Interview zu Richtungsstreit

Kern: 'Doskozil liegt schlicht falsch'

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Starke Ansage: SPÖ-Chef Kern weist Doskozil-Kritik ­zurück. Er will bleiben.

„Sommertheater“ oder tatsächlich ein brutaler Machtkampf? Seit der frühere Heeresminister Hans Peter Doskozil just am Tag nach der SPÖ-Programmpräsentation seine Partei vor einer „grünen Fundi-Politik“ warnte, ist in der SPÖ der Teufel los. Will da die alte Gruppe rund um Ex-Kanzler Werner Faymann SPÖ-Chef Christian Kern aus dem Amt mobben? Und: Ist es gar Doskozil selbst, der Ambitionen auf das Amt hat?

Konter

In ÖSTERREICH gibt Kern eine klare Antwort auf die Doskozil-Kritik: Sie sei „schlicht falsch“. Wer gehofft hat, dass der Ex-Kanzler jetzt seine Fahnen streicht, der hat sich ­getäuscht. Kern will beim Parteitag im Herbst sehr wohl antreten – und auch als Spitzenkandidat in die Wahl (wahrscheinlich im Jahr 2022) gehen.

ÖSTERREICH: Man warnt in Ihrer Partei neuerdings vor einer grünen Fundi-Politik … planen Sie denn so etwas?

Christian KERN: Das wäre ja völlig unsinnig. Arbeit und Soziales werden immer das Fundament sein, auf dem die SPÖ steht. Genauso brauchen wir ein starkes Europa, Maßnahmen gegen den Klimawandel und eine geordnete Migrationspolitik.

ÖSTERREICH: Warum warnt aber Doskozil davor? Sägt da ­jemand an Ihrem Sessel?

KERN: Seine Einschätzung war schlicht falsch. Das kann vorkommen.

ÖSTERREICH: Sie sind entschlossen, am Parteitag im Herbst als Vorsitzender zu kandidieren?

KERN: Ja.

ÖSTERREICH: … und auch als Spitzenkandidat in die nächste Wahl zu gehen?

KERN: Ja, in die Wahl zu gehen und die SPÖ zur Nummer 1 zu machen.

ÖSTERREICH: Sind Sie Doskozil jetzt böse?

KERN: Es gibt bei uns kein Diskussionsverbot.

ÖSTERREICH: Welche Rolle wird er in der SPÖ-Führungsmannschaft spielen?

KERN: Doskozil und Peter Kaiser sind im Juni beauftragt worden, gemeinsam mit Ländern, Jugend und Pensionisten ein neues Konzept zum Thema Migration und Zuwanderung zu er­arbeiten. Das steht vor der Fertigstellung.

ÖSTERREICH: Der implizite Vorwurf ist ja, dass die SPÖ das Migrationsthema ausblendet. Welche Antworten hat denn die SPÖ auf die Flüchtlingsfrage?

KERN: Das ist ein unsinniger Vorwurf. Migration ist eine der vier Säulen des neuen Grundsatzprogramms. Es gibt keine Zweifel, dass wir die Zuwanderung begrenzen müssen und mehr für die Integration tun müssen.

ÖSTERREICH: Heißt das Roll­laden runter für Flüchtlinge und Zuwanderer?

KERN: Wir würden unsere Seele verkaufen, wenn wir die Politik von ÖVP und FPÖ einfach nachahmen würden. Wir werden niemals die Leute aufeinanderhetzen. Wir müssen wieder mehr Mut haben und eigene Positionen vertreten. Es ist der Verdienst SPÖ-geführter Regierungen, dass die Kriminalität in Österreich auf einem Zehnjahrestief ist und die Zahl der neuen Asylanträge in meiner Zeit als Kanzler Monat für Monat gesunken ist. Das war das Ergebnis internationaler Kooperationen. Davon profitiert die aktuelle Regierung. Wir brauchen die Kontrolle der Grenzen, aber es ist auch unsere Pflicht, Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten.

ÖSTERREICH: Mit welchen Themen wollen Sie denn die Regierung angreifen? Reicht da das Klima-Thema?

KERN: ÖVP und FPÖ machen Politik für die Reichen. Die erhalten Steuergeschenke. Und wer Pech hat, soll halt laut FPÖ mit 150 € im Monat über die Runden kommen. Kurz und Strache haben kika/Leiner einem befreundeten Investor nachgetragen, ohne Garantie für die Arbeitsplätze zu verlangen. Das kostet jetzt 1.100 Menschen den Job. Sie reden über Ausländer und erwischen tut es alle. Wir stehen auf der Seite jener, die nicht von ihrem Vermögen leben können.

ÖSTERREICH: Was sagen Sie zum Besuch Putins bei der Kneissl-Hochzeit?

KERN: Österreich hat und braucht gute Beziehungen zu Russland. Ich wünsche den Eheleuten alles Gute. Aber die Vermischung von Privatem und Politischem auf Kosten der Steuerzahler durch die FPÖ-Ministerin passt nicht

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