"Evolution Volkspartei"

ÖVP reformiert ihr Parteiprogramm

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Programmdiskussion bis Ende November auch für Nichtmitglieder offen.

Die ÖVP hat am Donnerstag ihren Reformprozess für das bald 20 Jahre alte Parteiprogramm gestartet. Unter dem Titel "Evolution Volkspartei" sollen sich bis 30. November auch Nichtmitglieder einbringen können. Der "Reformparteitag" ist zum 70. Geburtstag der ÖVP 2015 geplant, wie Parteichef Reinhold Mitterlehner ankündigte. Unterstützung holte sich die ÖVP von deutschsprachigen Schwesterparteien.

Das im April 1995 beschlossene VP-Programm ist schon etwas angegraut. Damals war Österreich gerade erst der EU beigetreten, das Wort "Internet" kommt im Programm nicht vor, die Senkung der Abgabenquote als politisches Ziel fehlt, angestrebt wird dafür die Teilnahme an der EU-Währungsunion.

Mitterlehner selbst nannte als Beispiel die Familienpolitik: Das Leitbild "Vater, Mutter, Kind mit Ehe" treffe heute vielleicht noch auf 20 oder 30 Prozent zu, der Rest verfolge andere Lebensentwürfe. "Das sehe ich als Aufgabe, dass wir uns da bewegen", sagte Mitterlehner.

Einbringen sollen sich (bis 30. November) explizit auch Nichtmitglieder, wie Generalsekretär Gernot Blümel sagte - und zwar über die Internet-Plattform http://evolution.oevp.at. Später sollen die dort deponierten Themen dann von den Mitgliedern weiterdiskutiert und abgestimmt werden. Ziel sei "nicht der kleinste gemeinsame Nenner, sondern die größte mögliche Vielfalt", versicherte Neo-Staatssekretär Harald Mahrer.

Unterstützung und Ideen holte sich ÖVP zum Auftakt-Event des "Evolutions"-Prozesses in Wien von den Schwesterparteien aus Südtirol, der Schweiz und Bayern.

Bei der Diskussion zeigte sich die Partei nach dem Obmannwechsel betont gelöst und in Kalauer-Laune. So witzelte Parteichef Mitterlehner, dass die in Südtirol eingeführte Amtszeitbeschränkung für die ÖVP wohl kein Themen sein werde: "In der ÖVP hat der Parteiobmann durchschnittlich 4,3 Jahre. Daher wird die Idee eher die umgekehrte sein: eine Amtszeitgarantie."

Kurz zuvor war allerdings noch Raunen durch die versammelten ÖVP-Funktionäre gegangen, als SVP-Obmann Philipp Achammer geschildert hatte, dass bei der Kommunalwahl 2010 eben wegen der Amtszeitbeschränkung mehr als die Hälfte der Bürgermeister nicht mehr antreten durfte. "Da sind die Türen wieder geöffnet, da findet Wettbewerb statt", fand Achammer die Sache aber durchaus positiv.

Die Generalsekretärin der Schweizer CVP, Beatrice Wertli, warb für die Einbindung von Migrantengruppen über eigene Parteisektionen. Wenig abgewinnen konnte Mitterlehner dagegen ihrem Bild vom modernen Parteimitglied als "ÖVP-Hooligan". "Vergesst nicht auf die Frauen", riet Dorothee Bär von der CSU den österreichischen Kollegen und warb u.a. für die in Bayern kürzlich eingeführte 40-prozentige Frauenquote in den Parteigremien: "Bei den ganzen Vorsitzenden, die uns jahrelang gesagt haben, sie würden niemanden finden, gab es dann sogar Kampfkandidaturen unter Frauen."

Was trotz der offenen Debatte über Programm und Strukturen der ÖVP aber wohl nicht zur Debatte steht ist die bündische Organisation der Partei. Die aus dem Publikum via SMS zugespielte Frage "wann schafft die ÖVP endlich die Bünde ab" ließ Mitterlehner nämlich gleich abblitzen. Es gehe um eine Weiterentwicklung der Organisationsstruktur: "Es geht nicht darum, jemand abzuschaffen."
 

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