Mit Macron

Kurz will EU "stark verändern"

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 "Es gibt viele Bereiche, wo wir an einem Strang ziehen", so der Kanzler.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will die Europäische Union gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron "stark verändern" und sieht dafür genügend Schnittpunkte. "Es gibt viele Bereiche, wo wir an einem Strang ziehen", sagte Kurz am Freitag vor seinem Treffen mit Macron vor österreichischen Journalisten in Paris.
 
 
 
Video zum Thema: Kurz bei Frankreichs Präsident Macron
 

Nicht immer einer Meinung

Konkret nannte Kurz den Schutz der Außengrenzen, die Verteidigungspolitik, aber auch die Besteuerung von Internet-Giganten wie Facebook oder Google. Es gebe auch Fragen, "wo wir nicht einer Meinung sind", sagte er mit Blick auf die Sozialunion. "Aber wenn wir die Themen, wo wir einer Meinung sind, gemeinsam umsetzen können in der Europäischen Union, dann wäre die Europäische Union schon stark verändert, und aus meiner Sicht deutlich zum Positiven." Auch eine EU-Finanztransaktionssteuer befürworte er, sagte Kurz auf Nachfrage.
 
"Ich glaube, die gibt es", sagte der ÖVP-Chef auf die Frage, ob es neben der Europavision von Macron und jener von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auch eine "Kurz-Vision" von Europa gebe. "Meine Vision ist ein Europa der Subsidiarität, wo man ganz gezielt Bereiche auswählt, wo es mehr Zusammenarbeit braucht", betonte er. "Ganz oben" stehe dabei auch die Verteidigungspolitik, meinte er auf Nachfrage, verwies aber zugleich auf die "rechtliche Grenze" der österreichischen Neutralität.
 
Kurz betonte vor österreichischen Journalisten seine pro-europäische Orientierung, machte aber kein Hehl daraus, dass er eine "Veränderung" in Europa will. Dafür brauche es Partner, und Macron sei "ein ganz wichtiger Ansprechpartner". Kurz nannte aber auch den rechtsliberalen niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte, den er am 1. Jänner anlässlich des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker empfangen hatte. Rutte sei "für uns ein wesentlicher Partner, mit dem wir in vielen Bereichen ähnliche Sichtweisen haben", sagte Kurz in Anspielung auf die strikte Position Den Haags als größter EU-Nettozahler pro Kopf in Budgetfragen.
 

Ähnliche Ansichten

In Bezug auf Macron nannte Kurz drei Bereiche, in denen er ähnliche Ansichten ortet, "die Stärkung der Sicherheit", mehr Subsidiarität und Bürokratieabbau sowie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft in Zeiten der Digitalisierung. Er sei froh, dass es mit Macron jemanden gebe, "der die EU verändern möchte". "Die EU muss sich ständig weiterentwickeln, weil neue Zeiten auch neue Herausforderungen mit sich bringen", argumentierte der ÖVP-Chef. "Deckungsgleich" seien die Ansichten auch in einigen institutionellen Fragen, wie etwa bei der Halbierung der Zahl der Mitglieder der EU-Kommission.
 
Zurückhaltender äußerte sich Kurz zu den Themen, bei denen er mit Macron nicht auf einer Linie liegt. Auf Nachfrage nannte er etwa das EU-Budget und bekräftigte die Position, dass sich die österreichischen EU-Beiträge nach dem Austritt Großbritanniens nicht erhöhen dürften. "Wenn die Europäische Union kleiner wird und ein großer Nettozahler wegfällt, kann man nicht zur Tagesordnung übergehen und den Mehraufwand auf Nettozahler überwälzen", betonte Kurz. Auf Nachfrage der APA bestätigte er, dass damit der Bruttobeitrag Österreichs gemeint ist. "Es geht darum, nicht mehr einzuzahlen", präzisierte Kurz, der sich auf "lange und intensive" Verhandlungen zum mehrjährigen EU-Finanzrahmen einstellt.
 

Werben für Koalition mit FPÖ

Auf Fragen zur Skepsis in Frankreich und anderen Staaten gegenüber der FPÖ-Regierungsbeteiligung verwies Kurz auf seine intensiven Kontakte mit anderen EU-Regierungschefs und plädierte erneut dafür, die Regierung an ihren Taten zu messen. Mit Macron habe er zwei Mal telefoniert und beide Male einen "sehr guten Austausch" zur Zukunft der Europäischen Union gehabt, ließ Kurz durchblicken, dass er nicht auf die FPÖ angesprochen worden sei. "Wenn es Fragen zu unserer Regierung oder unserem Regierungsprogramm gibt, dann werde ich die beantworten", betonte der ÖVP-Chef, der am Vormittag zum Auftakt seines Paris-Besuchs mit dem französischen Oberrabbiner Haim Korsia zusammengetroffen war.
 
Neuerlich bekräftigte Kurz sein Eintreten für eine Änderung der EU-Flüchtlingspolitik und einen effektiveren Schutz der EU-Außengrenze. Hier sieht er sich mit Macron auf einer Linie. Insbesondere brauche es auch ein anderes Mandat für die EU-Grenzschutzagentur Frontex und eine konsequente Rückführung von Migranten, die im Mittelmeer aufgegriffen werden. "Derzeit ist die Rettung im Mittelmeer immer noch damit verbunden, dass es ein Ticket nach Europa darstellt." Österreich wolle die Staaten an der Außengrenze unterstützen und wolle neben finanziellen auch personelle Beiträge leisten. "Das kann auch militärisch sein", fügte er hinzu. Er gehe davon aus, dass das "ein ganz großes Thema für den österreichischen Vorsitz" (den EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2018) sein wird, sollte nicht schon vorher eine Einigung möglich sein.
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