3-Stufen-Plan

ÖVP will neue Aufnahmeverfahren an AHS

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Mittels dreistufigem Verfahren sollen weniger Schüler Gymnasien besuchen. SPÖ-Unterrichtsministerin Schmied ist klar gegen die "Retro-Politik".

Für ein neues Aufnahmeverfahren an AHS spricht sich ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon aus. Er plädiert laut Zeitungsberichten für ein dreiteiliges Verfahren. Erstens sollen wie bisher die Noten der vierten Klasse Volksschule berücksichtigt werden. Zweitens soll es ein "Prognoseverfahren" geben, mit dem herausgefunden werden soll, welches Potenzial und welche Interessen ein Kind mitbringt. Und drittens sollen alle Volksschulzeugnisse evaluiert werden.

Vor zwei Jahren hatte schon der damalige ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon die Wiedereinführung von Aufnahmeprüfungen an die AHS gefordert und damit parteiintern für Unmut gesorgt.

Prognoseverfahren von Experten
Für das von Amon nun vorgeschlagene "Prognoseverfahren" sollen "wissenschaftliche und entwicklungspädagogische Standards" festgelegt werden. Den konkreten Ablauf sollen Experten erarbeiten. Man dürfe sich das Prognoseverfahren aber nicht als reine Prüfungssituation vorstellen, meint der ÖVP-Politiker. Es solle im Rahmen eines "amikalen Gesprächs" zwischen Eltern, Lehrern und Kind ablaufen. Tests seien aber ebenfalls eine Möglichkeit.

Volksschulen vergleichbar?
Mit der Evaluierung der Volksschulzeugnisse meint Amon eine "Iststandserhebung", mit der geprüft wird, ob die Noten an den verschiedenen Volksschulen tatsächlich vergleichbar sind. Die Summe dieser drei Faktoren würde dann darüber entscheiden, welches Kind in eine AHS und welches in eine Hauptschule kommt. Amon glaubt, dass mit seinem Modell die "soziale Selektion" beim Übertritt verhindert würde.

"Nicht alle gut genug für AHS"
Als Grund für seinen Vorstoß gibt Amon an, dass sich die Situation an den AHS - vor allem in den Städten - weiter verschlechtert habe. In den Ballungszentren würden fast alle Kinder - unabhängig von der Eignung - eine AHS besuchen. In den Hauptschulen fänden sich "fast nur noch Schüler der dritten Leistungsgruppe", eine innere Differenzierung gebe es in den Wiener Hauptschulen beispielsweise fast nicht mehr.

Sprachförderung statt Regulärunterricht
Nicht zuletzt wegen des hohen Migrantenanteils in Wien möchte Amon in der ersten Klasse Volksschule auch die Sprachkenntnisse bei der Feststellung der Schulreife berücksichtigen. Jene Kinder, die zu schlecht Deutsch sprechen, würden dann nach finnischem Vorbild vorerst in eigene Sprachförderklassen mit speziellem Lehrplan kommen.

Schmied klar dagegen
SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied erteilt dem ÖVP-Vorschlag zu einem dreiteiligen Aufnahmeverfahren an AHS eine klare Absage. Amons Wunsch zeige die wahren Ziele der schwarzen Bildungspolitik: "Zurück in die Sechziger-Jahre, zurück in die bildungspolitische Vergangenheit", so Schmied. Ihrer Ansicht nach ergeben alle internationalen Studien, "dass die brutale Trennung der Kinder mit zehn Jahren soziale Ungerechtigkeit verschärft und Spitzenleistungen im Bildungssystem verhindert". Amon fordere eine weitere Verschärfung dieser Trennung.

"Retro-Politik steht nicht im Koalitionspakt"
"Internationale Bildungswissenschafter werden mit Recht den Kopf schütteln", so die Ministerin und: "Die von Amon geforderte Retro-Politik wird es in dieser Regierung nicht geben. Seine vollkommen unüberlegten Forderungen sind nicht Teil des Regierungsprogramms und somit auch kein Thema dieser Regierung." Die ÖVP dürfe "ihre Bildungspolitik nicht der Lehrergewerkschaft und dem ÖAAB überlassen", richtete sie dem Koalitionspartner aus.

BZÖ ortet "Bildungskommunismus"
Ablehnung kam auch vom BZÖ, das ein Sprechverbot für die ÖVP im Bildungsbereich forderte. BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz sprach von einem "brutalen Versuch einer sozialen Selektion" und "absoluten Tiefpunkt der immer absurderen ÖVP-Bildungspolitik". "Ich fordere ein Sprechverbot für die ÖVP im Bildungsbereich", so Strutz. Er warf der ÖVP vor: "Die Lehrer in Watte packen, aber den Schüler die Bildungschancen rauben, das ist keine bürgerliche Politik, das ist Bildungskommunismus."

Grüne erkennen "Humbug"
Als "bildungspolitischen Humbug" kritisiert Grünen-Bildungssprecher Harald Walser Amons Vorschlag. Die ÖVP müsse "endlich die Ergebnisse der Forschung akzeptieren und ihre verstaubten bildungspolitischen Vorstellungen ablegen. Amons Vorschlag ist eine Gefährdung für den Bildungsstandort Österreich", so der Bildungssprecher.

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