Regierungsumbau

Kern wirft Faymann-Vertrauten Ostermayer aus der Regierung

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Ostermayer startete seine Amtszeit mit der Burgtheater-Affäre.

Wenn etwas an Josef Ostermayers (SPÖ) Abgang aus der Regierung überraschend ist, dann dass er ihn nicht freiwillig vollzogen hat. Denn der Burgenländer galt stets als das "Hirn" des abgetretenen Kanzlers Werner Faymann, als Mann für alle Fälle, dessen Aufgabe es war, Regierung und Partei zusammenzuhalten.

Insofern ist es wenig überraschend, dass der neue Regierungschef Christian Kern auf eine Weiterbeschäftigung Ostermayers verzichtete, auch wenn sich noch so viel Künstler für "ihren" Minister ins Zeug legten. Mit Ostermayer wäre ein glaubwürdiger Neustart eher schwierig geworden.

Verlust eines geschickten Vertreters
Dennoch verliert die Regierung mit ihm wohl einen der geschicktesten Vertreter der jüngeren österreichischen Politik-Geschichte. Nach außen leise, meist durchaus freundlich, konnte Ostermayer intern durchaus unangenehm werden, um die Interessen seines Chefs und Lebensfreunds durchzusetzen, wissen sowohl Vertreter der eigenen als auch der anderen Parteien zu berichten.

In Verhandlungen galt er als meisterhafter Taktiker, sein Meisterstück lieferte er mit der Befriedung des über Jahrzehnte schwelenden Ortstafel-Konflikts. Im Alltag hielt Ostermayer dem Kanzler den Rücken frei, wo es nur möglich war, etwa als es darum ging, in der Inseraten-Affäre im U-Ausschuss auszusagen. Als Faymann 2008 Regierungschef wurde, kam sein langjähriger Büroleiter mit und stieg zum Staatssekretär auf, 2013 wurde es dann auch mit dem (Kultur-)Ministeramt etwas, selbstverständlich im Kanzleramt angesiedelt, von dem aus er die gesamte Ära Faymann über die Regierungskoordination leitete.

Denkwürdiger Start als Kulturminister
Als Kulturminister hatte Ostermayer einen denkwürdigen Start: Just in den Wochen vor seiner Angelobung kochte die Finanzaffäre im Burgtheater hoch. Als designierter Minister gebot er zunächst, "einen kühlen Kopf zu bewahren", und kündigte die Einschaltung des Rechnungshofs an. Die Entlassung von Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann wurde kurz darauf seine erste hochrangige Amtshandlung.

Mehr als zwei Jahre danach ist die damals interimistisch von Ostermayer eingesetzte Direktorin Karin Bergmann regulär im Amt. Erst Anfang April wurde Günter Rhomberg, der vom Kulturminister nach dem Rückzug Georg Springers interimistisch mit der Leitung der Bundestheater Holding betraut wurde, von Christian Kircher abgelöst. Die im Zuge der Krise angestoßene Bundestheaternovelle wurde 2015 beschlossen.

Viele Baustellen in Angriff
Das Burgtheater blieb jedoch bei Weitem nicht Ostermayers einzige Baustelle. Er nahm deren viele in Angriff: Gleich zu Beginn seiner Amtszeit kündigte er eine Urheberrechtsnovelle inklusive Speichermedienabgabe an, äußerte das Bestreben, das ORF-Film/Fernsehabkommen gesetzlich zu fixieren sowie die Künstlersozialversicherung auszuweiten - und setzte alle Vorhaben um. Dass Ostermayer mit seiner Bereitschaft, Kulturschaffenden zuzuhören und Anliegen umzusetzen viele Fans in der Szene gefunden hat, zeigte sich jüngst in einer Unterstützungserklärung, die zahlreiche Künstler und Manager aus allen Branchen - von ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger bis Staatsoperndirektor Dominique Meyer - unterzeichnet haben.

Tatsächlich hat sich in den vergangenen zwei Jahren vieles verändert. Ostermayer brachte auch bald nach seinem Amtsantritt das zuvor jahrzehntelang diskutierte "Haus der Geschichte" auf den Weg und "redimensionierte" die Sanierung des Weltmuseums. Die Vertreter der Literaturszene erfreute Ostermayer mit der Schaffung eines österreichischen Buchpreises, der heuer im Herbst erstmals vergeben werden soll, ebenso wie mit der Erhöhung der Zahl der Stipendien und der Verlagsförderung. In Zeiten knapper werdender Mittel verhandelte Ostermayer Kulturbudgets, die keine wesentlichen Kürzungen vorsahen.

Künftiger Einsatz schwer abzuschätzen
Für alle Positionen, die seit Beginn von Ostermayers Amtszeit im Museumsbereich zu besetzen waren, wurden - so noch nicht vorhanden - Posten für kaufmännische Geschäftsführer geschaffen, um das Vier-Augen-Prinzip sicherzustellen, so etwa in der Nationalbibliothek, im Museum für Angewandte Kunst und im mumok. Insgesamt bewahrheitete sich Ostermayers Ruf, der ihm vorausgeeilt war - nämlich ein "hohes Maß an Durchsetzungsfähigkeit", wie es Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) zu Beginn der Amtszeit formulierte.

Wo der 55-jährige Vater von zwei Kindern diese Eigenschaften künftig einsetzen wird können, ist schwer abzuschätzen. Die beruflichen Anfänge des studierten Juristen aus der burgenländischen Gemeinde Schattendorf liegen in Wien, wo er für Mietervereinigung und wohnfonds_wien arbeitete, ehe es in die Politik ging. Mehr zu Hause ist der belesene Architekturfreund mittlerweile allerdings im Kulturfeld. Sorgen wird man sich um Ostermayer jedenfalls kaum machen müssen.

Zur Person
Josef Ostermayer, geboren am 12. März 1961 in Schattendorf - verheiratet, Vater eines Sohns und einer Tochter. Studierter Doktor iur. Beruflicher Werdegang: Rechtsberater bei der Mietervereinigung, Geschäftsführer des Wohnfonds-wien. Ab 2006 Büroleiter des damaligen Infrastrukturministers Werner Faymann, ab 2008 Staatssekretär im Kanzleramt, 2013 bis 2016 Kanzleramtsminister, unter andere mit den Agenden für Kultur.

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