Gaza-Flotte

Israel-Gegner demonstrieren in Wien

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Gegendemo von 'Free Gaza from Hamas': Sie solidarisieren sich mit Israel.

Das Bündnis "Free Gaza from Hamas" hat am Freitag am Wiener Stock-im-Eisen-Platz eine Kundgebung abgehalten, um sich mit Israel nach dessen Militäreinsatz gegen die Gaza-Hilfsflotte am Montag zu solidarisieren. Simone Dinah Hartmann von der Organisation "Stop the Bomb", Mitbegründerin des Bündnisses, sieht im Gaza-Streifen eine durch die Hamas ausgelöste "menschliche Katastrophe". Von einer "humanitären Katastrophe" zu sprechen, sei "absurd".

Die Gaza-Flotte sei "von Anfang an als Propaganda-Aktion der Hamas angelegt" worden. An Bord der Flotte hätten sich "keine Friedensaktivisten befunden", sondern Personen, die "sehr stark in islamistische Strukturen eingebunden sind", sagte Hartmann unter Verweis auf die islamische Hilfsorganisation IHH. Aufgrund der von Israel verhängten Seeblockade sei es "völlig legitim, Schiffe nicht durchzulassen". Die Seeblockade sei "notwendig", damit "keine militärischen Güter in den Gaza-Streifen kommen". Die Hamas wolle eine "islamische Theokratie", jedoch "keinen Frieden mit Israel", so Hartmann. Sie kritisierte auch die österreichische Regierung, die "entschieden hat, auf welcher Seite sie steht, noch bevor alle Fakten auf dem Tisch liegen", und forderte die Regierung auf, "mit diesen völlig einseitigen Verurteilungen Israels aufzuhören".

Seeblockade "vollkommen legal"
Raimund Fastenbauer, Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde, meinte unter Verweis auf die internationale Kritik nach Israels Vorgehen: "Anscheinend hätte es die Welt besser vertragen, wenn die Soldaten gelyncht worden wären." Die Palästinenser würden "fälschlicherweise als Kolonialvolk betrachtet", während "Islamisten Juden das Recht auf einen Nationalstaat" absprächen. Der israelische Botschafter in Österreich, Aviv Aharon Shir-On, bezeichnete die Passagiere des Schiffes, auf dem im Zuge der Militäraktion mehrere Aktivisten getötet worden waren, als "hundert gewalttätige Terror-Kollaborateure". Das Verhängen der Seeblockade sei "vollkommen legal" gewesen, es sei jedoch "vollkommen illegal", die "Gewalt von Terroristen zu unterstützen".

Richard Schmitz, Vizepräsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft, bezeichnete die Resolution des Wiener Gemeinderates gegen Israel als "lächerlich". Der Gemeinderat habe "zu internationalen Problemen nicht Stellung zu nehmen". Heribert Schiedel vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes kritisierte den gegen Israel gerichteten "politischen Verurteilungsreigen" der österreichischen Parteien. Die Kundgebung, an der nach Schätzungen der Polizei rund 150-200 Menschen teilnahmen, dauerte eine Stunde und wurde mit der israelischen Hymne beendet.

Gazastreifen als "Freiluftgefängnis"
Als Gegendemonstration versammelten sich Tausende wenige Kilometer weiter. Anhänger der mittlerweile 127 Organisationen umfassenden pro-palästinensischen Solidaritätsplattform marschierten am Freitag in Wien vom Treffpunkt bei der Oper zum Ballhausplatz, wo vor dem Bundeskanzleramt die Abschlusskundgebung abgehalten wurde. Laut Auskunft eines Polizisten vor Ort ist der Demonstrationszug über den Ring friedlich verlaufen.

Der Wiener SPÖ-Gemeinderat Omar Al-Rawi bezeichnete den Gazastreifen als "Freiluftgefängnis", in dem "1,5 Millionen Menschen eingesperrt sind". Die neun toten Friedensaktivisten seien aber "nicht umsonst gestorben". "Wir werden euren Weg weiterführen", so Al-Rawi. Der israelische Angriff auf die Gaza-Flotte in internationalen Gewässern sei ein "Akt der Piraterie und Kidnapping". Weiters habe die israelische Armee auf einem Schiff unter türkischer Flagge "nichts verloren". Al-Rawi forderte die israelische Regierung auf, das gesamte Videomaterial des Angriffs freizugeben, um den Vorfall aufklären zu können.

