Nationalratssitzung

Molterer gegen höhere Negativsteuer

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Im Hohen Haus sprach sich Finanzminister Molterer gegen eine höhere Negativsteuer aus. Kritik gab dafür von der Arbeiterkammer.

Finanzminister Wilhelm Molterer (V) kündigt für die Steuerreform die Senkung des untersten Lohnsteuertarifs (derzeit 38,3 Prozent) an. Entlastet werden solle durch die Senkung der Lohnsteuertarife der "Mittelstand" - also nach Molterers Definition "alle, die Lohn- und Einkommensteuer zahlen". Die von Gewerkschaft und AK geforderte höhere Negativsteuer für jene Personen, die wegen ihres geringen Einkommens keine Steuern bezahlen, lehnte Molterer am Donnerstag folglich ab und verwies darauf, dass auch Kanzler Alfred Gusenbauer (S) das so sieht.

Ungewohnte Einigkeit
Mit Oppositions-Protesten gegen die "Vorzensur" der Fragen an Finanzminister Wilhelm Molterer (V) hat die Nationalratssitzung am Donnerstag begonnen. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) hatte eine Frage der Grünen nach der Ökologisierung des Steuersystems im Vorfeld der Sitzung abgelehnt, weil kein Zusammenhang mit der Vollziehung des Finanzministers bestehe. Kritik kam nicht nur von den Grünen, sondern auch von FPÖ und BZÖ. Prammer verteidigte ihre Vorgehensweise mit Verweis auf die Regelungen der Nationalrats-Geschäftsordnung.

Grünen-Klubchef Alexander Van der Bellen kritisierte das als "eine Art Vorzensur durch einzelne Beamte der Parlamentsdirektion" und warf Prammer vor, mit zweierlei Maß zu messen. Außerdem forderte er die Abschaffung der Vorab-Prüfung der Wortmeldungen der Abgeordneten in der Fragestunde mit den Ministern. Auch FP-Abgeordneter Martin Graf konstatierte eine Tendenz, nach Möglichkeit Entscheidungen zu Lasten der Opposition zu treffen. Für BZÖ-Klubchef Peter Westenthaler wäre die Grüne Frage "sehr wohl zulässig" gewesen.

Molterer nennt keine Zahlen
Wie viel Geld die von Teilen der ÖVP abgelehnte Vermögenszuwachssteuer bringen soll, ließ Molterer in der Fragestunde des Nationalrats offen. Einmal mehr betonte Molterer, dass er die zur Finanzierung des Gesundheitswesens vorgesehene Steuer nur in jenem Ausmaß einführen möchte, "als es tatsächlich nötig ist". Zuerst müssten im Gesundheitssystem aber alle Einsparungspotenziale ausgeschöpft werden, erst danach werde man über zusätzliche Finanzmittel entscheiden. "Dazu bin ich bereit", betonte Molterer.

Die vom BZÖ geforderte weitere steuerliche Begünstigung von Überstunden lehnt Molterer ab: "Es soll nicht das Ziel sein, dass möglichst viele Menschen möglichst viele Überstunden machen. Es soll doch das Ziel sein, dass möglichst viele Menschen Vollarbeitsplätze haben." Wie viel Geld in die Entlastung der Familien fließen wird, machte Molterer von den Verhandlungen in der Steuerreformkommission abhängig. Als Ziel nannte er einmal mehr Absetz- und Freibeträge für Familien, sowie die steuerliche Begünstigung der Kinderbetreuungskosten.

Massive Einwände wegen Abschaffung der "Kalten Progression"
Zumindest diskutieren will Molterer die von Gewerkschaft und Grünen geforderte Abschaffung der "Kalten Progression", also die jährliche Anpassung der Lohnsteuer-Tarife an die Inflation. Er selbst zeigte sich dazu aber skeptisch und verwies auf die drohenden Steuerausfälle: Es gebe in Wissenschaft und Praxis "massive Einwände" gegen dieses Modell, "weil es die Gestaltungsmöglichkeiten auf der Ausgabenseite, im Bereich Bildung, im Bereich Soziales, einschränken würde".

Die zusätzlichen Steuereinnahmen des heurigen Jahres will Molterer in den Abbau des Defizits investieren. Kritik an den Mehreinnahmen von 817,5 Mio. Euro in den ersten drei Monaten wies Molterer zurück. Für ihn ist diese Entwicklung positiv, weil sie auf die hohe Beschäftigung und auf das starke Wirtschaftswachstum zurückzuführen sei: "Sinkende Steuereinnahmen würden bedeuten, dass Löhne und Gehälter sinken oder wir Wirtschaft zurückgeht." Zur Inflationsbekämpfung plädierte Molterer für mehr Wettbewerb, etwa im Energiesektor.

Kritik der AK
Die Arbeiterkammer (AK) hat die ablehnende Haltung Molterers gegenüber einer höheren Negativsteuer kritisiert. Der Ressortchef vergesse "2,5 Millionen Menschen, wenn er jene mit kleinen Einkommen nicht entlasten will", so AK-Präsident Herbert Tumpel. Und gerade diese seien durch die Teuerungen der letzten Monate "besonders betroffen".

Zwar sei die Streichung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für Geringverdiener "ein Schritt in die richtige Richtung". Allerdings seien viele Bevölkerungsgruppen davon ausgeschlossen - zum Beispiel Lehrlinge, Arbeitslose und Pensionisten, so Tumpel. "Auch sie haben eine Entlastung verdient". Insgesamt würden rund 1,2 Mio. Menschen nicht von der Streichung der Arbeitslosenversicherung profitieren, rechnet Tumpel vor. Die AK fordere deshalb einen Steuerbonus in der Höhe von 450 Euro für Geringverdiener, der in Form einer erhöhten Negativsteuer ausbezahlt werden soll.

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