Emotionale Debatte

ÖVP für Griss im Hypo-U-Ausschuss

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Der Hypo-Bericht der eheamligen OGH-Präsidentin wirbelte viel Staub auf.

Mit einer durchaus emotionalen Debatte zum innenpolitischen Top-Thema Hypo ist Mittwochfrüh der letzte Nationalratssitzungsreigen in diesem Jahr eröffnet worden. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka schlug in der "Aktuellen Stunde" vor, die Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission, Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss, als Verfahrensrichterin im geplanten Hypo-U-Ausschuss einzusetzen.

"Griss-Bericht"
Der Griss-Bericht sei "ein Sittenbild der österreichischen Politik und der Machtstrukturen in diesem Land", meinte Klubchefin Kathrin Nachbaur, deren Team Stronach das Thema vorgegeben hatte. Die wirklich Verantwortlichen seien noch nicht vor den Vorhang geholt worden. Die Regierung habe sich von den Bayern "gnadenlos über den Tisch ziehen lassen", eine saubere Lösung sei jahrelang verschleppt worden. Sie wolle wissen, wer die Gläubiger zum Zeitpunkt der Verstaatlichung waren: "Wer wurde hier wirklich gerettet auf Kosten der Steuerzahler?" Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider habe Fehler gemacht, aber der Hauptschaden für die Steuerzahler sei durch die Verstaatlichung und danach entstanden, warf sie Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vor. Die Entscheidung, eine Bad Bank zu schaffen, sei jahrelang hinausgezögert worden, in Wirklichkeit sei es nur um Wahlen gegangen.

Faymann betonte, er habe nie Zweifel gehegt, dass der Griss-Bericht eine "hohe fachliche und sachliche Qualität" haben werde. Parteipolitische Motive wies der Kanzler vehement zurück: Basis für Entscheidungen auch heute sei vielmehr stets die Expertise der Nationalbank, des Finanzministeriums, der Finanzmarktaufsicht und der Task Force. Die Untersuchungskommission habe eine klare Stellungnahme zu Kärnten abgegeben, verwies der Kanzler auf die hohen eingegangenen Landeshaftungen. Die Frage, was bei kriminellen Vorgängen passiere, die einige Manager der Bank betroffen haben, sei nicht vom Parlament, der Regierung oder dem Bundeskanzler zu beurteilen, sondern sei eine "Frage der Gerichte". Es seien auch schon Manager verurteilt worden.

Schlagabtausch
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder - früher Finanzstaatssekretär - hielt ebenfalls fest, dass die "Blanko-Haftungen in Milliardenhöhe" in Kärnten der "Angelpunkt" für die Beurteilung der Hypo-Fragen seien. In der Politik werde "oft die Feuerwehr beschuldigt, dass sie einen Brand nicht schnell oder nachhaltig genug gelöscht hat", obwohl die Brandstifter andere seien. Die Entscheidung, die Bank zu verstaatlichen, sei nach den Informationen, die damals vorlagen, richtig gewesen. Danach hätte man dann vielleicht manches schneller machen können, aber: "Aus jeder Entscheidung muss man auch für die Zukunft lernen."

Ausgang der Causa Hypo sei laut dem Bericht Kärnten, betonte auch ÖVP-Klubchef und Ex-Finanzstaatssekretär Lopatka. Dass der Landtag die unbeschränkte Haftung für die Verbindlichkeiten der Hypo beschlossen habe, habe bewirkt, dass die Haftungen noch angewachsen sind. Das sei die Ursache dafür gewesen, dass sich 2009 die Bundesregierung "genötigt gesehen" habe, die Hypo zu verstaatlichen, um zu verhindern, dass Österreich zum damaligen Zeitpunkt "international völlig negativ gesehen worden wäre". Kein Verständnis zeigte Lopatka dafür, dass die Opposition die Kommission bei ihrer Einsetzung derart schlecht geredet habe und jetzt stellten sich alle her und lobten die Arbeit. Er schlage vor, Griss zu ersuchen, im kommenden Hypo-U-Ausschuss die neue Funktion der Verfahrensrichterin zu übernehmen - das wäre ein Beitrag zur objektiven Klärung, ist Lopatka überzeugt.

Dass die Opposition gegenüber der Kommission skeptisch gewesen sei, nachdem die Regierungsparteien 21 U-Ausschuss-Anträge abgelehnt hat, "ist klar", konterte FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache. "Sie haben ja 21 Mal bestätigt, dass es Ihnen wichtig ist, zu vertuschen." Vom Griss-Bericht sei er positiv überrascht, gab Strache aber zu. Der FPÖ-Chef fokussierte seine Kritik naturgemäß auf die Regierungsparteien: Die "Verstaatlichung ohne Not" sei unverantwortlich gewesen, "dort beginnt der Schaden". Auch konstatierte Strache ein Versagen aller Aufsichtsbehörden. Man werde jedenfalls einen U-Ausschuss sicherstellen.

Auch der Grüne Hypo-Experte Werner Kogler räumte ein, vom Griss-Bericht positiv überrascht zu sein - wiewohl es die Kommission ohne den Druck der Opposition, der Öffentlichkeit und der Medien erst gar nicht gegeben hätte. Bestimmte Dinge seien von der Kommission auch nicht untersucht worden, etwa die Motive und Interessenslagen. "Wer waren die Begünstigten, wer waren die Profiteure? Auch das werden wir anschauen müssen." Inhaltlich kritisierte Kogler, dass sich SPÖ und ÖVP auf ihre falschen Berater rausreden würden. Dass sich die Republik den Schaden rückimportiert habe, sei "unverzeihlich".

Die entscheidende Frage für NEOS-Finanzsprecher Rainer Hable ist: "Wo ist das ganze Geld hin?" Wissen will der Abgeordnete aber auch, "warum ist das Geld weg?" Es gehe um einen Schaden von 15 bis 20 Mrd. Euro. "Das ist moderner Bankraub", bekräftigte Hable. Bisher seien nur 150 Mio. Euro zurückgeholt worden, da könne man nicht sagen, es sei ohnehin alles okay, denn es werde ja ermittelt. Es liege in Faymanns Verantwortung als Regierungschef, die Ressourcen der Ermittlungsbehörden zu stärken und eventuell einen Sonderstaatsanwalt einzusetzen, richtete Hable dem Bundeskanzler aus.
 

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