Grasser einmal als Kläger

KHG kämpft um die Ehre 
– und Geld

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Grasser will Schadenersatz. Heute war Verhandlung. Urteil ergeht schriftlich an KHG.

KHG kämpft um die Ehre 
– und Geld
© Tz ÖSTERREICH

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Ja, er mag die großen Auftritte noch. Karl-Heinz Grasser (44) lächelt, hat die Haare schön, einen feinen Anzug, Manschettenknöpfe. Doch der gestrige Auftritt des ehemals jüngsten Finanzministers am Obersten Gerichtshof in Wien wirkte auch ein wenig verzweifelt. „Ich kämpfe um meine Rechte als Staatsbürger und ich werde mich nicht wie ein Opferlamm zur Schlachtbank führen lassen.“

Penthouse. Deshalb klagt er jetzt die Republik. Auslöser ist der 26. Mai 2011, jener Tag, an dem Hausdurchsuchungen in Zuge seines Finanzstrafverfahrens durchgeführt wurden. Der Vorwurf: Die Staatsanwaltschaft hat via Pressemitteilung die Medien darüber informiert, Grasser findet: „eingeladen“. Die Folge: Ein Medienansturm vor seinem Penthouse, sein Sohn konnte nicht einmal zur Schule. Und das Schlimmste: Seine Geschäftspartner kehrten ihm den Rücken zu, „ich hab das auch an den Umsätzen in meiner Firma gemerkt“.

35.000 Euro. Deshalb will er Schadenersatz, Streitwert sind vorerst 35.000 Euro. Und: „Ich möchte meine Reputation zurück, mein Image.“

Unterstützung erwartet sich Grasser von einem Urteil des Landesgerichtes Wien, das in dieser Causa bereits 2012 entschieden hat, dass die „Herausgabe der Pressemitteilung seine Rechte verletzt hat“.

Der Autor der Aussendung, Staatsanwalt Thomas Vecsey, wies alle Vorwürfe zurück. Das Urteil ergeht schriftlich.

Die Bilder von damals: Razzia an 10 Orten:

Karl-Heinz Grasser : 10 Hausdurchsuchungen in Wien, Kärten & Tirol - Bilder Fotos

Die Staatsanwaltschaft Wien hat heute (26.5.2011), im Finanzstrafverfahren gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser an insgesamt zehn Privat- und Firmenadressen Hausdurchsuchungen durchgeführt.

ÖSTERREICH: Sie klagen die Republik auf Schadenersatz. Welcher Schaden ist Ihnen konkret entstanden?
Karlheinz Grasser:
Ich möchte mit der Klage ein Sig­nal setzen. Dass es eine Presse-Einladung zu meiner Hausdurchsuchung gegeben hat, ist empörend. Mein Sohn konnte nicht zur Schule gehen, weil so viele Journalisten da waren.

ÖSTERREICH: Aber wo ist der Schaden für Sie?
Grasser:
Meine Reputation war dahin, mein Image als Unternehmer auch. Geschäftspartner haben sich abgewendet, wollten nicht mehr mit mir arbeiten. Der Schaden ist enorm.

ÖSTERREICH: Auch Steuersünder richten Schaden an. Zittern Sie davor, auf einer der aktuellen Offshore-Leaks-CDs aufzutauchen?
Grasser:
(lacht). Ich bin von der Haarspitze bis zum kleinen Zeh gescannt – von mir taucht nichts auf, weil ich nichts getan habe.

ÖSTERREICH: Soll das Bankgeheimnis bleiben?
Grasser:
Nein, es soll fallen. In der jetzigen Situation ist es nicht mehr zu rechtfertigen.

 

Video: Grassers Auftritt vor Gericht:




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12:13 Uhr: Prozess jetzt zu Ende
Rami hat keine Fragen an Grasser. Arzberger legt Grasser ein ÖSTERREICH-Interview vor, in dem dieser sagt, dass sein "Ruf ruiniert und sein Geschäft zerstört" worden sei. Das Interview sei lang nach den Razzien gegeben worden, und er stehe dazu, so Grasser.

