Landeschef ist gegen Lopatka-Stil

Niessl: "Neuwahl, wenn ÖVP so weitermacht"

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Im ÖSTERREICH-Interview sorgt der Landeshauptmann des Burgenlandes für Furore.

ÖSTERREICH: Herr Landeshauptmann, wie sehen Sie die aktuelle Diskussion über die Mindestsicherung?

HANS NIESSL: Sie bestärkt mich in der Meinung, dass wir dringend eine Reform der Mindestsicherung brauchen. Und zwar eine Reform, die in drei Stufen erfolgen muss: Erstens gehört die Grundsicherung reformiert, weil es nicht sein kann, dass Geschäftemacher mit einer an 6 Flüchtlinge vermieteten Wohnung bis zu 1.800 Euro an Grundsicherung verdienen. Zweitens muss dafür gesorgt werden, dass Flüchtlinge nicht direkt von der Grundsicherung in die Mindestsicherung wechseln, ohne dass diesen Zahlungen Leistungen – wie etwa Deutschkurse – gegenüberstehen. Und drittens muss in Zukunft vor der Auszahlung einer Mindestsicherung an Asylberechtigte eine Integration am Arbeitsplatz erfolgen.

ÖSTERREICH:
Wie wird das im Burgenland gehandhabt?

NIESSL: Wir haben selbstverständlich die Mindestsicherung mit 838 Euro plus 160 Euro für ein Kind – aber wir zahlen für alle, die keinen Asylstatus haben, deren Abschiebung aber nicht durchgeführt werden kann, nur mehr 460 Euro.

ÖSTERREICH:
Sie haben Verständnis für die Vorgangsweise der OÖ-Regierung, die Mindestsicherung bei Flüchtlingen zu kürzen?

NIESSL: Auch wenn das manche in meiner Partei kritisieren, finde ich, das geht in eine Richtung. Wir können nicht jedem ausländischen Staatsbürger die volle Mindestsicherung in Cash auszahlen – das ist nicht finanzierbar.

ÖSTERREICH: Minister Stöger will bei der Mindestsicherung eine gemeinsame Regelung für alle Bundesländer, Niederösterreich dagegen deckelt künftig im Alleingang bei 1.500 Euro…

NIESSL: Die Deckelung sehe ich eher als symbolischen Akt, das bringt wenig. Und eine gemeinsame Lösung für ganz Österreich wäre am vernünftigsten – aber nur wenn es dabei für die Länder eine Rahmenlösung mit Spielraum gibt. Burgenland kann nie gleich viel Mindestsicherung, wie Wien zahlen.

ÖSTERREICH: Wie sehen Sie die Arbeit der Bundesregierung?

NIESSL: Da ist sicher sehr, sehr viel zu tun. Der neue Stil, der ja angekündigt wurde, wäre allmählich gefragt. Denn die Wahl der Rechnungshofpräsidentin hat leider gezeigt, dass von einem neuen Stil weit und breit nichts zu sehen ist, sondern viel mehr der alte ÖVP-Lopatka-Stil eine fröhliche Wiederkehr findet.

ÖSTERREICH: Und das stört Sie?

NIESSL: Was heißt stören – das finde ich untragbar. Ich frage mich ernsthaft: Wie viel hat die SPÖ noch zu verschenken? Wir haben der ÖVP die Steiermark geschenkt, Wiener Neustadt, jetzt den Rechnungshof. Wie viel haben wir Sozialdemokraten noch zu verschenken?

ÖSTERREICH: Der Rechnungshof wurde verschenkt?

NIESSL: Leider. Aber mit dem Verschenken muss jetzt Schluss sein. Der neue Stil kann nicht einseitig sein.

ÖSTERREICH: Glauben Sie noch an den neuen Stil?

NIESSL: Nach dieser Aktion kann ich mir nicht vorstellen, dass die Lopatka-ÖVP auch nur im Geringsten bereit ist, auf einen neuen Stil einzugehen und eine faire Zusammenarbeit zu leben. Da wird doch vonseiten unseres Regierungspartners hinter unserem Rücken nur mehr getrickst und mit anderen Parteien eine Koalition geschmiedet.

ÖSTERREICH: Heißt das Sie geben dieser Bundesregierung keine Chance mehr?

NIESSL: Aufgrund dieses Stils, der beim Rechnungshof wieder zu sehen war, wird es zum Bruch dieser Regierung kommen. Ich bin mir sicher, dass diese Regierung die ganze Legislaturperiode nicht mehr durchhalten wird. Es kommt früher zum Bruch – ob im Herbst oder erst im nächsten Jahr, das weiß ich nicht. Aber so geht’s nicht mehr weiter.

ÖSTERREICH: Sie SPÖ steht vor einem Parteitag – das sind starke Worte von Ihnen.

NIESSL: Ich bin mir sicher, dass die Mehrheit meiner Partei denkt wie ich: Mit dem Verschenken dieser Republik an die ÖVP muss Schluss sein. Entweder diese Regierung findet ganz schnell zum angekündigten Stil – oder es wird Neuwahlen geben.

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