Kanzler gewinnt TV-Duell

Heeres-Debatte spaltet Österreich

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Parteien, Promis, Familien streiten über Berufsheer oder Beibehaltung der Wehrpflicht. 

Elf Tage vor der Volksbefragung über die Beibehaltung der Wehrpflicht (ÖVP-Modell) oder die Einführung eines Berufsheers (SPÖ-Modell) ist das Land gespalten. SPÖ und ÖVP streiten über das Sicherheitsthema ebenso wie Oma und Enkerl oder Promis auf Events.

Umfrage: Von Politik bis Spitzensport

Für Profi-Heer: Es wäre ein Zeichen der Vernunft, junge Menschen nicht zu etwas zu zwingen, was sie nicht wollen. Deshalb: Berufsheer.
 

Für Profi-Heer: Wenn es brennt, will ich, dass die Profis kommen und nicht der Bäcker mit einem Küberl Wasser. Ein Profiheer muss her.
 




 

 

Für Wehr-Pflicht: Bin für Wehrpflicht, das ist in einem Alter, in dem man Pflichten übernehmen sollte. Für mich kam Möglichkeit leider zu spät.



 

 

Für Wehr-Pflicht: Wehrpflicht schadet wirklich niemandem. Doch aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes sollten auch Frauen eingezogen werden.

Für Wehr-Pflicht: Bin für Wehrpflicht, war selbst beim Heer. Das schadet keinem, man lernt Disziplin. Aber es muss eine Reform geben.


 

 

Für Wehr-Pflicht: Altbewährtes wie die Wehrpflicht und die Neutralität sollte man nicht achtlos über Bord werfen.

Für Profi-Heer: Ich bin gegen Militarismus. Wer das mag, soll das tun, aber ohne mich – und sicherlich, ohne gezwungen zu werden.

 

 

Für Wehr-Pflicht: Ich bin für die Wehrpflicht. Wer soll bei Katastrophen aushelfen? Außerdem: Ich glaube nicht, dass ein Berufssoldat den Hahnenkamm treten würde.
 

 

Pianist Buchbinder für Profiheer, Ehefrau dagegen
Die Debatte verläuft quer durch die Familien. Prominentestes Beispiel: Starpianist Rudolf Buchbinder ist für das Profiheer – seine Frau Agnes für die Wehrpflicht. Auch die Gallup-Umfrage für ÖSTERREICH zeigt, wie zerrissen die Bevölkerung in der Frage ist.

  • Die Mehrheit der Männer sind pro Wehrpflicht, aber die Mehrheit der Frauen ist fürs Berufsheer .
  • Über 50-Jährige sind zu 50 % für die Wehrpflicht, unter 30-Jährige nur zu 44 %.
  • In kleinen Gemeinden sprechen sich nur 38 % für das Berufsheer aus, in Städten aber 52 %.
  • Sogar die Parteien sind intern tief gespalten – am stärksten die SPÖ: Die SPÖ-Anhänger sind zu 48 % für Wehrpflicht, zu gleichen 48 % fürs Berufsheer. Bei der ÖVP sind 55 % für die Wehrpflicht, immerhin 44 % für das Berufsheer.

Aufgrund dieser Daten wird auch der Ton in der Koalition immer schärfer. Minister Darabos (SPÖ) ist erste Zielscheibe von Vizekanzler Michael Spindelegger und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP). „Sie glauben an eine Fata Morgana“, warf ihm etwa Mikl zum Thema Mannstärke im Berufsheer an den Kopf. Darabos warf der ÖVP im Gegenzug „Panikmache“ vor.

Koalitionsfriede durch Heeres-Befragung gestört
Auch in der eigenen Partei fiel ihm zuletzt Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller in den Rücken, die für die Wehrpflicht stimmen wird. Da­rabos zeigte sich „tief enttäuscht“.

Rau ist auch der Ton in den TV-Duellen. Einen harten Schlagabtausch lieferten sich bereits am Montag Darabos und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner auf Puls 4.

Auch das Bürgerforum mit Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Michael Spindelegger am Dienstagabend zeigte eine schwer zerstrittene Koalitionsspitze.

VP: Frauen beim Heer sind „Beitrag zum Fasching“
Am Dienstag entbrannte außerdem eine Debatte um Frauen beim Bundesheer.
Darabos meinte, dass man aus „Gründen der Gerechtigkeit“ über einen verpflichtenden Wehrdienst für Frauen nachdenken könne. Kanzler Faymann will den Verfassungsdienst prüfen lassen. Vize Spindelegger bezeichnete die Diskussion als „Beitrag zum Fasching“.

Heeres-Duell im ORF: Für 67% siegte Kanzler

Es war die erste öffentliche „Entscheidungs-Schlacht“ in jener Frage, die derzeit Österreich spaltet: Ein Duell, das vor mehr als 500.000 Zusehern live im ORF-Zentrum ausgetragen wurde – in der Sendung Bürgerforum.

Über 300 Österreicher(innen) diskutierten zum Thema: „Wehrpflicht oder Berufsheer?“. Im Visier der Fragen aus Publikum und Internet: Kanzler Faymann und Vize Spindelegger – dazu die Wehrsprecher aller Parlamentsparteien.

ORF-Runde startet mit kritischen Fragen: Es ist 20.16 Uhr, als Werner Faymann – staatstragend im dunklen Anzug mit roter Krawatte – das Studio betritt. Eine halbe Minute später dann Michael Spindel­egger im grauen Anzug mit gestreifter Krawatte.

Kanzler souverän – ­Spindelegger kippt ins ,Du‘
Das Publikum ist gut ausgewählt: Alles Menschen mit direktem Bezug zu Sozialdienst oder Bundesheer. Die Fragen zum Start der Sendung sind überraschend skeptisch zum Profi-Heer und eher pro Wehrpflicht: „Warum zerstört man etwas, das funktioniert?“ Oder: „Wie wollen Sie das teure Berufsheer bezahlen – in den Kasernen fehlt derzeit sogar das Geld für warmes Wasser!“

VP-Chef Spindelegger legt als Erster los: „Die SPÖ ist von der gemeinsamen Linie abgekommen!“ Faymann kontert: „Die Welt hat sich nach dem Kalten Krieg verändert. Wir müssen stark im Katastrophenschutz sein, die brauchen Profis.“ Die Replik von Vize Spindelegger – er zitiert SP-Präsident Fischer: „Wir brauchen ein Heer aus dem Volk für das Volk.“ Er kippt plötzlich ins vertraute „Du“ – das irritiert viele.

Faymann bleibt per Sie, agiert angriffslustiger als Spindelegger, der übertrainiert und defensiv wirkt.

Spindi: „Man kann von einem Österreicher verlangen, etwas für sein Land zu tun.“ Faymann: „Gäbe es die Wehrpflicht nicht, würde man sie heute einführen? Man muss den Mut haben, Dinge zu ändern.“ Spindis Fazit: „Das Heer ist eine Schule fürs Leben. Gehen wir kein Abenteuer ein.“

Faymanns Credo: „Wir brauchen das Beste für unser Land – nämlich Profis.“

Das Fazit: 67 % sehen Kanzler als Sieger
Im Internet ist nach dem Duell Faymann klarer Sieger. Im oe24-Voting nach der Sendung sagten 67 Prozent: „Faymann überzeugte mehr.“

Auch auf Facebook ist die Meinung einhellig: „Punktesieg für Faymann!“

Video: Umfrage - Das sagen die Österreicher

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