"Endspielsieg"

Jeannée: Wirbel um NS-Anspielung

Teilen

Der Kolumnist wandelte die erste Strophe des Deutschlandlieds ab.

"Krone"-Kolumnist Michael Jeannée sorgt wieder für Aufregung: In seiner Kolumne "Post von Jeannée" befasste sich der Journalist am Dienstag mit dem Fußball-WM-Semifinale zwischen Brasilien und Deutschland. Er wandelte dabei das Deutschlandlied ab, zitierte ein altes SA-Kampflied und sehnte den "Endspielsieg" herbei. Der "Krone" ging das zu weit, sie strich wesentliche Passagen über Nacht.

"Endspielsieg"
"Ich glaube an den deutschen Fußball, ich liebe ihn. Seine Kraft und Leidenschaft. Sein Aufbäumen in scheinbar aussichtsloser Situation. Seine Genieblitze. Seine schwarz-rot-goldene Geschlossenheit. Seine deutschen Tugenden in elf Sportlern. Daher: Heute die Brasilianer und morgen die ganze Fußballwelt. Mit einem Endspielsieg in Rio", so der "Krone"-Postler in der Abendausgabe. Mit den beiden Schlusssätzen spielte Jeannée auf alte Nazi-Diktion an. Zum einen auf das SA-Kampflied "Es zittern die morschen Knochen", wo es unter anderem "Denn heute, da gehört uns Deutschland. Und morgen die ganze Welt" heißt, zum anderen auf den immer wieder von den Nationalsozialisten herbeifantasierten "Endsieg".

Jeannée: Wirbel um NS-Anspielung
© Kronen Zeitung Faksimile
(c) Kronen Zeitung Faksimile

Darüber hinaus wandelte Jeannée auch die von den Nazis missbrauchte erste Strophe des Deutschlandlieds ab und schrieb von "Jogi, Jogi über alles, über alles in der Welt". Das Deutschlandlied wurde 1922 zur offiziellen Nationalhymne, allerdings wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nur mehr die dritte Strophe gesungen. Seit 1991 ist diese Version die gültige Hymne.

Der "Krone"-Chefredaktion ging das dann offenbar doch zu weit. In Teilen der Morgenausgabe wurden zumindest die auf SA-Kampfgesänge und "Endsieg" anspielenden Passagen gestrichen. "Wurde korrigiert" und "Text geändert", meinte etwa Richard Schmitt, der bei der "Krone" als Berater von Herausgeber und Chefredakteur Christoph Dichand fungiert, im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Nähere Infos zu den internen Diskussionen über die Jeannée-Kolumne wollte Schmitt im sozialen Netzwerk aber nicht geben.

Heftige Kritik
Auf Twitter gab es unterdessen Kritik an der mit NS-Anspielungen gespickten Jeannée-Post. Und beim Österreichischen Presserat ist bereits eine Lesermitteilung dazu eingegangen. Einer der Senate werde sich mit der Causa beschäftigen, hieß es auf Nachfrage. Eine Stellungnahme wolle man deshalb derzeit nicht abgeben, um einer Entscheidung nicht vorzugreifen.

Jeannée gilt in der Medienbranche als Wiederholungstäter in Sachen Grenzüberschreitung. Ein Branchenblatt nannte ihn deshalb einmal "journalistischen Borderliner". Den Presserat hat der langjährige Boulevard-Reporter, der für den Wiener "Express", "Kronen Zeitung", "Bild am Sonntag" und danach wieder für die "Krone" tätig war, in den vergangenen Jahren bereits mehrfach beschäftigt.

Für "Kurier"-Chefredakteur Helmut Brandstätter forderte er etwa einen "Hegeabschuss", womit er die Absetzung des Zeitungschefs meinte. Rund um einen Überfall mit tödlichen Folgen für einen Jugendlichen hielt Jeannée fest, dass Räuber eben mit einer Kugel zu rechnen und diese auch verdient hätten. Und auch mit einer Glosse über Flüchtlinge sowie über vier einer Straftat verdächtigte junge Männer, die er als "elendes, niederträchtiges Pack" bezeichnet hatte, verstieß Jeannée nach Ansicht des Presserats gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse. Anlässlich der jüngsten Fußball-"Expertise" des "Krone"-Postlers wurden am Dienstag im Internet auch wieder alte "Bild"-Reportagen Jeannées ausgegraben, in denen dieser rund um die Fußball-WM 1978 in Argentinien der dortigen Folter- und Militärjunta quasi einen Persilschein ausgestellt hatte.

Jeannée selbst bezeichnete sich in einem Interview rund um seinen 65. Geburtstag als "liberaler Bürgerlicher", "konservativ wie immer" und "Kosmopolit", der "kein Fremdenhasser" und "kein Kopftüchlgegner" sei. Der "Ruf des Rechten" hänge ihm allerdings nach. FPÖ-Rechtsaußen Andreas Mölzer nannte er bei gleicher Gelegenheit "blitzgescheit" und er erklärte stolz, dass es auch in den entlegensten Gegenden der Welt "meine Stärke" gewesen sei, "den Neger zu finden, der ein Telefon hat".

Ob die jüngste Entgleisung des rasenden Boulevard-Expresses seinen Abgang bei der "Kronen Zeitung" beschleunigen könnte, blieb am Dienstag vorerst offen. Der 71-jährige Jeannée, dessen Monatsgage auf einen fünfstelligen Euro-Betrag geschätzt wird, hätte das Pensionsalter längst erreicht. Jeannées Sichtweise war dazu bisher aber klar: Pension interessiere ihn "überhaupt nicht". Er halte nichts von diesem "Jugendwahn".
 
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.