Grasser ist damit entlassen.

Der Prozess ist beendet. Das Urteil wird schriftlich ergehen, sagt Richterin Wieser.

11:57 Uhr: Grasser klagt über Umsatzeinbußen
Die Umsätze seien in der Zeit nach der Hausdurchsuchung "deutlich zurückgegangen", so Grasser. "Könnten Sie nach Abschluss des Verfahrens einen konkreten Schaden beziffern?" will die Richterin wissen. Grasser: "Das ist schwierig, das kann ich bis jetzt nicht machen." Vielleicht sei dies später möglich, mit Hilfe eines Gutachters.

Er habe keinen österreichischen Klienten mehr, seit über die Razzien berichtet wurde, so Grasser. Geschäftspartner hätten ihn angerufen und "gefragt, was da los ist". Es habe viele "politisch motivierte" Anzeigen gegen ihn gegeben, das habe er gegenüber Geschäftspartnern immer erklären können. Geschäft sei eine Frage von "Reputation und Vertrauen", so Grasser.

Warum er nach den Hausdurchsuchungen die Pressekonferenz gemacht habe? Grasser: Anwalt Ainedter habe sich vor Grassers Wohnung "bereits durch Journalisten kämpfen" müssen - Grund dafür sei die Aussendung der Staatsanwaltschaft gewesen. Dagegen habe er sich "als Staatsbürger" zur Wehr setzen wollen

11:50 Uhr: Jetzt spricht Grasser
Zeuge Vecsey ist entlassen, nun kommt Grasser in den Zeugenstand - er wird als Partei vernommen, hebt Richterin Wieser heraus.

 

"Wie haben Sie von den Hausdurchsuchungen erfahren?"
Grasser weiß es nicht mehr genau, es sei Anwalt Ainedter gewesen oder sein Sohn, der ihn angerufen habe - zwischen 9 und 9.30 Uhr. "Ich war im Ausland. Meinen Eindruck der Durchsuchungen habe ich nur aus Schilderungen meiner Putzfrau, meines Sohnes und meines Anwalts", so Grasser.

Grasser spricht von "einer neuen Dimension" der Berichterstattung bezüglich der Razzien bei ihm. "Damit hatte ich den Eindruck einer Vorverurteilung durch Journalisten. Geschäftspartner haben sich abgewendet", sagt Grasser. Konkreter kann es Grasser nicht beschreiben. Welche Geschäftspartner abgesprungen seien, könne er nicht sagen. "Ich hatte eine Reihe von Geschäften angebahnt - und auf einmal wollte die andere Seite diese Projekte nicht mehr verfolgen."

11:40 Uhr: Der Grund für die Aussendung
Man habe mit der Aussendung zugewartet, ob die Durchsuchungen komplikationslos angelaufen worden waren, sagt Vecsey. Auf den Verlauf der Durchsuchungen habe man keinen Einfluss. Rami fragt Vecsey, ob dieser durch die Verwendung der Vergangeheitsform in der Aussendung den Eindruck erwecken wollte, dass die Durchsuchungen bereits abgeschlossen seien. Vecsey verneint, Pressemeldungen würden immer in der Vergangenheit geschrieben, um "eine gewisse Persistenz" zu haben.

Nun ist der Vertreter der Finanzprokuratur, Herbert Arzberger, am Wort. Die Aussendung sei bewusst schmucklos formuliert. Doch seien Details der razzien in den Medien zu finden gewesen. Vecsey: "Diese ganzen privaten Details sind am 31. Mai an die Öffentlichkeit gelangt. Und zwar durch eine Pressekonferenz von Grasser und Ainedter." Das sei ein Beispiel für PR. Die Staatsanwaltschaft sei nicht an diesen Details schuld, so Vecsey.

