ORF bleibt bei Nichteinladung

Lugner legt Beschwerde gegen ORF ein

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"Zuerst darf Faymann alleine diskutieren, wenig später darf Lugner nicht mitdiskutieren."

Bundespräsidentschaftskandidat Richard Lugner wird wegen der Nichteinladung zu den ORF-Kurzduellen "2 im Gespräch" bei der KommAustria eine Beschwerde wegen Verstoßes gegen das ORF-Gesetz einbringen. Dies kündigte Lugners Rechtsvertreter Alexander Scheer in einem Schreiben an die ORF-Führung sowie die Vertreter der ORF-Aufsichtsgremien an. Der ORF hält unterdessen an seiner Entscheidung fest.

Vorwurf: ORF wolle Lugner schaden
Durch die Nichteinladung Lugners "wird der ORF äußerst bedenklich in das demokratiepolitische Gefüge dieser Bundespräsidentenwahl eingreifen", heißt es in dem der APA vorliegenden Schreiben Scheers, der selbst als BZÖ-Vertreter von 2010 bis 2011 im ORF-Publikumsrat und von 2011 bis 2014 im ORF-Stiftungsrat saß. Laut Scheer ziele der ORF darauf ab, "Lugner durch die Nichteinladung bewusst zu schaden, oder sogar andere Kandidaten dadurch zu unterstützen". Kritik übte der Anwalt des Baumeisters an der ORF-Argumentation, dass Lugner kein relevanter Kandidat sei. "Es wäre eine massive Anmaßung des ORF, wenn er diese Meinung wirklich vertreten würde. Dies wäre auch ein demokratiepolitisch mehr als gefährliches Präjudiz für kommende Wahlen."

Kritik von allen Seiten
Zuvor hatten mehrere ORF-Publikumsräte die Entscheidung des ORF kritisiert und ein Umdenken gefordert. Die von den Grünen in den Publikumsrat entsandte Rektorin der Akademie der bildenden Künste Wien, Eva Blimlinger, ortete gar eine "grobe Verletzung des ORF-Gesetzes". Auch der ÖVP-nahe ORF-Stiftungsrat Franz Medwenitsch kritisierte die Einladungspolitik des ORF. "Zuerst darf Faymann im ORF alleine diskutieren, wenig später darf Lugner nicht mitdiskutieren. Das sind zwei sehr fragwürdige Entscheidungen zu politischen Diskussionssendungen im ORF. Es ist an der Zeit, dass der Generaldirektor Stellung nimmt", sagte Medwenitsch dem "Standard".

ORF bleibt bei seiner Entscheidung
Der ORF hält dennoch an seiner Entscheidung fest, wie Fernsehchefredakteur Fritz Dittlbacher am Donnerstag "auf Ersuchen des Generaldirektors" in einem der APA vorliegenden Schreiben an Vertreter des ORF-Publikumsrats erläuterte. Das Außergewöhnliche dieser Bundespräsidentenwahl ist laut Dittlbacher nicht, dass sechs Personen antreten, das Außergewöhnliche sei diesmal, dass erstmals fünf Kandidaten eine realistische Chance auf ein Erreichen der Stichwahl haben. "Dieser Sondersituation entspricht der ORF auch mit einem Sonderformat: Jene fünf Bewerber, aus deren Kreis sich der nächste Bundespräsident rekrutieren wird, werden in Zweiergesprächen mit wichtigen Themen zur Zukunft Österreichs konfrontiert", so Dittlbacher. Neben solchen politisch und auch journalistisch relevanten Kandidaten habe es bei jeder Wahl weitere Bewerber gegeben. "Für sie hat das ORF-Fernsehen stets eine breite Palette von Berichterstattung vorgesehen", verwies Dittlbacher auf verschiedene andere Formate und Kanäle.

"Die vom ORF-Gesetz vorgesehene Information des Publikums über wahlrelevante Aussagen und Ereignisse wird also wahrgenommen, es besteht rundfunkgesetzlich aber kein Formatanspruch, wie uns zuletzt auch nach der Nationalratswahl 2013 von den Aufsichtsbehörden bestätigt wurde", stellte der ORF-Chefredakteur klar. Das ORF-Gesetz sei eine wichtige Grundlage für unsere Arbeit. "Es bleibt jedoch im Endeffekt eine redaktionelle Entscheidung, was in welchem Ausmaß in welcher Sendung berichtet wird. Diese journalistische Entscheidungsfreiheit ist ein Prinzip des unabhängigen Journalismus. ORF-Journalisten diese Möglichkeit des Bewertens zu nehmen, würde uns nicht unabhängiger, sondern manipulierbarer machen."

ORF-Schelte von Lugner Anwalt
Lugners Anwalt Scheer appellierte unterdessen an den Sender, die Entscheidung doch noch zu ändern: "Der ORF sollte sich bewusst sein, was es für eine Außenwirkung hat, wenn eines der größten europäischen öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen den Weg der Äquidistanz verlässt und nach eigenem Gutdünken über die Relevanz von politischen Bewerbern per Umfrage entscheidet und sich damit anmaßt dem in der Demokratie einzig relevanten Souverän, dem Volk, die Entscheidung vorweg zu nehmen."

Nach SPÖ-Bewerber Rudolf Hundstorfer kam am Donnerstag auch von ÖVP-Kandidat Andreas Khol Unterstützung für Lugner. "Ein Kandidat, der es schafft 6.000 Unterstützungserklärungen einzureichen, ist ernst zu nehmen und gleich zu behandeln wie die anderen", sagte Khol dem "Standard". Die FPÖ will die Entscheidung dem ORF überlassen.

Video zum Thema: Wahlkampfauftakt von Richard Lugner

 
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