"Kaltblütiger Mord"
Paula Abrams-Hourani, Gründerin der Organisation "Frauen in Schwarz", bezeichnete das Vorgehen der israelischen Armee als "kaltblütigen Mord" und forderte die Beendigung der "unmenschlichen und illegalen Besatzung". Im Rahmen der Hilfsaktion durch die Gaza-Flotte hätten Mitglieder der Zivilgesellschaft ihr "Leben riskiert", was jedoch die "Aufgabe der internationalen Gemeinschaft" wäre. Israel glaube, "jahrelang jedes Gesetz brechen zu können" und habe über die Bevölkerung des Gaza-Streifens eine "jahrelange kollektive Strafe" verhängt. "Wie kann sich ein Staat als Demokratie bezeichnen, und ein anderes Volk jahrelang unterdrücken?" Auf der Hilfsflotte hätten sich Menschen befunden, die "etwas Mutiges für ihre Mitmenschen tun wollten". Abseits der Lieferung humanitärer Hilfe sei es ein weiteres Ziel der Flotte gewesen, die "illegale Blockade des Gaza-Streifens zu durchbrechen", was laut Abrams-Hourani ebenfalls die internationale Gemeinschaft hätte machen sollen. Von dieser forderte sie, "auf Israel Druck auszuüben, damit es internationales Recht respektiert".

Fritz Edlinger von der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen (GÖAB) sah in der Kundgebung einen "historischen Augenblick", die Demonstration in Wien sei "Teil einer weltweiten Solidaritätsbewegung", die der Welt mitteilen wolle: "Wir haben genug von der israelischen Besatzung". Er trauere um die "Opfer der israelischen Besatzungspolitik", die mittlerweile "Tausende umfasst". Wie Al-Rawi betonte Edlinger, den "Kampf" der palästinensischen Opfer fortzuführen. Es gehe jedoch nicht nur um diesen Kampf, sondern um "Gerechtigkeit für das palästinensische Volk" sowie um dessen "Selbstbestimmungsrecht" im Sinne eines eigenen Staates. Er habe "genug" von den "schwachen Ausreden" und "Verurteilungen durch westlichen Politiker" und wolle "Taten sehen". Edlinger wolle sehen, "dass Europa, Österreich Sanktionen gegen Israel einführen". Gegen "Verbrecher" müsse man "massiv vorgehen", es sei eine "sofortige internationale Untersuchung" notwendig, damit die Spitze der israelischen Regierung "zur Verantwortung gezogen" werde.

"Stoppt Israel. Freiheit für Palästina"
Amina Baghajati von der Islamischen Glaubensgemeinschaft prangerte das "grausame Unrecht im Namen der Selbstverteidigung" an. "Israels Politik muss begreifen", dass sie "im Namen der Selbstverteidigung" Menschenrechte nicht "mit Füßen treten" könne. Es sei inakzeptabel, "mutigen Aktivisten Nähe zum Terrorismus zu unterstellen". Natalie Adler, eine jüdische Aktivistin von der Gruppe "Linkswende", bezeichnete den Gazastreifen als "größtes Gefängnis der Welt", in dem die palästinensische Bevölkerung "in Flüchtlingslager gepfercht" und "ausgehungert" werde. "Der Tod der Solidaritätsaktivisten darf nicht ungestraft bleiben", so Adler.

Zwischen und während der in deutscher, türkischer und arabischer Sprache abgehaltenen Redebeiträge skandierten die Demonstranten immer wieder "Israel Terrorist", "Kindermörder Israel" sowie "Lasst Gaza leben, lasst Gaza frei". Auf Schildern war u.a. zu lesen: "Stoppt die Besatzung", "Piratenüberfall auf humanitäre Hilfe", "Free Gaza" sowie "Stoppt Israel. Freiheit für Palästina". Die Demonstranten schwenkten türkische und palästinensische Fahnen. Laut Angaben eines Polizisten vor Ort beteiligten sich an dem Demonstrationszug rund 10.000 Personen, an der Kundgebung ungefähr 5.000. Die Veranstalter schätzten die gesamte Teilnehmerzahl auf 12.000-15.000.

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Hunderte Israel-Gegner versammelten sich am Freitag in Wien.

Sie protestierten gegen die Erstürmung einer Gaza-Hilfsflotte.

Ein paar Kilometer weiter solidarisierte sich "Free Gaza from Hamas" mit Israel