11:25 Uhr: Grasser-Anwalt am Wort
Rami zitiert aus einem Urteil des Landesgerichts, das eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte Grassers feststellte. Die  Durchsuchung bei Grasser in Wien habe erst etwa 50 Minuten nach der Aussendung von Vecsey begonnen, so Rami.

Rami einigt sich mit Vecsey auf "undichte Stellen" innerhalb der Behörden. Vecsey wisse nicht wo diese Stellen liegen - sonst hätte man diese schließlich trockengelegt, denn solche Lecks würden natürlich die Ermittlungen beeinträchtigen.

 

11:18 Uhr: Nun fragt Grasser-Anwalt Rami
"Gab es schon einmal so eine Aussendung aus ihrem Haus?", fragt Rami. "In schriftlicher Form nicht", antwortet Staatsanwaltssprecher Vecsey. Allerdings habe es das bereits in mündlicher Form gegeben - auf Anfrage. Als schriftliche Aussendung sei das "eine Premiere" gewesen, sagt Vecsey. Rami legt Vecsey Fotos von den Hausdurchsuchungen vor und will wissen, ob Vecsey, den Medienauflauf vorausgesehen hätte. "Nein", antwortet Vecsey.

11:14 Uhr: Es geht weiter
Der Medienerlass habe eine Rolle gespielt, so Staatsanwaltschafts-Sprecher Thomas Vecsey, allerdings sei dieser aus dem Jahr 2003 und berücksichtige nicht aktuelle Entwicklungen wie Social Media und Live-Berichterstattung. Vecsey zitiert aus dem Medienerlass. Die Medien seien laut diesem "zeitnah" zu informieren.

Richterin: "Die klagende Partei bezieht sich in ihrer Klage auf die Nichtöffentlichkeit eines Ermittlungsverfahrens. Haben Sie diese Überlegungen in ihre Entscheidung miteinbezogen?"

Vecsey bejaht, allerdings sei das Informationsinteresse der Öffentlichkeit höher zu bewerten gewesen als die Persönlichkeitsrechte von Grasser, so Vecsey. In einem Magazin seien damals "schneller als uns lieb war" Verdachtslagen und Details in der Causa kommuniziert worden, sagt Vecsey.Er wisse nicht, woher die Informationen an die Medien gekommen seien. 

11:01 Uhr: Die Richterin spricht die Aussagen Vecseys auf Band.
Details aus dem kleinen Gerichtssaal: Die Uhr ist auf 6.52 Uhr stehengeblieben. Grasser und sein Anwalt Michael Rami sowie auf der anderen Seite der Vertreter der Finanzprokuratur, Herbert Arzberger, hören dem Protokoll der Richterin ungerührt zu. Rami blättert in Akten und macht sich ab und an Notizen.

10:51 Uhr: 10 Razzien
Es seien 10 Razzien an 10 verschiedenen Orten gewesen und 60 Ermittler. "Der Kreis der beteiligten Personen ist damit sehr groß", so Staatsanwaltssprecher Vecsey. Er möchte aber "keine Vermutungen über undichte Stellen machen", sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Man habe in der Aussendung keine genauen Orte genannt, nur die Bundesländer. Er sei nicht davon ausgegangen, dass die Aussendung zu einem Medienrummel bei den Adressen von Grasser führen würde. Grasser habe mehrere Adressen in Wien - "aber wir haben bewusst keine genannt", sagt Vecsey.

Richterin Wieser will wissen, ob die Aussendung abgestimmt war. Vecsey: "Mit dem zuständigen Staatsanwalt und mit der Behördenleitung."
Richterin: "Gab es Bedenken?"
Von der Behördenleitung habe es die Anweisung gegeben, die Aussendung zu versenden, so Vecsey.

10:43 Uhr: Die Gründe für die Presseaussendung
Es sei schon vor 2011 so gewesen, dass Razzien ohne Pressemitteilung bekannt geworden seien. "Der krasseste Fall war, dass eine Hausdurchsuchung um 6 Uhr Früh begonnen hatte und um 7 Uhr früh schon im Morgenjournal darüber berichtet wurde." Vecsey will damit illustrieren, dass in Wien Razzien auch ohne Mitteilungen bekannt werden. "Wir wissen nicht, wieso das so ist", sagt Staatsanwaltssprecher Vecsey, "Faktum ist: Es passiert ständig."

