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Minister hält Europa in Atem

Kurz blockiert Türkei-Talks

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Ein Mann gegen Türkei und EU. Warum Kurz jetzt die Gespräche mit Ankara platzen lässt.

In Deutschland wird das harte Vorgehen von VP-Außenminister Sebastian Kurz alles andere als goutiert: Der Österreicher hat gestern die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stillgelegt, indem er den gemeinsamen Beschluss gegen die übrigen 27 EU-Außenminister platzen ließ.

Kurz hatte im Rahmen des EU-Außenministerrats neue Gespräche trotz stundenlanger Verhandlungen blockiert. Neben Berlin ist auch London not amused. Beide wollten aus „diploma­tischen Gründen“ den Gesprächskanal zu Recep Erdoğan offen halten.

Kurz argumentiert in ­Österreich, dass dieser Schritt „angesichts der Zustände in der Türkei notwendig“ gewesen sei.

Flüchtlingspakt mit der Türkei könnte kippen

Dem VP-Minister ist freilich klar, dass das harte Vorgehen gegen die Türkei nun den EU-Flüchtlingspakt zum Kippen bringen könnte. Kurz: „Ich hatte immer gewarnt, dass wir uns von der Türkei nicht erpressbar machen lassen dürfen.“

Sein Nein in Straßburg ist mit SP-Kanzler Christian Kern abgesprochen. Der hatte im Sommer ebenfalls bereits ein Ende der Türkei-Beitrittsgespräche gefordert.

Außenminister Sebastian Kurz über sein Veto zu Türkei-Talks

ÖSTERREICH: Warum beharrten Sie als einziger Außenminister der EU so auf ein Einfrieren der EU-Verhandlungen mit der Türkei?

Sebastian Kurz: Weil ich gegen doppelte Standards bin. Gegen Weißrussland hatte die EU wegen politischer Gefangenen Sanktionen beschlossen. In der Türkei wurden über 100.000 Menschen inhaftiert, Medien und Opposition werden eingeschüchtert. Viele in der EU wollen aber weiter machen, als sei nichts gewesen.

ÖSTERREICH: Was bringt dieses Veto?

Kurz: Es ist ein eindeutiges Signal an die Türkei. Auch ein eindeutiges Signal an das EU-Parlament. Dieses hatte bereits einen mutigen und wichtigen Schritt gesetzt und das Einfrieren verlangt. Der türkische Präsident Recep Erdoğan meinte, das Europäische Parlament sei „irrelevant“ oder gar „eine Terror­organisation“. Wir zeigen Erdoğan, dass das Parlament alles andere als irrelevant ist.

ÖSTERREICH: Aber der Text der EU-Außenminister ist eh schon weicher formuliert, oder?

Kurz: Der Text hat sich stark verbessert, aber er ist bezüglich neuer Gespräche über neue Beitrittskapitel-Talks mit der Türkei noch zu positiv. So konnte ich nicht zustimmen. Da bin ich nicht bereit, nachzugeben. Österreich will das Einfrieren der Gespräche, weil wir als EU die Wirklichkeit nicht ausklammern können. Es ist eine Ironie, dass just die Briten, die aus der EU austreten werden, die stärksten Befürworter von weiteren Talks mit der Türkei sind.

ÖSTERREICH: Aber was bringt Ihr Veto konkret?

Kurz: Es können keine neuen Kapitel eröffnet werden, da hier Einstimmigkeitsprinzip gilt.

I. Daniel

Video zum Thema: Diskussion zur aktuellen politischen Lage in der Türkei

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