4 Euro pro Nacht

Obdachlose müssen für Schlafplatz zahlen

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Regelung gilt für alle Wiener Obdachlosen mit Mindestsicherung.

Obdachlose in Wien müssen ab November einen Beitrag von vier Euro pro Nacht bezahlen, wenn sie einen Notschlafplatz in Anspruch nehmen wollen. Diese Neuerung hänge mit der Mindestsicherung zusammen, die in jedem Fall eine Verbesserung für wohnungslose Menschen darstelle, argumentierte Sozialstadträtin Sonja Wehsely (S) am Mittwoch. Die Grünen sprachen hingegen von einem "Sozialabbau auf dem Rücken der Schwächsten" und forderten die Rücknahme des Schritts.

Mindestsicherung
Die Regelung gilt für alle Obdachlose, welche die Mindestsicherung - sie ist in Wien seit September in Kraft - beziehen oder über ein entsprechendes Einkommen verfügen. Der Hintergrund: In den 744 Euro ist auch ein 25-prozentiger Wohnkostenanteil (186 Euro) enthalten. Laut Wehsely steht es den einzelnen Ländern frei, diesen Teilbetrag auch an Obdachlose auszubezahlen.

Wien habe sich für eine Auszahlung entschieden, so Wehsely. Sie betonte, dass die maximalen Monatskosten für einen Schlafplatz mit 120 Euro immer noch unter den 186 Euro lägen. Im früheren Sozialhilfesystem hätten Wohnungslose hingegen überhaupt keine Mietbeihilfe bekommen.

Abrechnung
Abgerechnet wird aliquot, also genau nach der Anzahl der in Anspruch genommenen Nächte, wobei die Gebühren von den Trägervereinen eingehoben werden. Die Ressortchefin betonte, dass die ersten beiden Monate gratis seien und erst ab der ersten Nacht des dritten Monats bezahlt werden müsse. Menschen, die keine Mindestsicherung beziehen, seien auch künftig von den Gebühren ausgenommen, versicherte die Ressortchefin.

Die Stadträtin sprach von einer Maßnahme "im Sinne der sozialpolitischen Steuerung". Schließlich sei es das Ziel, die Aufenthaltsdauer in Notquartieren eher kurz zu halten, um den Betroffenen möglichst bald Übergangs- oder betreute Wohnungen zur Verfügung stellen zu können.

Die Grünen forderten die Rücknahme des Schritts. "Menschen in ihrer prekären Situation auch noch zur Kasse zu bitten, kann nur als zynisch betrachtet werden", ärgerte sich der nicht amtsführende Stadtrat David Ellensohn in einer Aussendung. Die Nächtigungsgebühr stelle eine erheblich aufwändige Verwaltungsmaßnahme dar und treffe Bevölkerungsgruppen mit einer ohnehin schon schwierigen persönlichen und sozialen Lage. Die Einhebung des Wohnkostenanteils sei angesichts der Mehrbettzimmern und Gemeinschaftssanitäranlagen nicht gerechtfertigt. "Das soll das soziale Wien sein? Viktor Adler würde sich im Grab umdrehen", befand Ellensohn.

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