Es habe damals mehrere Verfahren gegen Grasser gegeben. Um Gerüchten in der Medienwelt entgegenzutreten, habe er die Mitteilung verschickt. Es sei wichtig gewesen, zu erklären, dass es sich um das Steuer-Verfahren gehandelt habe und nicht um andere Verfahren, so Vecsey.

10:39 Uhr: Es geht um die Hausdurchsuchung bei Grasser - der Ablauf:
Um 9 Uhr startete die Razzia bei KHG, kurz nach 9.30 Uhr schickte Vecsey eine Pressemitteilung. An wen genau, weiß er nicht mehr. Es gab einen Mailverteiler. "Ich war mir damit sicher, dass alle erreicht werden." Der Staatsanwalt habe ihm damals berichtet, dass sowohl Grasser als auch sein Anwalt bereits über die Hausdurchsuchung bereits informiert waren. Das sei die Grundllage für die Aussendung gewesen.

"Sobald irgendwo in einem Medium der Name Grasser stand, gab es sofort 10-20 Anfragen zu den Hintergründen", schildert Vecsey. "Ich habe daraus geschlossen, dass das Interesse der Öffentlichkeit an diesem Verfahren weit höher ist als in allen anderen Verfahren, die wir damals bearbeiteten."

10:32 Uhr:  Richterin Wieser eröffnet die Verhandlung
Grasser wird von Michael Rami vertreten. Die Richterin beginnt mit der Beweisaufnahme. Erster Zeuge: Thomas Vecsey, Sprecher der Staatsanwaltschaft.

10:31 Uhr: "Haben Sie Steuern hinterzogen?"
Auf die Frage, ob er Steuern hinterzogen habe, antwortet Grasser mit einem Wort: "Nein." Es gehe ihm um Wiederherstellung seiner Reputation, so Grasser. "Ich habe Vertrauen in den Rechtsstaat", sagt KHG. Das würden auch die Entscheidungen des OLG in diesem Fall zeigen.

 

10:20 Uhr: Es geht los
Schon um 10.15 Uhr ist Karl-Heinz Grasser vor dem Verhandlungssaal 5 erschienen. Im schwarzen Anzug stellt er sich den Medienvertretern am Gang vor dem Gerichtssaal. Er wirft den Behörden "mehrfachen Rechtsbruch" vor. "Dagegen setze ich mich als Staatsbürger zur Wehr", sagt Grasser. Mit seiner Klage möchte er laut eigenen Angaben auch allen anderen Mut machen, die sich gegen Behörden zur Wehr setzen müssten.

09:30 Uhr: DIe Hintergrund-Infos zum heutigen Prozess
'Mit ihrer Aussendung habe die Justiz Grassers Persönlichkeitsrechte verletzt und ihn „in seiner unternehmerischen bzw. beruflichen Tätigkeit und in seinem Erwerb massiv beeinträchtigt“, heißt es in der Klagsschrift von Grassers Anwalt Michael Rami.

Grasser sagt als Zeuge in eigener Sache aus
Für diese Beeinträchtigung fordert KHG nun Schadenersatz. Die Höhe der Summe wird nicht beziffert. Bei der Klage geht es zunächst um die Feststellung, dass der Staat schadenersatzpflichtig ist. Ein Öffentlichwerden der Razzia sei aber „unvermeidbar“ gewesen, hatte ein Vertreter der Finanzprokuratur beim jüngsten Verhandlungstermin im Februar gesagt.

Grasser selbst wird heute von Richterin Romana Wieser befragt. Ebenfalls geladen ist Staatsanwaltschaftssprecher Thomas Vecsey. Das Urteil werde wohl „in ein paar Wochen“ schriftlich erfolgen, so Rami zu ÖSTERREICH.

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