Regierungen seit 83

Mehr als zur Hälfte rot-schwarz

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Dominiert hat seit fast 24 Jahren die Große Koalition von SPÖ und ÖVP, die jetzt wieder neu aufgelegt wird.

Mit der Nationalratswahl vom 24. April 1983 ging die 13-jährige Phase der SPÖ-Alleinregierungen mit dem Verlust der absoluten Mehrheit der SPÖ zu Ende. Seither wird Österreich (wie schon von 1945 bis 1966) von Koalitionen regiert. Dominiert hat in diesen fast 24 Jahren die Große Koalition von SPÖ und ÖVP, die jetzt wieder neu aufgelegt wird. Zehneinhalb Jahre lang waren auch die Freiheitlichen - die zuvor ausschließlich Oppositionspartei waren - in Regierungen vertreten.

Drei Regierungen gab es in dieser Zeit mit FPÖ-Beteiligung, einmal mit der SPÖ, zwei Mal mit der ÖVP - und zwei davon sind vor Ablauf der Legislaturperiode an Jörg Haider gescheitert. Nur die letzte schwarz-blaue Koalition hielt alle vier Jahre durch, trotz Spaltung der FPÖ.

1983 bis 1986/87
Von 1983 bis 1986/87 hat die SPÖ erst unter Kanzler Fred Sinowatz, dann unter Kanzler Franz Vranitzky, mit der FPÖ unter Vizekanzler Norbert Steger zusammengearbeitet. Als am 13. September 1986 Jörg Haider beim Innsbrucker Parteitag die FPÖ übernahm, kündigte Vranitzky die Koalition auf.

1986
Am 23. November 1986 wurde neu gewählt. SPÖ und ÖVP verloren deutlich, aber nicht nur zu Gunsten der erst jungen "Haider-FPÖ", sondern auch der erstmals ins Parlament eingezogenen Grünen. Sie schlossen sich zur großen Koalition zusammen - der Regierungsform, die in der ersten Hälfte der Zweiten Republik die Regel war. Führten damals durchgehend ÖVP-Kanzler die Regierung, waren es nach der Ära der absoluten SPÖ-Mehrheiten unter Bruno Kreisky SPÖ-Kanzler.

1987
Am 21. Jänner 1987 wurde die erste dieser SPÖ-ÖVP-Koalitionen angelobt, das Kabinett Vranitzky II unter Bundeskanzler Franz Vranitzky (S) und Vizekanzler Alois Mock (V). Während die SPÖ zehn Jahre lang von Vranitzky geführt wurde, wechselte die ÖVP regelmäßig während der laufenden Regierungsperiode den Parteichef und damit den Vizekanzler. Am 24. April 1989 löste Josef Riegler (V) Mock als Vizekanzler ab.

1990
Zum regulären Termin, am 7. Oktober 1990, folgten die nächsten Wahlen, die der FPÖ deutliche Zugewinne brachten, zu Lasten der ÖVP. Die Große Koalition ging am 17. Dezember 1990 in die nächste Runde, zunächst unter Bundeskanzler Vranitzy und Vizekanzler Riegler und ab 2. Juli 1991 mit Erhard Busek (V) als Vizekanzler.

1994
Auch diesmal wurde die Gesetzgebungsperiode "durchgedient". Bei den Wahlen am 9. Oktober 1994 verloren SPÖ und ÖVP neuerlich, die FPÖ und die Grünen legten wieder zu - und das Liberale Forum, das sich im Februar 1993 von der FPÖ abgespalten hatte, zog in den Nationalrat ein. Es blieb bei der Großen Koalition, am 29. November 1994 wurde das Kabinett Vranitzky IV unter Kanzler Vranitzky und Vizekanzler Busek angelobt.

1995
Dann allerdings folgte an der ÖVP-Spitze der Personalwechsel, der die Absage der Volkspartei an die FPÖ unter Haider und damit letztlich die Große Koalition beendete: Wolfgang Schüssel wurde Parteichef und löste Busek am 4. Mai 1995 auch als Vizekanzler ab. Schon wenige Monate darauf, im Dezember, versuchte Schüssel den ersten "Ausbruch" aus der Großen Koalition. Am 12. Oktober 1995 erklärte er die Budgetverhandlungen für gescheitert.

Am 17. Dezember 1995 wurde neu gewählt. Die FPÖ verlor erstmals seit Haiders Führung geringfügig und die SPÖ deutlich, die ÖVP blieb gleich. Womit die ÖVP-FPÖ-Mehrheit eine recht knappe gewesen wäre. Schüssel begab sich also noch ein Mal als "Kleiner" in die Große Koalition. Sie wurde am 12. März 1996 unter Kanzler Vranitzky angelobt. Diesmal kam es zum Führungswechsel in der SPÖ: Vranitzky zog sich zurück, am 28. Jänner 1997 wurde das Kabinett Klima I unter Kanzler Viktor Klima angelobt.

1999
Trotz teils schwerer Irritationen hielt die Regierung bis zum regulären Ende der Legislaturperiode. Aus der Wahl am 3. Oktober 1999 ging die SPÖ deutlich geschwächt heraus, die ÖVP verlor zwar nur geringfügig, musste sich aber hinter der FPÖ mit Platz 3 zufrieden geben. Dass Schüssel für diesen Fall angekündigt hatte, in Opposition zu gehen, hinderte ihn nicht daran, schließlich doch endlich die Koalition mit der FPÖ zu bilden. Mit der Angelobung der schwarz-blauen Regierung am 4. Februar 2000 unter Kanzler Schüssel und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer war die Ära der Großen Koalition vorerst zu Ende.

2002
Das "Wende"-Experiment hielt allerdings nicht die gesamte Legislaturperiode durch. Die FPÖ - der die Regierungsbeteiligung massive Wahlverluste auf allen Ebenen einbrachte - geriet in schwere Turbulenzen, und im September 2002 traten die Vizekanzlerin und ein Teil der Regierungsmannschaft zurück. Die ÖVP zog die Konsequenzen, es kam zu vorgezogenen Neuwahlen am 24. November 2002. Die brachten der ÖVP den ersten Platz und der FPÖ eine schwere Schlappe - und nach langwierigen Verhandlungen die Wiederauflage von Schwarz-Blau. In der FPÖ gärte es weiter, bis zur Spaltung der Partei im Frühjahr 2005.

2006
Die führte zwar nicht zum Zerbrechen der Koalition, die Regierung färbte sich auf schwarz-orange um und hielt durch. Aber das - bisher nicht gekittete - Zerbrechen des ehemals Dritten Lagers (mittlerweile sind die Grünen drittstärkste Kraft) nahm der ÖVP nach der Wahl vom 1. Oktober 2006 die Alternative einer Mitte-Rechts-Regierung. Denn nur mit FPÖ und BZÖ gemeinsam gäbe es die nötige Mehrheit. So wird die Große Koalition wieder belebt - und dies nach dem überraschenden Wahlsieg der SPÖ neuerlich mit einem SPÖ-Kanzler.

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