tuerkei_artikelbild.jpg

Kern & Kurz

Kurs gegen die Türkei immer härter

Teilen

Schlechte Stimmung zwischen 
der Türkei und Österreich – Flüchtlingspakt steht auf der Kippe.

„Wir sitzen am längeren Ast“, sagte Kanzler Christian Kern im ÖSTERREICH-­Interview und zeigt sich von den Drohungen aus Ankara (Aufkündigung des EU-Türkei-Asylpakts) unbeeindruckt. Der SPÖ-Chef schlägt eine neue, harte Linie gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Erdogan, der gerade Stückchenweise die Demokratie in seinem Land aushebelt, und dessen Fans ein.

Diese toben im Internet gegen Österreich und den Regierungschef. Sogar Morddrohungen – ÖSTERREICH berichtete – werden gegen Kern gepostet. Auch VP-Außenminister Sebastian Kurz ist ins Visier der Erdogan-Fans geraten: Er geht in ÖSTERREICH auf Konfrontationskurs: „Wir lassen uns nicht drohen.“

Auf Twitter „belehrte“ ihn indes der türkische Außenminister Mevlüt Çavusoglu, nachdem Kurz über das „Ultimatum“ aus Ankara bezüglich des Asyl-Deals getwittert hatte. „Das ist kein Ultimatum. Das ist Meinungsfreiheit“, konterte Çavusoglu.

Sollen Beitrittsgespräche fortgesetzt werden?

Kurs gegen die Türkei immer härter
© TZOE

FPÖ mit voller Härte gegen Erdogan-Fans ausbremsen

Der Asylpakt – er „drosselt“ die Flüchtlingsankünfte in Griechenland aus der Türkei von über 2.000 auf rund 50 Flüchtlinge pro Woche – steht freilich auf der Kippe.

Die rot-schwarze Regierung ist sich indes einig, sich nicht „einschüchtern“ zu lassen und nimmt auch die „radikalen Teile der türkischen Community“ ins Visier.

Fast erweckt es den Eindruck, als sei ein „Wettlauf“ zwischen Kern und Kurz in Sachen Härte gegen Erdogan und Fans im Gang. Damit bremst freilich die Regierung auch die FPÖ aus, die die Demonstrationen der Erdogan-Anhänger in Wien als Wahlkampfschlager für die Hofburg-Wahl im Oktober zu nützen sucht …

Isabelle Daniel

Asyl: Ist Türkei noch ein verlässlicher Partner?

Kurs gegen die Türkei immer härter
© TZOE

Kurz: "EU hat durchaus 
 Druckmittel in der Hand"

ÖSTERREICH: Ankara droht damit, den Flüchtlingsdeal aufzukündigen. Der türkische Außenminister hat Sie auf Twitter „belehrt“, das sei Meinungsfreiheit. Wie geht das weiter?

Sebastian Kurz: Diese Aussage ist aus meiner Sicht durchaus als Erpressung zu interpretieren und natürlich versucht die Türkei, diesen Deal als Druckmittel zu verwenden, und ich glaube, die Europäische Union ist gut beraten, wenn sie nicht in diese Falle geht, sondern ganz im Gegenteil: Wir müssen unabhängig sein.

ÖSTERREICH: Erdogan-Fans beschimpfen und bedrohen Kanzler Kern und auch Sie. Wie wollen Sie damit umgehen?

Kurz: Ich habe dafür absolut kein Verständnis, denn aus meiner Sicht ist es wichtig, dass, wenn man in Österreich lebt, man dem Heimatland gegenüber loyal ist. Und das bedeutet für mich, dass man Konflikte aus dem Ausland nicht nach Ös­terreich hereinträgt. Ich kann nicht akzeptieren, dass diese Konflikte nach Österreich hereingetragen werden.

ÖSTERREICH: Kern sagt, die EU sitze „am längeren Ast“ bezüglich des EU-Asyldeals. Sehen Sie das auch so?

Kurz: Die EU hat durchaus Druckmittel in der Hand. Die Türkei ist auch auf ausländische Investoren und gute wirtschaftliche Beziehungen zur EU angewiesen. Daher hat die EU auch entsprechende Einflussmöglichkeiten. Wir können diplomatischen Druck aufbauen, insbesondere in internationalen Organisationen, und auch Kürzungen bei finan­zieller Unterstützung zur Annäherung an die EU andenken.

Interview: I. Daniel

Türken-Vereine stellen sich hinter Erdogan

Ausgerechnet in einem Restaurant der Türkis-Kette in Wien Favoriten, die kurdische Eigentümer hat und deren ­Filiale in der Mariahilfer Straße vor zwei Wochen von Pro-Erdogan-Demonstranten verwüstet worden war, gaben am Dienstagvormittag die türkischen Vereine in Österreich eine gemeinsame Erklärung ab.

Dabei stellte sich die „Österreichisch-Türkische Demokratie-Plattform“ demonstrativ hinter das Regime von Staatspräsident Recep Erdogan und verurteilte den Putschversuch vom 15. Juli. Die damaligen Pro-Erdogan-Demonstrationen wurden verteidigt, die anschließenden Ausschreitungen und Gewaltakte verurteilt.

Lästige Fragen waren nicht zugelassen

Pressesprecher Özcan Özyer sprach dabei vom „natürlichen Recht“, mit „berechtigter Entrüstung“ auf den Putsch zu reagieren.

Die Erklärung wurde verlesen, Fragen der Journalisten ließen die Organisatoren – wohl ganz im Sinne ihres Vorbilds Erdogan – nicht zu. Vorbeikommende Passanten reagierten teilweise mit Buhrufen.

Video zum Thema: Erdogan-Fan droht Kanzler Kern
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.