ÖSTERREICH-Interview

Kurz: "Dürfen uns Türkei nicht ausliefern"

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Der Darling der deutschen Medien, Außenminister Kurz, in ÖSTERREICH über seine Ziele.

Es war die Woche des Sebastian Kurz: Am Sonntag diskutierte er in der ARD-Talkshow Anne Will mit Deutschlands Justizminister Heiko Maas über die Flüchtlingskrise und wurde dafür von deutschen Medien abgefeiert. Am Dienstag behauptete er sich in der ZiB 2. Und dieses Wochenende wird er vom deutschen Magazin Focus und der Bild am Sonntag groß abgefeiert (siehe Kasten unten). In ÖSTERREICH redet Kurz nun Klartext über EU-Gipfel und ORF:

Kurz: »Haben staatliches 
Durchwinken beendet«

ÖSTERREICH: Die Balkanroute ist zu. Aber können damit wirklich die Flüchtlingsströme gestoppt werden?

Sebastian Kurz: Flüchtlingsströme kann man nie ganz stoppen. Aber wir haben die Zuströme stark reduziert. Es ging darum, das staatliche Weitertransportieren und Durchwinken von 15.000 pro Tag zu stoppen. Das ist uns damit gelungen. Mit einem Deal mit der Türkei und einem effizienten Schutz der EU-Außengrenzen würde man die Flüchtlingskrise wieder ganz unter Kontrolle bekommen.

ÖSTERREICH: Glauben Sie, dass es beim EU-Gipfel am Donnerstag zu einem Flüchtlingsdeal mit der Türkei kommen wird?

Kurz: Ich gehe davon aus, dass es einen Deal mit der Türkei geben wird. Aber entscheidend ist, dass wir uns der Türkei nicht ausliefern oder von ihnen abhängen. Da sind noch einige Dinge zu verhandeln. Und Europa muss seine Außengrenzen auch selbstständig schützen.

ÖSTERREICH: Aber wird es dann nicht zu Ausweichrouten kommen?

Kurz: Natürlich werden Schlepper – die ein widerwärtiges Geschäft mit dem Leid der Flüchtlinge machen wollen – Ausweichrouten suchen. Aber deswegen können wir trotzdem nicht sagen: Na gut, dann lassen wir alle hinein. Die Ausweichrouten werden nicht so viele Menschen nach Europa bringen wie das staatliche Durchwinken.

ÖSTERREICH: Was erwarten Sie sich vom EU-Gipfel am Donnerstag?

Kurz: Ich erwarte mir Unterstützung für die Flüchtlinge – für ihre Lebenssituation – in Griechenland und den Herkunftsländern. Es ist unsere Pflicht, diese Flüchtlinge zu versorgen.

ÖSTERREICH: Das passiert aber derzeit nicht. Die Menschen leben im Schlamm.

Kurz: Das passiert noch zu wenig. Das ist aber auch die Schuld Griechenlands, das sich in den letzten Monaten nicht helfen lassen wollte. Da ist in den letzten Tagen schon auch ein Umdenken zu bemerken gewesen.

ÖSTERREICH: Aber werden diese Flüchtlinge auch innerhalb der EU verteilt werden?

Kurz: Die Verteilung wird nur von Griechenland oder der Türkei aus möglich sein. Dazu muss der Flüchtlingsstrom reduziert werden. Sonst haben alle EU-Staaten nur Angst vor einer Überforderung.

ÖSTERREICH: VP-Chef Mitterlehner kritisiert den ORF wegen eines Solo-Auftritts von Kanzler Faymann in „Im Zentrum“.

Kurz: Es geht nicht nur um diese Sendung, sondern es gibt das Grundgefühl, dass der ORF in der Flüchtlingspolitik manchmal einseitig berichtet.

Interview: Isabelle Daniel

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