Im März entscheidet ein Anrainervotum über die Zukunft der Mariahilfer Straße. Wiens grüner Klubchef David Ellensohn will offenbar schon jetzt mobilisieren. Es gehe nicht nur um die "Mahü", sondern um ein politisches Modell: "Wenn das Projekt scheitert, dann scheitert die Verkehrsberuhigung womöglich für die nächsten zehn Jahre", warnte er vor einer Rückkehr zur "autogerechten" Stadt.

"Wir stimmen auch darüber ab, ob überall noch mehr Autos herumfahren sollen oder ob an erster Stelle der Mensch stehen soll", gab der Klubobmann im APA-Interview zu bedenken. Seine Partei werde sich in Sachen Mobilisierung jedenfalls ordentlich "reinhängen". Denn es wäre schade, "wenn wir in dieser Frage um zehn oder 20 Jahre zurückgeschmissen werden". Sein Appell: "Wer will, dass die Mariahilfer Straße verkehrsberuhigt wird, der muss auch an der Befragung teilnehmen. Sonst kippt das." Denn die Sache sei keinesfalls eine "g'mahte Wies'n": "Da steht alles Spitz auf Knopf, das wird eine ganz knappe Entscheidung."

"Besser angenommen"
Wiewohl Ellensohn meint, dass Fuzo bzw. Begegnungszonen schon "sehr viel besser angenommen werden als in der ersten Aufregung". Die Kritik halte sich inzwischen in Grenzen: "Von einem totalen Widerstand der ÖVP oder der Wirtschaftskammer kann ja schon lang keine Rede mehr sein", ist er überzeugt. Sollte das Bürgervotum trotzdem negativ ausgehen, wäre das nicht ein Rückschlag für die Grünen, von dem sie sich bis zur Wien-Wahl 2015 nicht mehr erholen würden? "Man hat in der Politik immer auch einen Plan B", so Ellensohn. Dieser sei derzeit aber zugegeben noch sehr klein, da momentan alle Energie in Plan A - also das Ziel Verkehrsberuhigung - fließe.

Bei der bereits im nächsten Jahr anstehenden EU-Wahl will Ellensohn "gewinnen, gewinnen, gewinnen". Österreichweit schafften die Grünen bei der Europawahl 2009 9,9 Prozent. Der grüne Klubchef in Wien hofft nun, das Niveau der heurigen Nationalratswahl (12,2 Prozent) übertreffen zu können, um damit ein drittes Mandat im EU-Parlament erringen zu können. Dieses bekäme die Wiener Grün-Abgeordnete Monika Vana.

Verhandlungen fast fertig
Was die Wahlrechtsreform in der Bundeshauptstadt betrifft, bestätigte Ellensohn jüngste Medienberichte, wonach man mit den Verhandlungen fast fertig sei. Die SPÖ habe eben ihre Zeit gebraucht um dahingehend einzuschwenken, "dass das Wahlrecht nicht weiterhin den Großen einen solchen Vorteil bringt wie bisher". Die absolute Mandatsmehrheit mit weniger als 50 Prozent der Stimmen wird aber trotzdem weiterhin möglich sein. "Ich kenne kein einziges Wahlrecht in Europa, wo es nicht so ist", verteidigte der Klubchef den Plan. Anders sei das rechnerisch gar nicht möglich, solange Kleinparteien ohne die nötige Fünf-Prozent-Hürde nicht in das Stadtparlament einziehen und deren Stimmen also den übrigen Parteien zufallen.

Abgesehen davon zeigte sich Ellensohn überzeugt, "dass die SPÖ derzeit nicht davon ausgeht, dass sie in die Nähe einer Absoluten in Wien kommen wird". Das liege nicht nur am künftigen Wahlrecht - "sie wird Mandate verlieren" -, sondern auch an der Performance der Bundesregierung. So sei etwa von Rot-Schwarz in den kommenden fünf Jahren nichts im Bildungsbereich zu erwarten. Deshalb fordert der grüne Klubobmann, gemeinsam mit der SPÖ Reformen - soweit möglich - auf Landesebene anzugehen. Als Beispiel nannte er Überlegungen, wie der (Fremd-)Spracherwerb gefördert werden könne.

Was die Zeit nach 2015 anbelangt, plädiert Ellensohn für eine Neuauflage von Rot-Grün - denn: "Ich sehe nicht, mit wem sonst man die Stadt weiterbringen will. Die SPÖ kennt noch die Probleme, die sie früher mit der ÖVP hatte." Und wenn die Bundesebene anschaue, "wie die ÖVP die Sozialdemokratie drangsaliert", dann müsse man schon einen "komischen Masochismus in sich tragen, um zu sagen: Das muss ich unbedingt wiederholen." Und für derartige "Politmasochisten" halte er die Wiener Roten nicht.

ÖVP wirft Ellensohn "Erpressungsversuche" vor
Die Wiener ÖVP hat am Montag dem grünen Klubchef David Ellensohn "plumpe Erpressungsversuche" vorgeworfen. Ellensohn hatte im APA-Interview betont, dass man zum Bürgervotum auch hingehen müsse, wenn man die Verkehrsberuhigung auf der Mariahilfer Straße wolle. ÖVP-Obmann Manfred Juraczka konterte, die Anrainer bräuchten keine Vorgaben. Offenbar herrsche bei den Grünen schon "Titanic-Stimmung".

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