Schulstreit

PISA-
Debakel: Keiner will schuld sein

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Am Dienstag wird in Österreich die neue PISA-Studie präsentiert.

 In der Aufarbeitung von PISA-Studien gab es schon viele emotionale Debatten – aber noch nie wurde so heftig gestritten, ehe die Fakten überhaupt auf den Tisch gelegt wurden. Alle suchen die Schuldigen am bevorstehenden Lese-Debakel für die Schüler des Jahrgangs 1993.

In 65 Staaten wurden im Vorjahr weltweit 470.000 15-Jährige in Sachen Lesefähigkeit, Mathematik und Naturwissenschaften getestet. Darunter auch 6.590 österreichische Kids, die beim Lesen diesmal offenbar besonders katastrophal abschnitten.

Schmied schuld.
Seit VP-Landeshauptmann Erwin Pröll mitten während des Lehrerstreits im November düstere Andeutungen gemacht hat, tobt ein Streit über Schuld und Unschuld am bevorstehenden PISA-Debakel. Pröll: „Der PISA-Test wird auch zeigen, was von der Politik von Unterrichtsministerin Claudia Schmied zu halten ist.“ Offenbar will er die bevorstehenden schlechten Ergebnisse als Druckmittel für die Lehrerdebatte nützen.

VP schuld.
Schmied hatte postwendend gekontert: „Der Test ist für Aussagen über meine Politik völlig ungeeignet. Meine Reformen haben noch gar nicht greifen können.“

Experte: Lesen Eltern nicht, tun es auch die Kids nicht
Gehrer schuld: Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen, hat „seine“ Schuldige ohnehin längst gefunden: „In der Zeitabfolge hat Schmied recht. Die schlechten Leseleistungen sind das Resultat dessen, dass Elisabeth Gehrer als Unterrichtsministerin in allen Schultypen zwei Stunden pro Woche gestrichen hat.“

Eltern schuld.
Der Wiener Bildungsexperte Karl Blüml, der zuletzt nachwies, dass 25 Prozent der AHS-Einsteiger Leseschwächen haben, gibt auch den Eltern die Schuld: „Die Kinder orientieren sich am Vorbild ihrer Eltern. Wenn die nicht lesen, dann werden es die Kinder auch nicht tun.“

Schule schuld.
Dazu sieht Blüml freilich auch in der Schule erhebliche Faktoren: „Finnland macht es einfach besser. Auf jeder Schulbank liegt ein Stoß Bücher. Die Kinder dürfen lesen, so viel und was sie wollen. Klarerweise können finnische Kinder danach besser lesen als unsere Kids.“

Gewerkschaft schuld.
Für den „Erfinder“ des PISA-Tests, Andreas Schleicher, der die Aktion weltweit koordiniert, kommt es auf die richtigen Reform-Schlüsse aus dem Test an: „In einigen Ländern gibt es eine Betonschicht, die jede Reform verhindert. In anderen hat sich einiges bewegt.“

PISA schuld.
Fundamentalkritik an PISA kommt vom Wiener Bildungsexperten Stefan Hopmann: „PISA ist technisch gut gemacht. Aber es ist ausgelutscht und beantwortet wichtige Fragen nicht. Etwa die, wie das Schulsystem wirklich aufgestellt sein sollte.“

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